Attraktives Wohnen in der Innenstadt – das brauchen wir!
28.05.2019
Wohnen
28.05.2019
Wohnen
Die Vorteile vom Wohnen in der Innenstadt liegen auf der Hand. Doch wo liegen die Schwachpunkte, und was können Sie als Stadt/Gemeinde dagegen tun? Eine Checkliste.
Österreichs Stadtzentren haben das gleiche Problem: An Touristen mangelt es nicht, doch die Bewohner ziehen zunehmend – ebenso wie die Geschäfte – in die Randgebiete hinaus. Der Donut-Effekt hat um sich gegriffen. Und während die Umgebungsbezirke stetig wachsen, darben die Stadtkerne langsam aus.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, braucht es ein umfassendes Konzept, das allem voran jene Menschen wieder in die Stadtzentren bringt, die sie beleben: Die Bewohner selbst. Folgende Maßnahmen tragen dazu bei, das Leben der Anrainer in den Herzen der Städte attraktiver zu machen:
In den historischen Stadtkernen stehen Gebäude häufig unter Denkmalschutz. Das Problem: Die alten Wohnungen haben üblicherweise weder Balkone noch Terrassen. In Zeiten von immer heißeren Sommern und kleineren Wohnflächen ist diese private Insel im Freien mehr zur Pflicht als zur Kür geworden.
Flexible Befestigungssysteme erlauben ein Anbringen von Balkonen, ohne dabei in denkmalgeschützte Fassaden eingreifen zu müssen. „Längerfristig sollten die Gesetze zum Denkmalschutz neu überdacht werden“, sagt Stadtmarketing Austria-Präsidentin Inga Horny. „Ich vertrete die Meinung, dass Menschen als Bewohner wichtiger als Mauern sind.“
Auch außerhalb der eigenen vier Wände sind Erholungs-Oasen für Innenstadt-Bewohner wichtig, ohne dass ein Aufenthalt daran gebunden ist, zu konsumieren. Öffentliche Plätze, Parks und Grünflächen werden im Stadtzentrum zum Treffpunkt und Refugium für Bewohner.
Gerade im Sommer wird die Gestaltung dieser Freiflächen zentral. Denn die zunehmend heißen Sommertage sind eine große Belastung für die Bewohnerinnen und Bewohner. Besonders Kinder, alte Menschen und Haustiere leiden unter hohen Temperaturen.
Aufgrund der urbanen Hitzeinseln, die besonders durch versiegelte Flächen wie Straßen, Dächer und Hausfassaden entstehen, sind die Temperaturen in den Stadtzentren nachweislich wärmer als in den Randgebieten.
Gegenmaßnahmen helfen: So wird in Wien-Neubau etwa die gesamte Zieglergasse heuer in eine sogenannte „Kühle Meile“ Wiens verwandelt. In die erste klimaangepasste Straße der Stadt.
Neue Bepflanzungen, Möblierungen, Wasser-Entnahmestellen und Kühlelemente schaffen natürlich beschattete Verweilzonen.
Auch Hunde profitieren von Trinkbrunnen und Beschattungen in der „Kühlen Meile“. Insgesamt werden vier Kühlbögen, fünf Pergolen mit Sitzelementen, 32 Einzelsessel, fünf Hydrantenaufsätze und 24 Bäume für eine hohe Aufenthaltsqualität an heißen Sommertagen in der Stadt sorgen.
Schatten ist im Sommer essenziell, um die tatsächliche und die gefühlte Temperatur zu senken. Bäume fungieren als natürliche Schattenspender. An größeren Plätzen können durchdachte Systeme, zum Beispiel in Form von großflächig gespannten Sonnensegeln, zum Einsatz kommen.
Sollen die Stadtzentren nicht nur durch Touristen und Geschäftsleute, sondern auch durch Anrainer aller Altersgruppen belebt werden, ist die Erreichbarkeit von Bildungseinrichtungen ein Muss. „Schulen und Kindergärten müssen in den Stadtzentren vorhanden sein, um das Leben für Familien attraktiver zu machen“, sagt Inga Horny.
Während in Salzburg beispielsweise sowohl ein Gymnasium als auch eine HTL und eine Volksschule in der Altstadt aufgelassen wurden, platze die Volksschule in Salzburg-Mülln sprichwörtlich aus allen Nähten. „Für Eltern, die in der Altstadt wohnen, ist die zuständige Schule in diesem Stadtteil auch zu weit entfernt“, so Horny.
In anderen Städten wie etwa in Graz hat man sich dem Problem bereits angenommen. Dort gibt es nach wie vor Volksschulen in den innerstädtischen Bezirken.
Für die Innenstadtbewohner ist die schnelle Erreichbarkeit eines Nahversorgers von zentraler Bedeutung für die Lebensqualität – und das natürlich ohne Auto. „Zwar haben Bewohner von Stadtzentren meistens den Vorteil, einen Grünmarkt in der Nähe zu haben, doch für den täglichen Bedarf an Lebensmitteln reicht das nicht aus.“
Auch traditionelle Dienstleistungsbetriebe wie Schuster, Schneider oder Elektriker kommen den Innenstadt-Bewohnern sehr entgegen.
Zwar ist man als Stadtbewohner möglichst häufig autofrei unterwegs, dennoch sind viele in Besitz eines PKWs. In Pollerzonen sind Zufahrt und Parken für die Anrainer selbst zwar geregelt – doch wie sieht es mit Besuchern oder auch Handwerkern aus?
„In der Praxis gestaltet sich das meistens als sehr kompliziert und schwierig, da man für jeden Besucher eine eigene Genehmigung braucht“, sagt Inga Horny. An dieser Stelle würden flexiblere Lösungen den Alltag sehr erleichtern – insbesondere, wenn es zum Beispiel um Familienmitglieder ginge, die einen Angehörigen regelmäßig unterstützen und von auswärts mit dem Auto kämen.
Fahrräder, Elektroscooter oder Roller – wendige Fortbewegungsmittel auf zwei Rädern sind besonders in innerstädtischen Zonen sehr beliebt. Doch wie sieht es mit entsprechenden Abstell-Flächen aus? In der Praxis meistens schlecht.
„Dabei könnte man in Parkgaragen fixe Flächen für Zweiräder reservieren“, sagt Inga Horny. „Und auch Leerstandsflächen könnten dabei als nützliche Platzspender fungieren.“
Auch Bike-Sharing kann für die Innenstadt ein praktischer Weg sein, die Fortbewegung der Bewohner platzsparend zu erleichtern.
Für Bewohner an sich ist durch den Zustrom an Gästen und Touristen auch die Lärmbelästigung immer wieder ein Thema – insbesondere rund um innerstädtische Gastronomielokale, die bis spät abends geöffnet haben. „Hier macht es Sinn, Gastronomie in bestimmten Zonen anzusiedeln“, sagt Inga Horny, „wie es zum Beispiel das Jakominiviertel in Graz als Studentenviertel zeigt.“
Der Lärm, der dabei durch Verkehr und Besucher entsteht, bleibt in den übrigen Zonen dann erträglich, wobei man auch dort nicht auf sein „Beisl um’s Eck“ verzichten muss.
Tatsache ist: Das Wohnen im Herzen der Stadt ist meistens teuer – und für Menschen und Familien mit einem Durchschnitts-Einkommen auch nicht leistbar. Die Politik kann an dieser Stelle eingreifen, indem sie strategisch relevante Immobilien selbst ankauft und Wohnungen darin zu moderaten Preisen zur Verfügung stellt.
Die Stadt Zürich hat auf diesem Gebiet lange eine Vorreiterrolle übernommen und ganze Stadtquartiere auf diese Art entwickelt.
Der beste Garant für eine belebte Innenstadt sind ihre Bewohner selbst. Damit wieder mehr Menschen in die Stadtzentren ziehen, ist es wichtig, das Alltagsleben der Bewohner so praktisch und angenehm wie möglich zu gestalten. Dabei gilt es, die Bedürfnisse aller Altersgruppen zu berücksichtigen.
Bildungseinrichtungen in Gehweite, Nahversorger oder das Angebot von Dienstleistungen, die im Alltag oft gebraucht werden, sind dabei ebenso bedeutsam wie eine hohe Wohn- und Lebensqualität durch ausreichend Freiflächen für Freizeit und Erholung.
Fotocredit Titelbild: Graz Tourismus – Harry Schiffer
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