8 Auswirkungen der Sharing Economy auf Gemeinden

02.03.2017
Wirtschaft

(c) Pexels Carlos Pernalete-Tua

Die Sharing Economy ist derzeit in aller Munde. Wertewandel und neue Technologien sind die Treiber dieses kulturellen Umbruchs. Überall entstehen daher Sharing-Initiativen und neue Geschäftsmodelle, die Wirtschaft und Gesellschaft beeinflussen.

Was versteht man unter Sharing Economy?

Der Begriff „Sharing Economy“ wurde von Harvard-Ökonom Martin Weitzmann in den 1980er Jahren in seinem Buch „The Share Economy: Conquering Stagflation“ geprägt. Der Wohlstand erhöht sich für alle, so seine These, umso mehr unter allen Marktteilnehmern geteilt wird.

Es geht bei Sharing Economy somit nicht um den Besitz. Sondern es geht um den Zugang zu Ressourcen durch Teilen, Tauschen, Schenken und Mieten von materiellen und immateriellen Ressourcen. Eine grobe Differenzierung kann daher zwischen zwei verschiedenen Arten von Sharing Economy vorgenommen werden:

  • Nicht-kommerzielle Sharing Economy ist vom gemeinsamen Tun und nachhaltigen Umgang mit Ressourcen geprägt. Kommerzielle Interessen stehen folglich im Hintergrund (Couch-surfing, Foodsharing, Reparatur Cafés, Bücherschränke, Kleiderkreisel, Gemeinschaftsgärten, teilbar.at).
  • Kommerzielle Sharing Economy fokussiert darauf, Marktanteile zu gewinnen und Gewinne zu generieren (AirBnB, Wimdu, Uber, Car2go, BlaBlacar).

In der jüngeren Vergangenheit gewann die Sharing Economy in Hinblick auf die Digitalisierung zunehmend an Bedeutung. Durch die Verfügbarkeit moderner Informations- und Kommunikationstechnologien entstanden daher zahlreiche Online-Plattformen, die neue Nutzergruppen ansprechen und Wirtschaft wie auch Gesellschaft nachhaltig verändern.

Sharing Economy bringt Tourismus unter Druck

Die Sharing Economy wird nicht überall freudig begrüßt. Hoteliers und Pensionen geraten durch die rasanten Zuwachsraten „illegaler“ Zimmer- und Wohnungsvermietungen immer mehr unter Druck. Anbieter wie beispielsweise AirBnB geben Privatpersonen die Möglichkeit, temporär vermietbare Zimmer, Wohnungen und Häuser über eine globale Online-Plattform anzubieten. Mit diesem Geschäftsmodell stellen sie nicht nur eine ernstzunehmende Herausforderung für offizielle Beherbergungsbetriebe dar, sondern bedeuten auch einen Verlust für Gemeinden und Finanz. Man wird hier neue Wege finden müssen, um diese Herausforderung zu meistern.

Innovative Mobilitätskonzepte mit Schattenseite

Während das „Bikesharing“ in Städten bereits seit vielen Jahren seinen Platz gefunden hat, wird das traditionelle Sharing-Verständnis von Mitfahrgemeinschaften und Carsharing-Angeboten durch  global agierende Anbieter wie Uber auf eine neue Ebene gehoben.

Uber ermöglicht es Privatpersonen, mit ihrem eigenen PKW Personenbeförderungen durchzuführen. Damit steht das Unternehmen allerdings in direkter Konkurrenz zum Taxi- und traditionellen Mietwagengewerbe. Weitere Problemfelder reichen von Steuerentgang über prekäre Arbeitsverhältnisse bis hin zu fehlenden Rechtsnormen. So vorteilhaft dieses Sharing-Konzept für Nutzer auch sein mag – das Geschäftsmodell bewegt sich am Rande der Legalität und erfordert entsprechende Regulierungen.

Neben den großen Playern der Sharing Economy entstehen auch regionale Projekte, um die Mobilität von Bürgern zu erhöhen. Als erfolgreiche Beispiele sind hier der kostenlose Lastenrad-Verleih in Wr. Neustadt, Innsbruck und Graz sowie der niederösterreichische Verein „fahrvergnügen.at“ zu nennen. Letzterer hat es sich zum Ziel gesetzt hat, in allen interessierten Gemeinden den Bürgern ein Elektroauto für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung zu stellen. Aktuell gibt es bereits Standorte in neun Gemeinden und vier Städten.

Crowdfunding als alternative Finanzierung

Ein tragfähiges Gemeindebudget zu erstellen ist für viele Gemeinden nicht einfach. Crowdfunding als alternative Finanzierungsform bietet daher neue Möglichkeiten und gewinnt im öffentlichen Bereich immer mehr an Bedeutung. Die rechtliche Basis wurde schon 2015 mit dem Alternativfinanzierungsgesetz (AltFG) geschaffen. Grundsätzlich gibt es vier verschiedene Möglichkeiten, wie Crowdfunding ablaufen kann:

  • Kreditbasiert (lending): Man gewährt der Gemeinde/dem Unternehmen einen Kredit und bekommt diesen mitsamt Zinsen zurückbezahlt.
  • Beteiligungsbasiert (equity): Man erhält Unternehmensanteile und partizipiert somit am Erfolg des Unternehmens.
  • Gegenleistungsbasiert (reward): Man erhält für seinen Geldeinsatz ein fertiges Produkt oder Gutscheine.
  • Spendenbasiert (donation): Es gibt keine direkte Gegenleistung für das gespendete Geld.

# Best Practice Beispiele

Die Einsatzmöglichkeiten für Crowdfunding in Kommunen sind vielfältig. Einige erfolgreiche Beispiele stellen wir Ihnen im Folgenden vor:

  1. Energieeffizienzprojekt „Helmut“: Crowdfunding kann eine optimale Möglichkeit darstellen, um Anlagen zur Energieproduktion oder Effizienzprojekte in Gemeinden zu finanzieren. Ein gelungenes Beispiel ist das Projekt „Helmut“ der Vorarlberger Gemeinde Dalaas. Innerhalb einer Woche wurde von Bürgern aus dem gesamten Klostertal die finanziellen Mittel aufgebracht, um die Straßenbeleuchtung auf LED umzustellen.
  2. Projekt Dorfschreiber des Vereins Zukunftsorte: Zwölf Gemeinden sind derzeit Mitglied des Vereins Zukunftsorte, der sich als Plattform innovativer Gemeinden versteht. Über Crowdfunding werden Dorfschreiber finanziert, die positive Entwicklungen und Projekte in den jeweiligen Gemeinden dokumentieren.
  3. Belebung Burgruine Blumenegg: Auf Initiative des Vereins „Burgfreunde Blumenegg“ wurde ein Teil der Sanierungskosten für die vom Verfall bedrohte Burgruine Blumenegg über eine Crowdfunding-Plattform aufgebracht. Das Projekt „Belebung Burgruine Blumenegg“ konnte mit einer Finanzierungsquote von 108 Prozent ihr Ziel sogar übertreffen.
  4. Die Loser Schneebotschafter & Schlossalm NEU: Crowdfunding bietet Tourismusgemeinden neue Möglichkeiten. So wurden beispielsweise im Ausseerland mit dem Projekt „Schnee-Botschafter“ insgesamt 751.000 Euro für die neue Beschneiungsanlage aufgebracht. Die Crowdfunding-Kampagne „Schloßalm Neu“ der Gasteiner Bergbahnen lukrierte bereits 1.500.000 Euro. Die zweite Kampagne „Skisparen“ läuft bereits.

# Crowdfunding-Plattformen

Zur Abwicklung von Crowdfunding-Kampagnen stehen eine Vielzahl von Plattformen zur Verfügung, die auch bei der Abwicklung beraten und unterstützen:

Co-Working Spaces wachsen rasant

In den vergangenen Jahren ist die Anzahl der Co-Working Spaces in Österreich stark gestiegen. Der Boom hält sowohl in Wien als auch in den Landeshauptstädten an, vermehrt entstehen auch in kleineren Städten Gemeinschaftsbüros. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Unternehmer spart sich ein eigenes Büro, kann vom Austausch mit anderen Co-Workern profitieren und entgeht so der „Einsamkeitsfalle“. Doch auch Kommunen profitieren durch die Vernetzung und den Austausch ihrer Wirtschaftstreibenden. Kommunal betriebene Co-Working Spaces sind daher durchaus als sinnvolle Maßnahme im Rahmen des Stadtmarketings zu sehen. Umgesetzt wurde diese Idee beispielsweise bereits in Villach mit dem Co-Quartier oder auch in Marchtrenk mit dem SMG kreativ.RAUM. „Gemeinsam. Selbstständig. Arbeiten“ ist auch das Motto im Coworkingspace Salzburg. Die Pionierin in der heimischen Coworking-Szene Romy Sigl gründete diesen vor 5 Jahren und unterstützt dort sehr erfolgreich junge Gründer und Startups. Mittlerweile arbeiten mehr als 30 Coworker auf insgesamt 360 qm.

Dhare Economy: Coworking Space Co-Quartier Villach

Foto: Co-Quartier Villach/Facebook

Ressourcen sparen durch Foodsharing

Alleine in Österreich werfen Haushalte bis zu 157.000 Tonnen an angebrochenen und original verpackten Lebensmitteln weg, obwohl diese bei rechtzeitigem Konsum genießbar gewesen wären. Die Internetplattform myfoodsharing.at hat es sich daher zum Ziel gesetzt, dieser Lebensmittelverschwendung entgegenzuwirken. Privatpersonen, Händler und Produzenten haben folglich die Möglichkeit, überschüssige Lebensmittel über die Plattform kostenlos anzubieten oder abzuholen.

Noch einfacher funktionieren die Fair-Teiler. Dabei handelt es sich um Kühlschränke an öffentlich zugänglichen Plätzen, die man jederzeit mit überschüssigen Lebensmitteln befüllen oder aus denen man sich etwas nehmen kann. Das Verteilernetz ist in den Landeshauptstädten bereits gut ausgebaut, aber auch kleinere Städte und Marktgemeinden könnten von diesem Konzept profitieren.

Gemeinschaftsgärten boomen

Ein starker Trend in der Sharing Economy sind außerdem gemeinschaftlich bewirtschaftete Gärten. Das Österreichisches Netzwerk „Gartenpolylog“ initiiert Gemeinschaftsgartenprojekte in Zusammenarbeit mit bzw. im Auftrag von Kommunen oder Institutionen. Der Verein übernimmt die gesamte Organisation im und außerhalb des Gartens. Er begleitet schließlich die neue Gartengruppe bis sie sich das Know-How zur Gartengestaltung und zum Anbau von Obst und Gemüse angeeignet hat. In Niederösterreich unterstützt „Natur im Garten“ durch Beratung, gärtnerische Betreuung und finanzielle Unterstützung bei der Erstbepflanzung. Gemeinschaftsgärten entstehen also nicht nur in großen Städten, auch in zahlreichen kleinen Städten und Gemeinden ist gemeinsames Gärtnern beliebt. Gelungene Beispiele dafür sind etwa der interkulturelle Gemeinschaftsgarten in Bad Ischl oder das Projekt „Essbare Gemeinde“ der Marktgemeinde Übelbach.

Sharing Economy: Gemeinschaftsgarten Bad Gastein

Foto: Gemeinschaftsgarten Bad Ischl

Book-Sharing: Telefonzellen mit neuer Funktion

„Geben und Nehmen“ lautet das Prinzip der offenen Bücherschränke: Gebrauchte Bücher können kostenlos, anonym und ohne jegliche Formalitäten in den Bücherschrank gestellt und ebenso entnommen werden. Die Idee offener Bücherschränke als Teil der Sharing Economy hat sich nicht nur in Wien etabliert. Zahlreiche Städte und Gemeinden in ganz Österreich verfügen bereits über öffentlich zugängliche Schränke. In mehreren Gemeinden wurden beispielsweise ungenutzte Telefonzellen einfach in öffentliche „Bücherzellen“ umfunktioniert und kreativ gestaltet.

Sharing Economy: Bücherzelle Telfs Tirol

Foto: Bücherzelle Telfs, Tirol

Reparatur-Cafés im Aufwind

Ausdruck der Sharing Economy sind außerdem Reparatur-Cafés, in denen man gegen eine freiwillige Spende und unter fachlicher Anleitung defekte Dinge reparieren kann. Von Elektrogeräten über Kleidungsstücke bis hin zu Möbelstücken und Fahrrädern. In einigen Bundesländern finden Reparatur-Cafés bereits sehr regelmäßig statt. Insbesondere in Tirol wurde ein dichtes Netzwerk aufgebaut. Über eine professionell gestaltete Plattform werden die Repair-Cafés in aktuell 26 Gemeinden organisiert. Vertiefende Informationen zum Thema Reparatur-Cafés finden Sie beispielsweise im Artikel „Weg vom Wegwerfen“ von Susanne Wolf.

Foto: Repair Café Tirol/Screenshot

Fazit: Die zwei Gesichter der Sharing Economy

Die „Sharing Economy“ bringt zahlreiche ökonomische, soziale und ökologische Vorteile mit sich. Sie fordert aber gleichzeitig die bestehende Wirtschaftsordnung heraus. Um negative Auswirkungen durch große Player wie Airbnb oder Uber zu verhindern, ist ein entsprechendes Regelwerk von staatlicher Seite zu schaffen. Ziel dieser neuen Rahmenbedingungen muss es sein, dass die betroffenen Regionen auch lokal von Sharing Economy Geschäftsmodellen profitieren – in nachhaltiger, sozialer als auch finanzieller Hinsicht, was Gewinne und Steuern betrifft.

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