Die Stadt Salzburg im Jahr 2050: „Bleiben, nicht zurückkommen!“
19.04.2017
Gesellschaft
19.04.2017
Gesellschaft
Ein Blogbeitrag von Journalist Michael Kerbler über die Stadt Salzburg im Jahr 2050:
Anhand von fünf Fragen, die mithelfen können, den Grad der Komplexität dieses Problems zu reduzieren, habe ich mich zuletzt mit Entwicklungsszenarien für Salzburg beschäftigt. Auf jene fünf Kernfragen, die der US-amerikanische Wirtschaftswissenschafter Edward Glaeser formuliert hat, möchte ich noch einmal verweisen.
(Details unter:http://scholar.harvard.edu/glaeser/publications)
Diese fünf Grundsatzfragen – auf Salzburg übertragen – lauten:
Wie soll Salzburg aussehen?
Wer gestaltet die Stadt Salzburg?
Welche Mobilitätsformen prägen die Stadt?
Wie sieht die ökonomische Basis Salzburgs aus?
Welche sozialen Gegensätze prägen die Stadt?
Auf zwei dieser Fragen möchte ich mich diesmal konzentrieren. Nämlich auf die Fragen, wie 2050 die ökonomische Situation Salzburgs aussehen und wie sich die soziale Lage der Stadt präsentieren wird. Beide Entwicklungen sind untrennbar miteinander verbunden. Wirtschaftliche Prosperität und sozialer Frieden bedingen einander.
Der Großraum Salzburg wird das Glacis der heutigen Landeshauptstadt bilden. Deutlich dichter besiedelt als heute und die Stadt wird sich auch um die Grenze nach Bayern wenig kümmern. Die Zuwanderung wird auf Stadt- oder Landesgrenzen keine Rücksicht nehmen. Zumal im österreichisch-bayrische Grenzraum so gut wie keine Mentalitätsbarrieren existieren. Lebensstil und Kulturverständnis (bis hin zur Kulinarik) weisen keine wesentlichen Unterschiede auf. Die Homogenisierung des Lebensstils wird in den kommenden drei Jahrzehnten ein Übriges dazu beitragen, dass in der Region gelebt und gedacht wird.
Über die Rolle der Produktion in den Städten – auch und gerade in der Festspielstadt Salzburg – gilt es nachzudenken. Modernes verarbeitendes Gewerbe und städtische Manufakturen sind „smart“, sie bieten ein breites Spektrum an Qualifikationen und sie sind nicht bloß stadtverträglich, sondern ganz besonders stadtaffin.
Das produzierende Gewerbe wird 2050 eine wichtigere Rolle in der städtischen Ökonomie spielen als heute. Mehr noch: Für die Stadtentwicklung Salzburgs werden speziell hochwertige, wissensbasierte Dienstleistungen in den kommenden zweieinhalb Jahrzehnten einen bedeutenden Faktor für den Arbeitsmarkt darstellen. Daher gilt: Nicht nur Start-Ups, sondern ganz grundsätzlich die Bereitschaft zum unternehmerischen Risiko muss durch entsprechende politische Rahmenbedingungen ermutigt und auch gefördert werden.
„Urban Manufacturing“, gewissermaßen der “stille Partner” anderer Dienstleistungen, wie z.B. der Kreativ- und Kulturwirtschaft und dem Gesundheitswesen, wird ein wichtiger Arbeitgeber in einer klug durchmischten Stadt sein, deren Angebotspalette aus Wohnen, Arbeiten, Bildung und Freizeit besteht. Die neue Form des “Urban Manufacturing” besteht aus einem Mix von Klein- und Mittelbetrieben, die ausgerichtet sind auf lokale Nachfrage und auf den Bedarf an städtischen Dienstleistungen.
Nicht nur der Begriff „Handwerk“ wird eine Bedeutungsänderung erfahren. Das Handwerk selbst wird sich von der gegenwärtigen handwerklichen Produktionsweise unterscheiden. Für den Kulturraum Salzburg bietet sich die Chance, Handwerk und Kopfwerk zu einer nachhaltigen gewerblichen Tätigkeit zusammenzuführen, die jedoch einige Hürden zu überwinden haben wird.
So werden etwa Handwerksunternehmen, um bestehen zu können, als KMU sehr flexibel und dynamisch im Wettbewerb agieren müssen. Handwerksunternehmen werden sehr wahrscheinlich – wie schon heute – mit ungenügenden Finanzierungsmöglichkeiten, mit Fachkräftemangel, sowie ungenügendem Zugang zu Forschung und Entwicklung zurechtkommen müssen.
Andererseits: Das Handwerk bietet hervorragende Identifizierungsmöglichkeiten. Handwerk steht für Regionalität, Herkunft, Authentizität, Handbearbeitung und Transparenz – was Materialien, Inhalte und Verarbeitungsweisen angeht. Da es Mitte des 21. Jahrhunderts nicht primär um quantitatives Wachstum geht, werden Handwerksunternehmen in der Regel weniger auf Wachstum als auf Qualität und eine ausgewogene Work-Lifetime-Balance setzen.
Es wird auch die Bereitschaft zum Teamwork wachsen – unter dem Druck ökonomischer Verhältnisse. Prekäre Beschäftigungsverhältnisse werden zu neuen Kooperationsformen zwingen. Kompetenz im Teamwork zu bündeln wird die Durchsetzungskraft am Markt deutlich stärken. Positiv wird sich die Haltung der Konsumenten zum handwerklichen Produkt verwandeln. Schonend mit Produkten umzugehen beinhaltet auch Respekt vor dem, der sie mit nachhaltig gewonnenen Ressourcen hergestellt hat.
Mit dem Generationenwechsel, der dann stattgefunden hat, haben die Akteure und Akteurinnen den Fokus vom Angstgegner der industriellen Konkurrenz weg hin zur Beantwortung des individuellen Kundenwunsches – und damit zu einer wesentlichen Stärke des Handwerks – verschoben. Auch der Umstand, dass das Prinzip der Kooperation zwischen Handwerk und Design die Wettbewerbsfähigkeit steigert, wird noch mehr Beachtung finden müssen.
Denn die Kunden und Kundinnen, die der neuen Konsumkultur angehören, erwarten nicht nur, dass das erworbene handwerklich gefertigte Erzeugnis für eine deutlich längere Spanne Zeit nutzbar ist. Sie erwarten auch, dass es ihren gehobenen ästhetischen Ansprüchen entspricht.
Nicht zuletzt das Aufkommen der „grünen Industrie“ wird für Städte wie Salzburg bisher noch wenig genutzte Beschäftigungspotentiale und Möglichkeiten für ein nachhaltiges Wachstum sowie die qualitative Verbesserung der städtischen Lebensbedingungen und der Umwelt bringen.
So ist etwa davon auszugehen, dass im Großraum Salzburg im Jahr 2050 mindestens so viele Gebäude saniert wie neu gebaut werden. Bauen im Bestand wird an Bedeutung gewinnen. In die Sanierung und den Umbau bestehender Bausubstanz wird also mehr Geld fließen als in den Neubau. Das bedeutet für Klein- und Mittelbetriebe aus dem Sektor des Bau- und des Baunebengewerbes eine stabile Auslastung.
Nachwachsende Rohstoffe, insbesondere Holz, werden als Baumaterialien stark nachgefragt werden. Die ersten Hochhäuser, die in Wien zurzeit (fast) ausschließlich aus dem Rohstoff Holz gefertigt werden, können als ein erstes Wetterleuchten am Horizont interpretiert werden. Der Großraum Salzburg vereinigt, was den nachwachsenden Rohstoff Holz angeht, mehrere Standortvorteile in sich. Einerseits die Nähe zum Rohstoff, die Kompetenz und das Fachwissen der produzierenden Unternehmen, erworben durch langjährige Forschung, andererseits ein vorhandenes Potential an gut ausgebildeten Arbeitskräften und eine Reihe von Architekturbüros, die im Holzbau Erfahrung gesammelt haben.
Und schließlich: Der Absatzmarkt, der – siehe oben – durch Sanierungsbedarf und Neubau gegeben sein wird. Nicht zuletzt durch eine Haltungsänderung, den Wandel des Lebensstils der jungen Generation wird Holz stark nachgefragt werden. Die Nutzung des Baustoffs Holz wird nicht nur das Stadtbild Salzburgs im Jahr 2050 verändern. Es wird für jene Regionen, aus denen das Holz angeliefert und verarbeitet wird, positive Beschäftigungsimpulse bewirken.
Träger der Urbanisierung des Großraums Salzburg im Jahr 2050 werden vor allem die 18- bis 30-Jährigen sein. Die wichtigste Zielgruppe werden Familien mit Kindern sein, die zunehmend in der Stadt bleiben wollen. Die wichtigste Grundhaltung der StadtbewohnerInnen Mitte des 21. Jahrhunderts, die sich als Trendansatz schon heute zaghaft und vereinzelt abzeichnet, lautet: „Bleiben, nicht Zurückkommen“.
Zur Generation, die dann im Großraum Salzburg lebt, zählen auch jene Menschen, die heute beispielsweise aus dem Innergebirg oder dem Lungau in Gemeinden rund um die Landeshauptstadt übersiedelt sind. Um 2020 waren das überproportional gut ausgebildete junge Frauen, die nach Beendigung ihrer Ausbildung keinen adäquaten Job in ihrer Heimatgemeinde finden konnten. Stärker noch als individuelle Entscheidungen werden aber Megatrends sein. Diese besitzen nicht nur in Salzburg oder für Österreich Gültigkeit, sondern werden europaweit spürbar sein.
So wird das Modell des „männlichen Ernährers“ nicht mehr gültig sein. Der Arbeitsmarkt wird durch die vorangeschrittene Digitalisierung andere – eher „weibliche“ – Fähigkeiten nachfragen. Die Erwerbstätigkeit der Frauen wird deutlich steigen. Die Anforderungen an die Wissensökonomie werden sich unter diesem Entwicklungsdruck anders darstellen – auch das bietet Frauen einen Startvorteil.
Übrigens, noch ein Trend – der ab 2020 deutlich sichtbar werden wird – zeichnet sich bereits ab. Der demographische Wandel wird dazu beitragen, dass ältere Personen, die es bisher vorgezogen haben im Speckgürtel der Stadt zu wohnen, zurück in den innerstädtischen Bereich ziehen oder jedenfalls näher zur Landeshauptstadt. Dort erscheint die – barrierefreie – Mobilität, gesellschaftliche Kontakte, das kulturelle Angebot und – nicht zuletzt – die medizinische Versorgung garantiert.
Nicht zuletzt werden die ökonomischen wie ökologischen Grenzen der Leistbarkeit „fossiler Mobilität“ mit dazu beitragen, dass sich viele Menschen im Großraum Salzburgs ansiedeln wollen um weite Strecken zur und von der Arbeit zu vermeiden.
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