Rauchverbot und seine Auswirkungen auf den öffentlichen Raum
10.12.2019
Wirtschaft
10.12.2019
Wirtschaft
Seit sechs Wochen gilt nun für alle Gastro-Lokale das absolute Rauchverbot. Vor allem mit dem Wintereinbruch wird es nun für Raucher eng und Wirte bemühen sich, Annehmlichkeiten im Freien zu schaffen. Wie sich das neue Gesetz auf den öffentlichen Raum auswirkt, hier in einem kurzen Überblick.
Laut Wirtschaftskammer ist seit Einführung des absoluten Rauchverbots der Umsatz in Nachtlokalen um zehn bis 20 Prozent zurückgegangen. Da es laut Gesetz nicht zulässig ist, außerhalb der Betriebszeiten des Gastgartens Heizstrahler, Tische oder Bänke aufzustellen, versuchen nun viele Gastronomen mit einem Wintergastgarten gegenzusteuern – sofern die Stadt Wintergastgärten erlaubt.
Vor allem in Wien boomen die Winterschanigärten. So haben etwa in der Wintersaison 2018/19 immerhin 230 Wirte in Wien Schanigärten betrieben, davon wurden 83 neu angemeldet. Diese Zahl hat sich bereits Mitte November 2019 mit 145 Neuanmeldungen fast verdoppelt.
In den Bundesländern sind die Anmeldungen für Wintergastgärten ebenfalls im Steigen. In Hall in Tirol hat sich die Stadtregierung bereits vor dem absoluten Rauchverbot dazu entschlossen, Gastronomen auch im Winter einen Gastgarten zu ermöglichen.
Fläche, Tisch- und Stuhlanzahl müssen von der Stadt individuell bewilligt werden, um insbesondere die problemlose Schneeräumung zu gewährleisten. Auch der Schwazer Gemeinderat hat sich nun für die Genehmigung von Wintergastgärten entschieden und will diese nach dem Modell von Hall umsetzen.
Grundsätzlich ist damit zu rechnen, dass weitere Städte folgen werden. So wird auf Initiative von Gastronomen mit Unterstützung der Wirtschaftskammer auch in Graz der Wintergastgarten diskutiert. Aktuell können Wirte, auch im Winter, 80 Zentimeter ab der Hausmauer nutzen.
Ob und wie der Außenbereich erweitert werden kann, wird noch verhandelt. In Innsbruck wiederum will man mit einer „1 Meter Regelung“ ein Service für Raucher und gleichzeitig Rechtssicherheit für Gastronomen schaffen.
Heizpilze werden mit dem Rauchverbot nun ebenfalls wieder zum großen Thema und heizen die Diskussion erneut an. Viele Gastronomen möchten Heizpilze vor ihren Betrieben aufstellen, damit die Raucher wenigstens nicht frieren müssen, wenn sie zum Rauchen vor das Lokal müssen.
In Österreich gelten diesbezüglich unterschiedliche Regelungen. So müssen in Wien die Gastwirte Genehmigungen der Stadt Wien einholen und zusätzlich noch Abgaben zahlen. 57 Euro pro begonnener 4 kw Nennanschlussleistung pro Jahr. Zulässig sind nur strombetriebene Heizgeräte. Gasbetriebene Wärmequellen sind in Wien und vielen anderen Gemeinden aus Sicherheitsgründen inzwischen behördlich verboten.
In Innsbruck, Bregenz, Linz, Graz und vielen anderen Gemeinden sind Heizpilze allerdings generell nicht möglich. Auch in Hall in Tirol hat man sich gegen Heizgeräte im Freien entschieden. „Wir wollen keine Heizpilzgeschichte“, erklärt Stadtmarketing-Leiter Michael Gsaller.
„Das ist ein Trend in ganz Europa. Früher oder später wird es auch zu uns herüberschwappen.“ Somit wird dem Raucher im Winter vielerorts nur die Variante des Frierens bleiben.
Da sich das Rauchverbot explizit nicht auf die „Freiflächen eines Betriebes“ bezieht, haben in den vergangenen Wochen viele Gastronomen als Alternative zum Winterschanigarten zeltähnliche Konstruktionen auf ihrer Terrasse oder im Gastgarten aufgestellt.
Allerdings führt das Gesetz nicht näher aus, was genau als Freifläche gilt. Gastronomen sind verunsichert, da einerseits nicht allseits Umschlossenes als „Freifläche“ (freie Luftzirkulation und geringe Schadstoffkonzentration, §12 Abs.1, Z 4.) gilt. Andererseits ist Rauchen in Zelten dezidiert verboten.
WKOÖ-Spartensprecher Stefan Praher fordert daher einen entsprechenden Erlass des Ministeriums, damit endlich Klarheit herrscht. „Es muss definiert werden, was eine Freifläche ist und wie der Witterungsschutz gestaltet werden darf“, so Praher, der darauf verweist, dass es dazu im Ministerium schon seit der Bearbeitung des Gesetzes 2017 eine klare Rechtsmeinung gibt.
Demnach dürfen Zelte jedenfalls nicht allseits umschlossen sein, um als Freifläche zu gelten. Doch das alleine stellt den rechtskonformen Betrieb eines Zeltes noch nicht sicher – wie der Fall eines Freistädter Wirtes gezeigt hat. Inwieweit „zeltartige Konstruktionen“ letztlich gesetzeskonform sind, muss laut derzeitiger Judikatur im Einzelfall und anhand der örtlichen Begebenheiten beurteilt werden.
Mit dem Rauchverbot unmittelbar verknüpft ist auch die Anrainerproblematik. Die wenigsten Raucher werden aufhören zu rauchen, sondern sich eben draußen vor dem Lokal eine Zigarette anzünden. Das war bisher vor Nichtraucherlokalen bereits so und wird mit dem Rauchverbot die Situation verschärfen. Es ist also zu erwarten, dass Anrainerbeschwerden über Zigarettenrauch und Lärm zunehmen werden.
Flankierenden Maßnahmen zur Lösung der Anrainerproblematik fanden im Gesetzestext keine Berücksichtigung. Grundsätzlich können lärmende Gäste aufgrund der Gewerbeordnung neben der Vorverlegung der Sperrstunde auch zu zivilrechtlichen Ansprüchen der Anrainer gegen den Gastronomen führen.
Klaus Friedl, Sprecher der Gastronomen in der Wirtschaftskammer Steiermark, fordert eine Gesetzesänderung. „Wir brauchen ein klares Gesetz für den Wirt, dass ihm dieser Lärm nicht als Strafe zugerechnet wird. Der Kunde sollte wissen, dass er selbst für seinen Lärm verantwortlich ist.“
Mit dem Rauchverbot werden nun auch vermehrt Aschenbecher vor den Lokalen aufgestellt. Damit steigt aber auch die Lärm- und Rauchbelästigung. Für Gastronomen eine schwierige Situation. Denn stellen sie ihren Gästen Aschenbecher zur Verfügung, dann vermeiden sie zwar Zigarettenkippen auf der Straße.
Gleichzeitig steigt damit aber auch die Gefahr von Anzeigen wegen Lärm- oder Rauchbelästigung – unabhängig davon, ob die Raucher Gäste sind oder nicht. Gehen dreimal Beschwerden ein, dann gilt der Wirt als unzuverlässig, was wiederum zum Verlust der Gewerbeberechtigung führen kann. Die Wirtschaftskammer rät daher von Aschenbechern vor dem Lokal ab.
Gibt es keinen Aschenbecher vor dem Lokal, werden zwangsläufig Zigarettenstummel auf der Straße landen. Grundsätzlich ist der Wirt zwar für die Sauberkeit vor dem Lokal verantwortlich – wer aber zahlt bei einer Kontrolle die Strafe für weggeworfene Zigaretten? Der Raucher oder das Lokal?
In Wien kann eine weggeworfene Zigarette 90 Euro kosten, auch Graz ahndet das Wegwerfen von Kippen. Peter Dobcak, Obmann der Gastronomie in der Wiener Wirtschaftskammer, sieht den Raucher selbst in der Verantwortung. Die Stadt Wien beispielsweise will hingegen den Wirt in die Pflicht nehmen, da dieser für Sauberkeit zu sorgen hat. Also auch in diesem Bereich besteht noch nicht wirklich Klarheit.
Schneeräumdienste, aber auch Behindertenverbände, die weitere Barrieren auf den Gehsteigen fürchten, stehen dem Ganzjahresbetrieb von Gastgärten meist skeptisch gegenüber. Auch können für die Gemeinde höhere Kosten entstehen, wenn Schneeräumdienste z.B. mit kleineren Fahrzeugen um die Gastgärten oder Zelte herumfahren müssen.
Da seitens der Stadt die Schneeräumung garantiert werden muss, ist zu klären, an welchen Plätzen und Straßen ein Gastgarten oder Raucherzelt auch in den Wintermonaten trotz möglicher Schneeräumung möglich ist.
Um die Schneeräumung möglichst nicht zu behindern, sind Gastronomen in der Regel verpflichtet, jegliches Mobiliar am Abend wieder wegzuräumen. Insbesondere in Wien sorgt das aber für Ärger, weil viele Lokale keine Verstauungsmöglichkeiten haben und die Betreiber üblicherweise ohnehin für die Schneeräumung der genehmigten Fläche sorgen müssen.
Das Rauchergesetz stellt für manche Gastronomen eine schwierige Herausforderung dar: Umsatzentgang, Unsicherheit bezüglich der Gestaltung von Raucherzonen, aber auch Anrainerproblematik stehen hier im Vordergrund. Gastronomen müssen zwischen den Bedürfnissen des Gastes und jenen der Nachbarschaft sowie ihren eigenen finanziellen Möglichkeiten einen Mittelweg finden.
Das Problem ist letztlich nicht das Rauchverbot an sich, sondern die Begleitmusik in Hinblick auf konkrete Umsetzungsrichtlinien und mögliche Strafen. In Wien, aber auch den Bundesländern, sieht es derzeit jedenfalls so aus, als würde die Anzahl von Wintergastgärten und Raucherzelten in Zukunft steigen.
Titelbild: ferobanjo, Pixabay Licence
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