Wie Pop Up Stores neue Möglichkeiten im Stadtmarketing schaffen

13.02.2018
Trends, Wirtschaft

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(c) Janos Bakula Photos by Baksi

Das Konzept der Pop Up Stores ist nicht neu. Bereits 1997 hat Eventmanager Patrick Courrielche in Los Angeles die „Ritual Expo“ ins Leben gerufen, wo man jährlich an nur einem Tag im Jahr Markenbekleidung anbot. Auch in Japan ist das Konzept seit langem bekannt. Seit den späten 2000er Jahren kamen die Stores schließlich auch nach Europa.

Was ist ein Pop Up Store?

Pop Up Stores sind Geschäftsflächen, die man saisonunabhängig für einen begrenzten und überschaubaren Zeitraum anmietet und bespielt. Oft werden dafür leerstehende Geschäftsräume, Sockelzonen oder entlegene Verkaufsflächen genutzt, die sich sonst nur schwer vermieten lassen. Durch ihre zeitliche Begrenzung und Wandelbarkeit bieten Pop Up Stores viel Raum für Kreativität. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.

Ähnlich wie beim Guerilla Marketing stehen neben dem zeitlichen Aspekt die Location und Gestaltung des Shops im Fokus. Je exklusiver und kreativer, desto erfolgreicher ist der Pop Up Store. Die Produkte werden durch die besondere Inszenierung emotionalisiert und erhalten eine exklusive Note. Und das alles mit einem vergleichsweise geringen Budget.

„Ob es das Produkt tatsächlich nur dort gibt, ist nebensächlich. Die Menschen wollen abgelenkt, ein wenig aus dem Alltag gerissen werden“, so Udo Wagner, Lehrstuhl für Marketing an der Universität Wien.

Pop Up Store Marketing zielt also darauf ab, KundInnen mit einem intensiven Erlebnis für das eigene Produkt zu begeistern. Die Stores öffnen Türen, um potenziellen KundInnen in der direkten Umgebung die Produkte und die eigene Marke zu präsentieren.

Die Werbeaktivitäten werden zudem nicht über einen großangelegten Mediaplan abgewickelt. Sie folgen dem Prinzip der Mund-zu-Mund-Propaganda. Blogs, Social Media Marketing, Insider und Szene-ExpertInnen spielen hier eine wichtige Rolle.

Der Wert von Pop Up Stores für das Stadtmarketing

Ein gut sortierter Einzelhandel ist für eine Innenstadt oder ein Dorfzentrum essentiell, um für BewohnerInnen, aber auch TouristInnen attraktiv zu sein. Doch gerade in kleinen und mittelgroßen Städten sind durch Leerstände Problemzonen entstanden.

Pop Up Stores bieten die Möglichkeit, diese Leerflächen temporär zu nutzen und neue Attraktivität zu schaffen. Als kreative Zwischennutzungen sind sie somit eine gute Möglichkeit zur kurz- und mittelfristigen Überbrückung von unerwünschten Leerflächen.

Dabei sollte jedoch grundsätzlich überprüft werden, ob ein Pop Up Store-Konzept in das Einzelhandelsentwicklungskonzept eines Standortes passt und auch der Zeitpunkt der Eröffnung passend gewählt ist.

So könnte sich etwa der Pop Up Store eines auswärtigen Modehändlers, der vor Weihnachten im Zentrum einer Kleinstadt eröffnet, auf den Umsatz ansässiger Kaufleute negativ auswirken und zu Widerständen führen.

Pop Up Stores als neues Format für Stadtmarketing

Pop Up Stores können darüber hinaus aber auch als Marketinginstrument für das Stadtmarketing selbst genutzt werden. Wie das funktionieren kann, hat Berlin mit der Initiative „Pop into Berlin“ gezeigt. In den Städten Stockholm, London, Amsterdam, Wien und Paris warben Pop Up Stores zwischen dem 21. September und dem 12. Dezember 2015 für die deutsche Hauptstadt.

Die Stores waren jeweils eine Woche lang in den besten Lagen der Innenstädte geöffnet. Man präsentierte 21 Berliner Labels mit ihren kreativen Produkten sowie fünf Berliner Start-ups mit innovativen Technologien.

Die Stores dienten als Markenbotschafter und Werbefläche für Berlin. Als Ort für Netzwerktreffen von WirtschaftsvertreterInnen und Hotspot für alle, die auf der Suche nach neuen Trends sind. Auch mit ansässigen Unternehmen gab es zahlreiche Ansätze für Kooperationen und Austausch.

Foto: © Visit Berlin, Pop Up Store im Sneak In, Wien

Mit etwa 1.000 KundInnen pro Tag hatte das Geschäft im Londoner Stadtteil Shoreditch den größten Zulauf. In jedem Store wurden rund 350 verschiedene Produkte aus Design, Mode, Möbel, Gastronomie, Lifestyle und Technik zum Verkauf angeboten.
1.957 Personen besuchten 38 Events. Mit dabei war auch die Teledisko – die kleinste Diskothek der Welt, kompakt verpackt in einer Telefonzelle. Darin wurden über 500 Partys gefeiert.

Warum sind Pop Up Stores für Unternehmen interessant?

Die Kurzweiligkeit von Pop Up Stores stellt für Unternehmen eine Möglichkeit dar, sich ohne viel Aufwand von der Konkurrenz abzuheben. Neue Märkte und Konzepte zu testen, ihre Zielgruppe besser kennenzulernen oder etwa den Offline-Verkauf zu steigern. Das Konzept ist daher sowohl für junge und kreative Labels als auch etablierte Unternehmen interessant:

  • UnternehmensgründerInnen können Geschäftskonzepte mit geringem Risiko testen.
  • Für kleinere Unternehmen, DesignerInnen und Selbstständige bietet diese neue Form von Retailhandel viel Potenzial, um ihre Bekanntheit und ihre Umsätze zu steigern bzw. neue Geschäftsideen zu testen.
  • Online-Händler nutzen Pop Up Stores vermehrt, um dem Kunden die Ware zum Anfassen anzubieten und die Wahrnehmung der Marke zu stärken.
  • Für Unternehmen mit starkem Fokus auf das Saisongeschäft sind Pop Up Stores eine lukrative Präsentationsmöglichkeit und ein zusätzlicher Absatzkanal.
  • Pop Up Stores sind eine kreative Möglichkeit für Unternehmen, Lagerabverkäufe zu einem Event zu machen.
  • Pop Up Stores eignen sich ideal, um limitierte oder handgefertigte Produkte zu vertreiben oder um neue (ausgefallene) Produkte oder Produktlinien am Markt zu präsentieren.

Welche Formen von Pop Up Stores gibt es?

Pop Up Stores in der Gastronomie
Foto: © Pop Up Disco Brunch – Naked Kitchen

Pop Up Stores sind für jede Branche, für Vereine und künstlerische Projekte geeignet. Der kreativen Ausgestaltung sind hier keine Grenzen gesetzt. Hier die derzeit gängigsten Pop Up Store Konzepte und einige Beispiele dazu:

#1 Pop Up Gastronomie

Pop Up Stores in Form von Restaurants, Bars, Cafés und Clubs zählen zu den derzeit beliebtesten Anwendungsbereichen. Oft werden somit neue Geschäftsmodelle, Gerichte, Getränke und Produkte getestet oder das Konzept zur Steigerung des Bekanntheitsgrades genutzt.

Eines der derzeit angesagteste Pop Up-Restaurants in Österreich ist das „Naked Kitchen“. Das gleichnamige Cateringunternehmen ist auf Firmenfeiern an außergewöhnlichen Locations spezialisiert und nutzt Pop Up-Restaurants zur Vermarktung. Gekocht wird auf hohem Niveau und gespeist in außergewöhnlichen Locations, wo es normalerweise nicht möglich ist zu essen.

Ein alter Tresorraum, eine Autowerkstatt, ein Möbelhaus oder eine Zugremise. Das Pop Up-Event findet jeweils für ein Wochenende in verschiedenen Städten Österreichs statt. Um den Reiz zu steigern, hält man den Veranstaltungsort lange geheim und limitiert die Teilnahme streng.

Und auch in Fürstenfeld tut sich einiges im Hinblick auf kulinarische Pop Up Stores. Unter dem Motto „Aus der Region für die Region“ startete man 2017 ein Pilotprojekt zur Belebung der Innenstadt. Das Projekt stellt JungunternehmerInnen Starthilfen sowie Räumlichkeiten im Zentrum von Fürstenfeld zur Verfügung.

Neben der Forcierung von Start-ups setzt Bürgermeister Werner Gutzwar dabei auch auf Pop Up Stores, die alle vier bis sechs Wochen wechseln. Die Eröffnung der ersten beiden Pop Up Stores von „Liebe isst“ und „De Merin“ fand Ende November 2017 statt. Beide Unternehmen präsentierten steirische Kulinarik der Extraklasse mit Produkten ausgesuchter regionaler ProduzentInnen.

#2 Pop Up Shop für Kleidung

Ähnlich beliebt sind auch Pop Up Stores im Modebereich. Lagerabverkauf, Kleidertauschevents, Markenaufbau oder Umsatzsteigerung – die Storevarianten sind vielfältig. So lädt etwa die erfolgreiche Salzburger Unternehmerin Andrea Eberle zum weihnachtlichen Pop Up Store, um ihre anspruchsvolle klassische Damenmode zu präsentieren.

Ein anderes Pop Up-Konzept verfolgt der Verein „Kleiderzirkus“, der unter anderem auch in Bludenz für einen Monat eine Kleidertauschbörse veranstaltet. In der sich zur Kreativmeile entwickelnden Sturnengasse befindet sich der Kleiderzirkus Store in bester Nachbarschaft.

Neben der Schneiderei Linda und Kleidermacherin Gabriele K, sind in der Sturnengasse unter anderem auch Schuhmacher Alessandro Santella und Sörecycling angesiedelt. Das Bludenzer Stadtmarketing entschied sich schließlich bewusst für eine temporäre Bespielung von leerstehenden Geschäftsflächen, um kreative Impulse für die Bludenzer Innenstadt zu setzen.

#3 Pop-up-Shop für Produkte

Ein Pop Up Shop bietet sich natürlich auch für klassische Produkte an. So steht beispielsweise in Klagenfurt der Pop Up Store des Landes Kärnten Start-ups für jeweils drei Monate zur Verfügung, um ihre Geschäftsidee zu testen. Derzeit wird der Store bis März vom Start-Up „BABYBOX BY MAMABO“ bespielt. Die BabyBox ist ein Abo-Service für Basis-Babybekleidung im ersten Lebensjahr und testet hier die neuartige Geschäftsidee.

#4 Pop-up-Store Crowdfunding

Selbst UnternehmerInnen, die sich über Crowdfunding finanzieren, nutzen das Konzept erfolgreich. So hat etwa der Verein Arche Noah im Frühjahr und Herbst 2017 für einige Wochen einen kleinen Pop Up Store zum Pflanzenverkauf in Wien eröffnet.

#5 Pop-up-Fitness

Auch im Bereich Sport dienen Pop Up-Konzepte für Marketingzwecke. In vielen deutschen Großstädten hat sich das Konzept schon durchgesetzt. Flashmobartig tauchen dabei große Gruppen an SportlerInnen an unerwarteten Orten auf und widmen sich gemeinsam ihrer Sportart.
So macht man auf das Fitnessangebot aufmerksam und schafft zugleich durch die wechselnden und außergewöhnlichen Locations einen Anreiz für eine dauerhafte Mitgliedschaft.

Best Practice Beispiel: Leuchtturmprojekt in Enns

Im historischen Zentrum von Enns in der Nähe des sehr gut frequentierten Stadtplatzes stehen seit Mai 2017 fünf attraktive Geschäftsflächen als Pop Up Stores zur Verfügung. Die Stores wurden schließlich bezugsfertig adaptiert und mit einem modularen Basisshopsystem ausgestattet. Größe und Mietdauer der Flächen sind somit flexibel und auch kurzfristige Vermietungen sind möglich.

Finanziert wird das Projekt zu 40 Prozent aus Förderungen des Landes Oberösterreich und der EU. Die restlichen Kosten werden vom Ennser Wirtschaftsverein, der TSE und von der Stadt Enns unter Bürgermeister Franz Stefan Karlinger übernommen.

„Es ist eine ganz neue Idee und eine super Chance, nicht nur für die Innenstadtbelebung in Enns“, so Max Homolka, Geschäftsführer der Tourismus- und Stadtmarketing GmbH Enns (TSE). „Es handelt sich hier um ein Leuchtturm-Projekt.“ Auch andere Gemeinden könnten schließlich nach dem Motto „Nachahmer sind gern gesehen“ etwas von dem Konzept für den eigenen Ortskern übernehmen.

Unterstützt wird das Pop Up-Projekt von der professionell gestalteten Website Pop Store – einkaufen in enns, die alle wichtigen Informationen vermittelt und somit einen Überblick über die jeweils laufenden Pop Up Stores bietet.

Pop Up Stores - Best Practice Beispiel Enns in Österreich

Fazit: Win Win durch Förderung von Pop Up Stores

Pop Up Stores stellen eine alternative Form des Einzelhandels dar, bei der man Verkaufsräume nicht fix anmietet, sondern leerstehende Verkaufsräume für einen begrenzten Zeitraum sinnvoll nutzt. Damit erhalten etablierte Unternehmen wie auch Start-Ups schließlich eine kostengünstige Möglichkeit, um neue Geschäftsideen zu testen, die Bekanntheit des Unternehmens zu steigern oder zusätzliche Einnahmequellen zu erschließen.

Die Gemeinde profitiert von mehr Lebendigkeit und einem effizienten Leerflächenmanagement. Die aktive Förderung und Schaffung von Pop Up Stores stellt somit eine Win Win-Situation für alle Beteiligten wie auch BewohnerInnen dar und sollte als Marketinginstrument ausgebaut werden.

Lesen Sie zu diesem Thema auch unseren Beitrag „Praxistag in Ried: Geschäftsflächenmanagement oder Wenn die Innenstadt auf ihre Muse trifft.

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