UNESCO-Welterbe: Inga Horny im Gespräch mit Patricia Alberth
04.05.2023
Kultur
04.05.2023
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Inga Horny im Gespräch mit Patricia Alberth, Geschäftsführerin der staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg, über Welterbestätten, die Kriterien für die Aufnahme, die Bedeutung des Welterbetitels für die Stadt oder den Ort und vieles mehr.
Inga Horny: Hallo, herzlich willkommen zum Podcast von STAMA Austria, dem Dachverband der österreichischen Stadtmarketingorganisationen. Wir treffen uns mehrmals im Jahr zu Praxistagen, zum Kompetenzaustausch und Wissenstransfer.
Hier treffen wir immer wieder Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Handlungsfeldern, um uns weiterzuentwickeln, auszutauschen und die Entwicklung der Städte zu diskutieren.
Heute zu Gast ist Patricia Alberth, die Geschäftsführerin der staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg. Zuvor leitete sie das Zentrum Welterbe Bamberg. Rund eine Dekade lang war sie bei der UNESCO im Asienpazifikbüro in Bangkok tätig, sowie im Welterbe Zentrum im Hauptquartier in Paris. Herzlich Willkommen Frau Alberth.
Patricia Alberth: Hallo Frau Horny, schön, hier zu sein.
Patricia Alberth: Mehrfach hatte ich schon Kontakte zu Österreich, einerseits über die UNESCO. Als ich im Hauptquartier in Paris war, war ich zuständig für die Welterbestätten, die bereits eingeschrieben sind in Westeuropa, Nordamerika. Da war auch Österreich dabei. Ich war zum Beispiel bei der Reactive Monitoring Mission in Wien mit dem Hochhausgebäude beteiligt.
Inga Horny: Das ist ja ein sehr kontroversielles Thema.
Patricia Alberth: Immer noch.
Patricia Alberth: Um Welterbe zu werden, muss ich einen sogenannten Outstanding Universal Value haben, einen außergewöhnlichen universellen Wert. Der steht auf drei Beinen. Einerseits hat die UNESCO zehn Kriterien definiert.
Sechs für Kulturgüter, vier für Naturgüter. Das reicht von, ein Meisterwerk menschlicher Schöpfungskraft zu sein wie zum Beispiel das Opernhaus in Sidney, oder einen kulturgeschichtlichen Meilenstein zu repräsentieren, zum Beispiel die Darjeeling Eisenbahn in Indien, die durch diese neuen Transportwege den Teeanbau auf eine ganz andere Ebene gehoben hat.
Der zweite Strang ist die Authentizität, die Integrität. Der Ort muss Originalsubstanz haben und gut erhalten sein.
Drittens braucht der Ort ein Managementsystem. Das kann in indigenen Gesellschaften ein mündliches Managementsystem sein. In unseren Breitengraden ist es meistens ein detailliert ausgearbeiteter Plan, wer wofür zuständig ist. Was nimmt man sich für die Zukunft an Aktivitäten rund um das Welterbe vor? Aber auch eine Attributkartierung, woran sich der Welterbetitel vor Ort fest macht.
Mit welchen Risiken rechnet man und wie kann man darauf eingehen? Dazu kommen die gesetzlichen Rahmenwerke, die der eigentliche Schutz sind. Mit dem UNESCO-Titel kommt kein neuer Schutzmantel dazu. Voraussetzung ist, dass bereits ein rechtlicher Schutz vor Ort besteht.
Patrica Alberth: Genau, das geht von der nationalen Regierung aus. Die erstellt eine Tentativliste von Orten, die sie gerne eingeschrieben sähe. Pro Jahr darf eine Regierung maximal zwei Nominierungen ins Rennen schicken bei der UNESCO und muss bis dorthin dann auch einen umfassenden Plan, ein Dossier, mit einer vergleichenden Analyse ausarbeiten, warum der Ort bedeutsamer als andere ist.
Mit diesem Managementplan, mit Kartierungen, mit Fotografien, mit umfänglichen Beschreibungen. Dann entscheidet das UNESCO-Welterbekomitee, das sich einmal im Jahr trifft, mit 21 VertreterInnen, die immer rotieren, ob ein Ort eingeschrieben wird oder nicht. Basierend in den meisten Fällen auf der Empfehlung des entsprechenden Fachgremiums.
Das ist einmal die IUCN für Naturerbestätten und einmal ICOMOS, der internationale Denkmalrat für Kulturerbestätten. Dann gibt es noch diese gemischten Formate, das sind Kulturlandschaften, zum Beispiel Teeanbaulandschaften, Weinanbaulandschaften, wo Kultur und Naturwerte aufeinandertreffen.
Patricia Alberth: Genau. Österreich hat eine Tentativliste. Aus dieser speisen sich diese Anträge. Wenn Österreich extrem ambitioniert wäre und natürlich auch genügend Ressourcen bereitstellen würde, dann könnte Österreich jedes Jahr zwei Anträge stellen.
Vorausgesetzt, es gibt auch genügend Orte mit diesem außergewöhnlichen universellen Wert. Aber es ist nicht so, dass die UNESCO rumreist und sagt, hier ist es schön, das sollten wir auf die Welterbeliste holen.
Patricia Alberth: Die Lokalpolitik tritt in der Regel auf die Nationalregierung zu. Die hat immer für mehrere Jahre eine Tentativliste, die dann, wenn sie abgearbeitet ist, neu aufgestellt wird. Und dann geht es wieder von vorne los.
Patricia Alberth: Die meisten wollen den Welterbetitel haben, weil sie touristische Ambitionen haben. Die Welterbeliste wird meistens als Tourismusinstrument verstanden. Das ist sie aber gar nicht. Die Ursprünge liegen in den 1960er Jahren, als mit dem Bau des Assuan Staudamms die Tempel von Abu Simbel gefährdet waren.
Das war das erste Mal, dass die UNESCO gesehen hat, das geht nicht! Das sind Orte von so großem Wert für die gesamte Menschheit, da müssen wir was tun. Die können wir nicht überfluten lassen.
Dann gab es eine Kampagne, bei der die UNESCO 80 Millionen Dollar zusammengesammelt hat, ExpertInnen zusammengetrommelt hat und dann wurden mit diesem Geld die Tempel abgetragen und im Landesinneren wieder errichtet, sodass sie heute noch besuchbar sind. Der Assuan Staudamm wurde gebaut, das Tal wurde überflutet.
Also ich kriege kein Geld von der UNESCO. Ich bin jedoch Mitglied eines internationalen Netzwerks. Welterbestätten haben oftmals ähnliche Probleme. Das heißt, ich kann auf die KollegInnen, ich kann auf die UNESCO zutreten und sagen, wie schaut es denn aus mit Windrädern oder mit dem Klimawandel? Könnt ihr mich mit jemanden in Kontakt bringen? Zu sehen, wie anderswo diese Themen angegangen werden, das ist sehr hilfreich.
Für die Bevölkerung ist es natürlich ein Identifikationsfaktor. Die Menschen sind unglaublich stolz auf ihr Welterbe. Es ist ein Lernort in diesen alten Steinen. In diesen alten Landschaften steckt unheimlich viel Wissen darüber, wie Menschen früher gelebt, gearbeitet, gefeiert, geliebt haben. Das ist dann auch die Anforderung, das lesbar zu machen, das herauszuarbeiten.
Inga Horny: Das finde ich einen wahnsinnig spannenden Aspekt, diesen Austausch mit anderen Welterbestätten. Weil wir ja vor großen Herausforderungen stehen, gerade was die Veränderung des Klimas anbelangt. Da geht es dann um Dämmung. Wie dämmt man Bauten aus dem Mittelalter, wie führt man sie auch in ihrer Bausubstanz in diese doch sehr schwierige Zukunft.
Das bringt mich zu der Frage, es gibt ja immer wieder die Situation, dass quasi im Welterbe, in einer Stadt zum Beispiel, ein Neubau, ein Erschließungsbau, ein Ergänzungsbau, aus irgendeiner Funktion heraus notwendig ist. Also mir fällt jetzt gerade der Zubau der Stiftung Mozarteum in Salzburg ein, um die beiden Gebäudeteile miteinander zu verbinden.
Patricia Alberth: Diese Angst ist nur zum Teil begründet. Mit dem Welterbetitel ist es nicht so, dass eine Glasglocke über den ganzen Ort kommt und sich nichts mehr verändern darf. Ganz im Gegenteil! Aber wenn sich was verändert, dann hat man keine Souveränität mehr zu sagen, wir machen das jetzt einfach so.
Das haben wir in Dresden gesehen. Das ist von der Liste geflogen, weil dort nicht abgestimmt wurde. Wenn ich eine größere Entwicklung habe, die den außergewöhnlichen universellen Wert meiner Städte bedrohen könnte, muss ich das mit Paris abstimmen, bevor irgendeine Entscheidung getroffen wird.
Das heißt aber, ich muss erstens meinen außergewöhnlichen universellen Wert gut kennen. Ist das jetzt nur ein Gebäude oder ist das ein ganzes Ensemble, das mit dem Umfeld korrespondiert?
Dazu brauche ich auch eine gut ausgearbeitete Bewertung, dass das einfach klar definiert ist. Es ist natürlich logisch, dass ich das, was geschützt ist, nicht zugunsten einer neuen Entwicklung abreißen darf. Aber ich darf da, wo Brachen sind, da wo was entstehen kann, durchaus modern bauen. Ich soll es sogar!
Also das Ziel ist nicht, dass alles so aussieht, jetzt im Fall von Klagenfurt, als käme es aus der Renaissance. Es wird auch eine Ehrlichkeit gefordert, welche Zeitschicht sehe ich denn hier gerade? Dass man die städtische Entwicklung auch ablesen kann.
Inga Horny: Das ist sehr spannend, städtische Entwicklung abzulesen. Das führt mich kurz zu einem kleinen Abstecher, zum Welterbe Graz. Österreich hat ja nicht so viele Welterbestätten. In Graz ist es vor allem so, dass die Dachlandschaft im besonderen Maße schützenswert ist. Also die langgezogenen Dächer.
Patricia Alberth: Ich denke, ich war schon mal in dem Kaufhaus. Aber diese neue Entwicklung kenne ich noch nicht. Aber vielleicht noch ganz kurz zu Graz. Graz zeigt gerade, dass modernes Bauen absolut okay ist im Welterbe, zum Beispiel mit dem Kunsthaus.
Inga Horny: Genau, das Kunsthaus in Graz. Das ist ein wunderbares Beispiel. Ich sehe auch, dass in Graz sehr viele Beispiele von zeitgenössischer Architektur im Welterbe sehr harmonisch realisiert worden sind. Bei manchen Umbauten merke ich, dass sie der Zeit, der Betrachtung der Zeit nicht standhalten.
Da hat man es zwar gut gemeint in den 80er Jahren, aber wenn man heute auf diese Umbauten schaut, merkt man, dass sie eher modernistisch waren. Da wird es sicher auch wieder einen Rückbau geben. Grundsätzlich hat Graz, da gebe ich Ihnen schon recht, das sehr gut gemacht.
Vielleicht zu einem anderen Aspekt, weil Sie gesagt haben, der Tourismus ist oft ein Treiber dieser Welterbeaktivitäten. Das kann auch nach hinten losgehen im Sinne von Massentourismus. Wir haben es in Hallstadt, wir haben es in Salzburg.
Sie können sicher auch noch andere Beispiele aufzählen, wo das Maß an touristischen Strömen, die ausgelöst werden, für Bewohnerinnen und Bewohner ganz schwierig ist oder werden.
Patricia Alberth: Erstmal, es ist kein Automatismus, dass wenn man Welterbe ist, die Besuchermassen kommen. Das wird meistens schon strategisch kommunikativ vorbereitet, dass das passiert. Was ich persönlich sehr wichtig finde, ist, dass man, wenn man Welterbe ist, nicht die Füße hochlegt und sagt, naja, jetzt kennen uns alle, jetzt kommen alle, jetzt muss ich nichts mehr machen.
Das kann leicht gefährlich werden. Weil dann habe ich keinen Qualitätstourismus. Dann habe ich keine Strategie und es kommt so ein bisschen über mich. Städte, die jetzt einen Riegel vorgeschoben haben, Dubrovnik zuallererst zu nennen. Dort gibt es jetzt tatsächlich Obergrenzen, was BesucherInnen angeht.
Aber das ist natürlich nicht bei allen Stätten möglich. Wenn ich keine Stadtmauer, wenn ich keine Tore habe, wo ich regulieren kann, kann ich nicht sagen, hier dürfen nur so und so viel tausend Personen pro Tag reinkommen. Bamberg setzt aktuell auf das Thema Digitalisierung.
Dort werden im Stadtraum Sensoren angebracht, verbunden mit einer App, wo ich als GästeführerIn, als Einheimischer und auch als BesucherIn gucken kann, wo es gerade voller ist und wo es vielleicht auch interessante Sachen zu entdecken gibt abseits der Haupttouristenroute. Das schafft dann ein bisschen Entzerrung und Erleichterung für alle Beteiligten.
Inga Horny: Das finde ich einen spannenden Aspekt mit der App. Es gibt in Bamberg das Welterbezentrum, auch beispielgebend als Zentrum, wo sehr viel Vermittlungsarbeit in Richtung Bevölkerung geleistet wird. Es gibt viele Welterbestätten, die dieses Besucherzentrum oder Welterbezentrum nicht haben.
Patricia Alberth: Bamberg hat seit 2019, also 26 Jahre nach der Einschreibung auf die UNESCO-Welterbeliste, ein Welterbebesuchszentrum, einen Ort, wo erklärt wird, warum sind wir überhaupt Welterbe, was gibt es innerhalb des Welterbes zu entdecken und was bedeutet es überhaupt, Welterbe zu sein.
Das wurde anfangs durchaus auch kritisch gesehen, dass die Leute gesagt haben, wieso braucht es denn so einen Ort, wir haben die wunderschöne historische Altstadt, das ist doch alles, was benötigt wird. Wir müssen nicht noch extra Geld investieren in so eine Ausstellung. Das hat sich aber inzwischen gezeigt, dass das sehr gut investiertes Geld ist, weil wir beide Gruppen ansprechen.
Einerseits BesucherInnen und auf der anderen Seite auch die lokale Bevölkerung. Das ist ganz schön zu sehen, wie da oftmals Schulklassen kommen, die am Wochenende dann wieder mit den Eltern, mit den Großeltern kommen und dann auch an einzelnen Stationen hängenbleiben und zeigen, guck mal, da habe ich deine Oma geheiratet oder hier ist dieses und jenes passiert.
Das ist auch ein generationenverbindender Aspekt und es hebt die Qualität des Tourismus, weil die Leute den Ort besser verstehen, besser wertschätzen und länger bleiben bzw. wieder kommen, weil sie ein viel klareres Bild von den vielen Facetten, den vielen Dimensionen des Welterbes haben und eben nicht mehr denken, ah ja, relativ kleiner Ort, da bin ich in zwei Stunden durch und fahre wieder weiter.
Wir kennen das zum Beispiel aus Salzburg oder auch aus dem Salzkammergut, wo wirklich in kürzester Zeit Busgäste durch das Welterbe durchgehen und wieder zurückgehen und sich nicht mit dem Welterbe beschäftigen. Also einfach nur durchgehen und wieder in den Bus einsteigen.
Es geht um diese Touren. Europa in 10 Days. Da sind ja sehr viele Welterbestätten dabei, etwa Rothenburg ob der Tauber. Die Touristen klappern das alles so ab und am Ende des Tages haben sie zehn Stationen besucht, ohne in Wahrheit diese Stationen besucht zu haben.
Patricia Alberth: Goslar, Regensburg, Stralsund. Deutschland hat in den letzten Jahren sehr stark vorgelegt. In Österreich gibt es, glaube ich, überhaupt noch kein Welterbebesuchszentrum.
Inga Horny: Da haben wir Nachholbedarf, kommt mir vor. Interessant! Also auch Graz oder Wien haben kein solches Zentrum eingerichtet. Das ist interessant, dass es in Österreich da Nachholbedarf gibt.
Patricia Alberth: Ja.
Patricia Alberth: 1.157.
Patricia Alberth: Also wenn man diese 1.157 auf die ganze Welt umrechnet, ist das so viel nicht. Auch wenn man im Hinterkopf behält, es geht nicht darum, ein besonders prestigebehafteter Ort zu sein, sondern es geht um den Schutz! Es geht darum, Orte zu identifizieren, die für die Menschheit von herausragender Bedeutung sind. Da gibt es sicherlich noch Luft nach oben.
Was wichtig ist, ist, dass man selber mal realistisch schaut, was ist mein außergewöhnlicher universeller Wert und welche Orte gibt es global noch, die einen ähnlichen Wert haben. Mit Blick auf Klagenfurt das Thema Renaissancestadt, mit wem trete ich denn da in den Wettbewerb?
Wer ist da schon auf der Liste und was unterscheidet mich von dem jeweiligen Ort? Das muss man ganz klar herausarbeiten und dann hätte man eine Chance.
Inga Horny: Es ist sehr interessant, dass man bei diesem Dossier, bei diesem Einreichpapier, auch den Unterschied herausarbeiten muss, was die Stadt, den Ort, von vergleichbaren Orten unterscheidet. Das heißt, man muss zuerst einmal auf die Suche nach den vergleichbaren Orten gehen, um dann herauszuarbeiten, was der Unterschied ist.
Für Klagenfurt ist es wahrscheinlich der See, weil Renaissancestädte gibt es ja mehrere. Das ist schon eine sehr spannende Herausforderung. Diese Einzigartigkeit, dieses Identitätsstiftende, das Sie immer wieder betonen, dass es etwas sein muss, das für die Menschen identitätsstiftend ist, einzigartig ist.
Warschau oder auch Dubrovnik zum Beispiel. Die aus unterschiedlichsten Gründen zerstört wurden. Warschau war ein Racheakt, soweit ich informiert bin. In Dubrovnik war es der Krieg 1992. Also auch die Brücke von Mostar ist in diesem Krieg zerstört worden. Die Städte wurden dann wiederaufgebaut.
Patricia Alberth: Diese Städte sind ganz, ganz große Ausnahmen und deren außergewöhnlicher universeller Wert macht sich tatsächlich an diesem Wiederaufbau fest. Auch an diesem friedensbringenden Signal, was darin steckt. Vor allem jetzt bei Mostar.
Inga Horny: Also das beruhigt mich jetzt, weil es ein nachvollziehbarer Grund ist. Man tut nicht so, als wäre es nie zerstört worden und tut so, als wäre es eh noch das Alte. Münster ist ja auch so eine Stadt.
Patricia Alberth: Münster gehört ja nicht zum Welterbe und wir haben bei dem Thema Wiederaufbau sicherlich unterschiedliche Trends. Auch das Humboldt Forum in Berlin. Da gibt es viele Beispiele, wie man es angeht. Ob man es angeht überhaupt.
Das wird immer eine interessante Diskussion bleiben. Aber wie gesagt, im Welterbebereich ist das absolut die Ausnahme, mit der man aber sehr ehrlich umgeht.
Patricia Alberth: Der erste Schritt ist erstmal eine ehrliche Analyse dessen, was vor Ort vorhanden ist. Ist dieser außergewöhnliche universelle Wert da und hat man die Zeit, die Ressourcen, dieses Ziel zu verfolgen? Wir reden hier nicht von ein, zwei Jahren, bis man den Welterbetitel hat, wenn alles vorliegt, das kann schon mal zehn bis 15 Jahre dauern. Den langen Atem sollte man haben.
Was ich auch empfehlen würde, ist ein Blick auf die anderen Konventionen und Programme der UNESCO, weil es gibt ja nicht nur Welterbe, wir haben das immaterielle Kulturerbe. Da geht es um das Wissen, um das Können der Menschen, um Traditionen rund um Natur, Kunst, Kultur. Das ist etwas, was, ja, auch nicht ohne ist.
Das muss auch dokumentiert werden und vor allem, ich brauche noch eine Gruppe, die das Ganze ausübt und weiterträgt. Ich habe das Weltdokumentenerbe. Da geht es um bedeutsame Dokumente aus der Vergangenheit, die so wichtig sind, dass sie meistens irgendwo im Tresor verwahrt sind, die aber in diesem Rahmen dann digitalisiert werden, damit sie der gesamten Menschheit zur Verfügung stehen.
Zum Beispiel Beethoven 9. zählt dazu. Was haben wir noch? Wir haben Biosphärenreservate der UNESCO, Geoparks, auch das ist nicht Welterbe. Das sind nochmal andere Programme. Was vielleicht auch gerade touristisch interessant sein könnte, ist das Creative Citys-Netzwerk.
Da ist ja Graz dabei als City of Design. In Graz gerade, finde ich, ist dieser UNESCO-Titel viel auffälliger, viel deutlicher im öffentlichen Raum kommuniziert als der Welterbetitel, zumindest war das meine Erfahrung, als ich in Graz vor einiger Zeit war.
Inga Horny: Das stimmt! Das fällt tatsächlich auf in Graz.
Hauptsächlich ist es aber eine Vernetzungsplattform, sich auszutauschen mit KollegInnen, mit internationalen KollegInnen. Und es gibt natürlich einige Möglichkeiten, auch die Bevölkerung mit einzubinden. Also man kann den KollegInnen in Österreich nur den Tipp geben, es zu versuchen! In allen Bereichen zu versuchen.
Patricia Alberth: Ich finde das ganz großartig, dass hier in Klagenfurt das Stadtmarketing sich so einsetzt für die Erhaltung der historischen Bausubstanz. Das ist nicht überall so. Ich denke, das ist ein ganz schönes Zeichen! Sie haben gerade das Thema Bürgerbeteiligung erwähnt, ich denke, das ist auf jeden Fall ein Erfolgsrezept.
Welchen Titel ich auch immer anstrebe, es sollte nicht im Alleingang passieren, sondern in Absprache mit der Bürgerschaft, begleitet von Informationsveranstaltungen, von Diskussionen, damit die Leute auch wissen, worauf sie sich einlassen.
Gerade jetzt beim Welterbe, dass die Leute nicht Angst haben, oh, jetzt darf ich überhaupt nichts mehr machen, jetzt kommt da die große Verbotskeule, sondern dass die Leute wissen, was es denn letzten Endes bedeutet, wenn man Erfolg hat.
Inga Horny: Das war ein sehr nettes Schlusswort. Vielen Dank! Danke, dass wir dieses Gespräch führen durften. Danke, dass Sie bei uns in Klagenfurt waren. Ich wünsche Ihnen alles Gute, herzlichen Dank.
Patricia Alberth: Vielen Dank, war mir eine Freude.
Titelbild: Inga Horny im Gespräch mit Patricia Alberth (c) Klagenfurt Marketing GmbH
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