Partizipation bei öffentlichen Bauvorhaben lernen

03.10.2024
Architektur

Bild zum Blogbeitrag Partizipation bei öffentlichen Bauvorhaben lernen: Raum.Wertakademie
(c) RAUM.WERTakademie

Öffentliche Bauvorhaben betreffen viele Menschen, doch oft bleiben sie bei der Planung außen vor. In Zeiten gestärkten bürgerschaftlichen Engagements wird Partizipation gerade bei solchen öffentlichen Bauvorhaben immer wichtiger. Gut geplante Beteiligungsprozesse ermöglichen es, die Interessen aller Beteiligten zu berücksichtigen, was zu höherer Akzeptanz und effizienteren Projekten führt. Mittlerweile gibt es dazu einen neuen Lehrgang, der die Grundlagen erfolgreicher Partizipation  vermittelt.

Partizipation: Geplant mitreden

Wenn früher die Umsetzung von öffentlichen Bauvorhaben meist von der Vision einer Einzelperson abhing, so sehen wir jetzt die Entwicklung in eine andere Richtung gehen: Betroffene Personengruppen möchten sich aktiv einbringen.

Für viele Verantwortliche klingt die Vorstellung von einer Gruppe von Bürgern und Bürgerinnen, die bei der Planung von öffentlichen Bauvorhaben mitreden wollen nach Chaos und unerfüllbaren Wünschen. Auftraggebende fürchten verlängerte Projektzeiten und Menschen, die nur verhindern wollen. Betroffene fühlen sich zu wenig und zu spät informiert, um Ideen einbringen zu können und haben das Gefühl, nicht wirklich gehört zu werden.

Doch das muss nicht so sein.

Bedeutung der Partizipation in der Stadtplanung

Partizipation ist in einer immer stärker polarisierten Gesellschaft und als Kernelement demokratischer Prozesse inzwischen unumgänglich geworden. Im Spannungsfeld zwischen Bürger*innen, die nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden möchten und Auftraggeber*innen, die sich nicht dreinreden lassen wollen, liegt ein weites Feld an Zusammenarbeit, an guten Ideen und an Bedürfnissen aller Beteiligten, die bei der Planung berücksichtigt werden können, ja eigentlich müssen.

Dieses komplexe Gleichgewicht entsteht nicht von selbst. Es hängt sehr stark von der Auswahl des richtigen Formates für das Beteiligungsprojekt und der umsichtigen Gestaltung und Führung eines solchen Prozesses ab. Erprobte, professionelle Methoden und gut geschulte Prozessbegleiter*innen können hierbei für den Erfolg der gesamten Maßnahme mitentscheidend sein.

Partizipation als Chance: Zusammenarbeit statt Konflikt

In den letzten Jahren wurde viel Glaubwürdigkeit in puncto Partizipationsprozesse verspielt. Aus Angst vor zu viel Einmischung haben sich viele Auftraggebende mit rechtzeitigen Informationen zurückgehalten und statt Partizipation gab es nur noch Information, wenn bereits alles fixiert war. Dies führte zu einer verständlichen Enttäuschung der engagierten Bürger*innenschaft, die ihre Ideen nicht berücksichtigt sah.

Dabei kann gut geplante Partizipation genau den gegenteiligen Effekt haben: Die Menschen, die von einem Projekt direkt betroffen sein werden – die zukünftigen Nutzenden – wissen aus eigener Erfahrung am besten, was wirklich gebraucht wird, worauf nicht vergessen werden darf und wo Fallstricke lauern. Gleichzeitig werden die Vorgaben der Auftraggebenden von Anfang an auf den Tisch gelegt und die Grenzen, in denen man sich bewegen kann, klar abgesteckt.

Wenn Menschen in heterogenen Gruppen frühzeitig eingebunden werden, bringen sie einen unbezahlbaren Erfahrungsschatz ein und können so mithelfen noch vor der eigentlichen Planung die Anforderungen zu eruieren, so dass das Projekt – statt abgelehnt und bekämpft – von den Bürger*innen positiv angenommen wird und damit auch spätere teure Anpassungen vermieden werden können.

Um die Seite der betroffenen Bürger*innen und die Seite der Auftraggebenden an einen Tisch zu bringen, so dass effektiv und zielgerichtet auf Augenhöhe miteinander kommuniziert werden kann, braucht es die neutrale – nach allen Seiten wohlwollende – Begleitung in der Mitte. Es braucht innovative, kreative und empathische Prozessbegleiter*innen, denen beide Seiten die professionelle Kompetenz zutrauen, den Raum für Austausch und Zusammenarbeit zu schaffen, so dass alle Beteiligten sich gehört und ernstgenommen fühlen.

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Die Menschen, die von einem Projekt direkt betroffen sein werden – die zukünftigen Nutzenden – wissen aus eigener Erfahrung am besten, was wirklich gebraucht wird, worauf nicht vergessen werden darf und wo Fallstricke lauern (c) RAUM.WERTakademie

Wo Partizipation im städtischen Raum sinnvoll ist

Die städtischen Bauaufgaben sind vielfältig und für sehr unterschiedliche Bevölkerungsgruppen essentiell. Zum Beispiel: Wenn ein neuer Kindergarten geplant werden soll, dann betrifft das nicht nur die Kinder selbst, sondern auch deren Eltern, das pädagogische Personal, die Mitarbeitenden der Verwaltung, Reinigungskräfte, das Küchenteam, aber auch das Alltagseben in den umliegenden Stadtvierteln und damit die Politik im allgemeinen. Die Verkehrsanbindung muss in Betracht gezogen werden und vielleicht gibt es sogar andere Institutionen und Personen, die die Räume mitnutzen können.

So umfassend wird in einem RAUM.WERTprozess gedacht, deshalb werden Vertreter*innen aller Stakeholder eingeladen. Schulen, Senior*innenheime oder öffentliche Räume wie Plätze oder Parks sind nur einige Beispiele für städtische Aufgaben, für die ein Partizipationsprozess vor der Planung sinnvoll ist.

Gemeinden sind auch wichtige Arbeitgeberinnen, die in ihren eigenen Verwaltungsräumen ihre Mitarbeitenden durch angemessene Räume, die sie selbst mitgestalten konnten, motivieren können. Und nicht zuletzt lässt sich in einer Gemeinde oder in einem Stadtviertel mit einem Zukunftsraum gemeinsam ein neues Zentrum des Zusammenwirkens gestalten.

Gesellschaftlicher Wandel forciert neue Räume

Die Digitalisierung verändert wie wir arbeiten, lernen oder uns miteinander unterhalten. Sie verändert auch die Beziehung zwischen Stadt und Land, die Bedeutung von Distanzen und Zeitstrukturen. Dies hat Einfluss auf unsere Gesellschaft. Vertraute Zuordnungen von Tätigkeiten zu Orten und Zeiten lösen sich auf: Wir spielen im Büro, arbeiten unterwegs oder zuhause und kaufen um Mitternacht online ein.

Viele wollen seit der Pandemie auch nicht mehr täglich zurück ins Büro, sondern ziehen flexibles Arbeiten dem Pendeln vor. Die Vorteile des Landlebens und des Lebens in Kleinstädten können nun problemlos mit urbanen Arbeitsmöglichkeiten verknüpft werden.

DIE Chance für kleinere Gemeinden, auch in Randlagen, die Abgewanderten wieder zurückzuholen und Leerstände zu bespielen. Aber auch in den Städten oder in deren Stadtteilen besteht der Bedarf nach flexiblen Arbeitsplätzen, konsumfreien Begegnungsräumen und digital ausgestatteten Bildungsorten.

Der Zukunftsraum: Ort der Möglichkeiten

Ein Zukunftsraum bietet alle diese Möglichkeiten und noch vieles mehr: so können lokale Hersteller hier ihre Ware präsentieren, Start-ups die digitale Infrastruktur nutzend losstarten und Wissbegierige anregende Begegnungen im Learning Space erleben.

Ein Zukunftsraum ist ein Ort der Verwirklichungsmöglichkeiten. Die dahinterliegenden Bedürfnisse können für jede Gemeinschaft anders gelagert sein. Deshalb ist jeder Zukunftsraum anders und deshalb ist auch dafür der partizipative Beteiligungsprozess mit jenen, die ihn nutzen wollen, entwickelt worden. So wird er zu einem Gemeinschaftsprojekt, das alle Beteiligten miteinander vernetzt, ihren Bedürfnissen Raum gibt und die Basis für ein gutes Miteinander legt.

Austausch und Zusammenarbeit zu schaffen, so dass alle Beteiligten sich gehört und ernstgenommen fühlen
Ein Zukunftsraum ist ein Ort der Verwirklichungsmöglichkeiten (c) RAUM.WERTakademie

Partizipationsprozesse: Kleiner Aufwand, großer Nutzen

Partizipationsprozesse für öffentliche Projekte sind oft heikel und fragil, doch bieten sie auf der anderen Seite auch neue Möglichkeiten für effizienteres und kostenbewussteres Planen, weil viele im Raum stehende Probleme bereits im Vorfeld abgefedert werden können. Dafür ist es für die Glaubwürdigkeit auf beiden Seiten essentiell, dass die Prozessbegleitung neutral und nicht ins konkrete Projekt involviert ist.

Eine strukturierte und lösungsorientierte Methode bietet den nötigen Rahmen. Im größeren Bild eines Projektes, das für die Öffentlichkeit wichtig ist und von vielen genutzt wird, machen die Kosten für einen Partizipationsprozess nur einen kleinen Bruchteil aus – eine Investition, die sich auf jeden Fall in der Akzeptanz des Ergebnisses, aber auch in der zeitlichen und finanziellen Effizienz lohnt!

Die RAUM.WERTakademie: Partizipation als Kompetenzfeld

Da Beteiligungsprozesse in Zukunft eine immer wichtigere Rolle bei öffentlichen Projekten, aber auch in größeren Unternehmen spielen werden, scheint die Etablierung eines / einer Partizipationsbeauftragten, analog eines Brandschutzbeauftragten, oder einer Person, die in Partizipationsmethoden geschult ist und diese professionell begleiten kann, für diese angezeigt.

Methode für echte Beteiligung

Seit über 15 Jahren arbeitet die Salzburger Architektin Ursula Spannberger mit dieser von ihr entwickelten Methode und führt Beteiligungsprozesse an Schulen, Senior*innenheimen, im öffentlichen Raum und für viele andere Projekten durch.

Das Besondere an dieser Methode ist die strukturierte Vorgangsweise mit der auch große, heterogene Gruppen effizient eingebunden werden können. Anhand des Katalgs von neun RAUM.WERTen können komplexe Vorgaben auch von architektonischen Laien auf Augenhöhe diskutiert, Bedürfnisse erkannt und formuliert werden, so dass sie danach als Grundlage für die Planung dienen können.

Doch die Planung eines solchen Prozesses braucht gut ausgebildete Begleiter*innen. Dafür gibt es ab Herbst einen neuen Lehrgang: die RAUM.WERTakademie.

Beteiligung professionell begleiten

Die jahrelange Erfahrung mit Beteiligungsprozessen hat gezeigt, dass es Menschen mit verschiedenen Skills und Fähigkeiten zur Begleitung braucht: Einerseits architektonisch Geschulte, die die Ergebnisse der Workshops in ein qualifiziertes Raumprogramm gießen können, das dann die Grundlage für eine Ausschreibung oder Planung bietet.

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Beteiligungsprozesse werden in Zukunft eine immer wichtigere Rolle bei öffentlichen Projekten spielen (c) RAUM.WERTakademie

Drei Ausbildungsstufen für unterschiedliche Anforderungen

Doch diese Prozesse können auch von einem anderen Blickwinkel aus unterstützt werden. Ein*e RAUM.WERTbeauftragte*r in einem Unternehmen oder einer Stadtgemeinde kann schon bei der Idee einbezogen werden, um zu klären, ob ein Beteiligungsprozess in diesem Fall sinnvoll ist, diesen vorbereiten und danach dessen Umsetzung begleiten – analog eines Brandschutzbeauftragen.

RAUM.WERTassistent*innen unterstützen den Prozess in der Planung, Durchführung und Nachbereitung. Deshalb ist die Fortbildung in der RAUM.WERTakademie inklusiv gestaltet, ganz wie im wirklichen Leben:

  • WERTassistent*in
    Der Abschluss der RAUM.WERTakademie LEVEL A ist unabhängig von der Vorbildung möglich und befähigt dazu, bei RAUM.WERTprozessen zu assistieren.
  • WERTbeauftragte*r
    Analog Brandschutzbeauftragen können Absolvent*innen LEVEL B in Schulen, Unternehmen und anderen Organisationen Verantwortung dafür übernehmen, dass organisatorische Weiterentwicklungen räumlich adäquate Veränderungen nach sich ziehen. Sie sind befähigt, biszu einer gewissen Komplexität deren Umsetzung sicherzustellen.
  • WERTexpert*in
    Ein Abschluss LEVEL X ist Teilnehmenden mit architektonischer oder gleichwertiger Ausbildung vorbehalten. Er befähigt dazu, selbständig RAUM.WERTprozesse zu planen und durchzuführen, die Ergebnisse des Prozesses in einen Qualitätenkatalog mit Raumprogramm zu übersetzen und damit eine verbindliche Grundlage für die konkrete Planung zu liefern.

Fachkompetenz trifft Persönlichkeitsbildung

Damit wird ein weites Feld an Menschen angesprochen, die sich für Raum und Beteiligung interessieren: Architektur, Innenarchitektur, Stadtplanung, Mobilitätsplanung, Organisationsentwicklung, Unternehmensberatung, Mitarbeitende aus Gemeinden und Stadtverwaltungen, Mitarbeitende aus größeren Organisationen und Unternehmen und viele mehr.

Die Lehrenden an der RAUM.WERTakademie kommen aus unterschiedlichen fachlichen Feldern und schaffen so eine umfassende, ganzheitliche Ausbildung. Neben Architektur und Stadtplanung sind auch Persönlichkeitsbildung, Pädagogik, Alters- und Gesellschaftswissenschaft und viele andere Themen wichtige Eckpfeiler.

Um sich ein Bild vom Inhalt der Ausbildung machen zu können, gibt es online Infotermine und Beratungsgespräche. Alle Details findet man auf der Homepage www.raumwert.cc/akademie

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RAUM.WERTassistent*innen unterstützen den Prozess in der Planung, Durchführung und Nachbereitung (c) RAUM.WERTakademie

Fazit

Die Partizipation bei öffentlichen Bauvorhaben ist kein optionaler Prozess, sondern eine Notwendigkeit in einer modernen, demokratischen Gesellschaft. Sie fördert nicht nur das Verständnis und die Akzeptanz von Projekten, sondern auch die Zusammenarbeit zwischen Bürger:innen und Auftraggeber:innen.

Durch strukturierte Beteiligungsprozesse, wie sie in der RAUM.WERTakademie gelehrt werden, können alle Stimmen gehört werden, was letztlich zu besseren Ergebnissen führt. Indem wir gemeinsam an der Gestaltung unserer Städte arbeiten, schaffen wir lebenswerte Räume, die den Bedürfnissen aller gerecht werden.

Zur Vertiefung: Mehr Informationen zum Aufsetzen erfolgreicher Bürgerbeteiligungsprozesse bietet dieser Text.

 

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