5 neue städtische Wohnformen, die die Zukunft prägen werden
31.05.2023
Architektur, Wohnen
31.05.2023
Architektur, Wohnen
Anhaltende Urbanisierung, enorm steigende Wohn- und Lebenshaltungspreise sowie die alternde Gesellschaft und der Klimawandel erfordern ganz neue Wohnformen in Städten. Der Trend führt nach und nach weg vom thujenumrankten Kleinfamilien-Wohnidyll am Stadtrand.
Urbaner Wohnraum muss heute mehr denn je leistbar sein, Haushaltspflichten auf mehrere Schultern verteilen können, Gemeinschaften fördern und die Umwelt nicht über Gebühr belasten. Und zwischendurch muss er große Flexibilität zeigen können.
In die meisten dieser neuen Wohnkonzepte fließen Trends ein, die sich bereits seit einigen Jahren im städtischen Wohnen abzeichnen: Co-Living-Ansätze, Ideen für nachhaltigere Wohngewohnheiten, das Streben nach Reduktion auf Wesentliches.
Im urbanen Wohnraum ist bereits lange vor Corona und Teuerung einiges in Bewegung geraten. Besonders folgende 5 Trends des städtischen Wohnens werden das Leben in unseren Städten in Zukunft entscheidend mitprägen.
Immer öfter wird bei großen, städtischen Wohnprojekten ein Baulos an selbstorganisierte Wohngruppen vergeben, das dann in einem Großgruppenprozess entwickelt wird. Das Ziel ist die Schaffung einer Co-Living-Umgebung, bei der individueller Wohnraum reduziert und durch mehr gemeinschaftlichen Wohnraum (Stichwort: gemeinsame Bibliothek) subsitutiert wird.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Wohngruppe Silberstreif aus Salzburg. „Gemeinsam statt einsam älter werden“ – von diesem Wunsch ausgehend hat der Verein mit der Stadt Salzburg und der Heimat Österreich ein soziales Wohnprojekt mit 26 Wohnungen entwickelt, das leistbar ist und sich den neuen demographischen Verhältnissen anpasst.
Zielgruppe für die Wohnungen sind Menschen ab 50plus, die eine nachfamiliäre Orientierung suchen und im späteren Alter nicht allein sein wollen. Menschen mit ähnlicher Lebensauffassung finden sich, unterstützen einander und entwickeln neue Formen des gemeinsamen Alltags.
Zugleich will man ein Knotenpunkt für die erweiterte Siedlung sein. Initiator Michael Flemmich: „Im Haus wird es die Gute Stube geben, von wo die bestehende Siedlung Gneiss und die neu errichtete Siedlung sich vernetzen können und soziale Angebote vorfinden.“
Ebenfalls dem Wohnen in der Gruppe, aber hier ohne Generationenlabel, hat sich das Projekt Gleis 21 in Wien verschrieben. Der Grundgedanke: Es muss nicht alles im eigenen Wohnraum stattfinden. Kinderspielraum, Gemeinschaftsküche, Gästezimmer oder Werkstatt können sich die BewohnerInnen auch teilen.
Mit Förderung der Stadt wurde hier ein Wohnexperiment mit 34 Wohnungen realisiert, rund 20 Prozent der Gebäudefläche sind Gemeinschaftsräume. Kaufoption gibt es bei Gleis 21 keine. Wenn eine Partei auszieht, geht die Wohnung zurück an den Trägerverein, der sie neu vergibt.
Und noch ein Wohngruppen-Beispiel aus Wien, genauer aus der Seestadt Aspern ist das Co-Living-Projekt „JAspern“. Gänzlich ohne Bauträger, aber dafür mit maximaler Personalisierung konnte sich eine Baugruppe aus 18 Familien ihr eigenes, nachhaltiges Wohnmodell verwirklichen: Das Co-Living-Projekt JAspern.
Das Herz des Hauses ist die Dachterrasse mit Meeting Lounge, einem Waschsalon und Flächen für urbane Gartenarbeiten. Ein Ort des Austausches ist auch der Salon JAspern, ein vier Meter hoher, akustisch und klimatisch optimierter Multifunktionsraum, der bis zu 60 Personen Platz bietet. Sowohl die Hausgemeinschaft als auch Externe nutzen den beliebten Treffpunkt für unterschiedlichste Aktivitäten und Veranstaltungen.
Wohnen auf Zeit umfasst im Grunde alle neuen Wohnformen, bei denen ein Zimmer oder eine vollmöblierte Wohnung für längere Zeit angemietet werden. Ein klassisches Mietverhältnis ist in der Regel für mehrere Jahre ausgelegt.
Wer aber nur für einen begrenzten Zeitraum von drei oder vier Monaten an einem anderen Standort bleiben will/muss, ist nicht daran interessiert, eine Wohnung langfristig zu mieten. Vor allem aber ist es teuer und zeitaufwändig, das neue Zuhause einzurichten, den Umzug vorzubereiten und durchzuführen und den gesamten Hausstand mit der Familie zu übersiedeln.
Kurzzeitwohnen bzw. temporäres Wohnen ermöglicht einen längeren Aufenthalt, zum Teil sogar in Serviced Appartements. Ein solches Projekt entstand nun mit „The Lords“ in der Innenstadt Klagenfurts im Rahmen der Revitalisierung eines Bestandes aus dem 16. Jahrhundert.
Zehn topmoderne Suiten zwischen 25-35 m2 für kurz- sowie langfristige Aufenthalte wurden vom Immobilieninvestor Lilihill entwickelt und an den Ankermieter limehome vergeben, der sie nun als Serviced Appartements für Geschäftsreisende, Workationers und TouristInnen anbietet.
Ebenfalls in Klagenfurt und ebenfalls im Altbestand soll ein weiteres Modell für temporäres Wohnen in der Innenstadt entstehen, das die Viertelagentur in Klagenfurt erarbeitet hat. Es verspricht durch gebäudeübergreifende, dezentrale Nutzung mehr Leben in leerstehenden Bestandsbauten – und somit im Stadtzentrum.
Die Idee ist WG-Feeling mit Mehrwert. Bei diesem Co-Living-Projekt teilen sich Studierende, Freelancer oder Selbstständige die Wohnungen, ein- und ausziehen soll flexibel gehandhabt werden. Zusätzlich stehen aber auch Gemeinschaftsräume im Stadtviertel verstreut bereit, zB ein Gym, Work-Spaces, Lounges, Wasch-Bars etc.
„Co-Living bietet für BewohnerInnen sowohl einen sozialen Benefit als auch ökonomische und ökologische Vorteile“, sagt Bea Bednar von der Viertelagentur. Die Innenstadt wurde mit jungen Menschen belebt und durch die Integration von Bestandsbauten ein nachhaltiger Umgang mit Ressourcen gestärkt.
Eine Wohnform, die in den meisten Fällen rein ökonomischen Überlegungen geschuldet ist, ist das Tiny Wohnen. In Hochglanzmagazinen gerne als hipper und klimaschonender Lifestyle der „LOHAS“ gepriesen, ist das Wohnen auf klein(st)em Raum gerade für junge Familien eher eine finanzielle Notlösung denn eine freie Wahl.
Vor allem im städtischen Raum sind Mikro-Appartements und Co eine investorengetriebene Entwicklung. Bei einer Größe von ca. 40 Quadratmetern ergibt sich die höchste Rendite für eine Wohnung. Sie ist zwar im Verhältnis zu einer größeren Wohnung immens teuer, aber für sich genommen immerhin leistbarer Wohnraum in der Stadt.
Diese Entwicklung setzt sich derzeit leider auch im Bereich bestehender urbaner Einfamilienhäuser fort, die sich früher oft durch wenig Wohnfläche, dafür aber relativ viel Grundfläche auszeichneten. Heute wird das Haus mit 80 Quadratmeter in der Regel geschleift. Auf die 900 Quadratmeter Grundfläche werden Wohnbauten mit einem Dutzend Kleinwohnungen gesetzt. Zugleich führt diese Vorgangsweise zu einer extremen Verdichtung im städtischen Raum.
Ein Beispiel sind etwa die Danube Lodge Wohnungen der IG City Appartements: 36 voll ausgestattete 45 m²-Langzeitmiete-Apartments in 3 Kategorien mit guter Verkehrsanbindung nahe Donauinsel und Prater gelegen. Outdoor-Pool, Fitness- und Wellness-Einrichtungen, Partyraum mit Community-Küche und großer Fahrradraum. Derzeit werden sie ab 955 Euro für 2 Wochen angeboten.
Spätestens im Herbst 2022, mit den empfindlichen Teuerungen bei Strom, Sprit und Gas, kam der Wunsch nach erneuerbarer Energie und klimaschonender Mobilität in der Breite der Bevölkerung an. Nachhaltiges Wohnen ist auch in Städten gefragter denn je.
In Klagenfurt etwa übergab man im Winter 2022 die erste Tranche eines österreichweiten Vorzeigeprojektes seinen MieterInnen/KäuferInnen: Das „Smart City Wohnen“ im Stadtteil Harbach. Auf dem rund elf Hektar großen Areal von „hi Harbach” entstehen bis 2030 in mehreren Etappen rund 850 Wohnungen.
Ökologische und energieeffiziente Bauweisen stehen im Vordergrund, die Häuser werden als Massivbau errichtet. Hochwertige und feuchteregulierende Baustoffe treffen hier auf moderne Photovoltaik-Paneele zur Unterstützung einer umweltfreundlichen Warmwasserbereitung.
Die Lage am Stadtrand bot zudem die Möglichkeit, öffentliche und individuelle Mobilität in Klagenfurt neu zu denken. Bereits in Betrieb ist der umweltfreundliche Mobilitätsknoten von hi Harbach.
Zum nachhaltigen Mobilitätskonzept zählen also neben einer Busanbindung im 15-Minuten-Takt und Ladestationen für E-Cars/E-Bikes auch ein öffentlich zugängliches E-Car-Sharing-System, Nextbike und Leihfahrräder. Jeder Haushalt erhält bei der Schlüsselübergabe eine übertragbare Mobilitätskarte, mit der man ein Jahr lang das städtische Busnetz und die Sharing-Angebote nutzen kann.
Diese Wohnform bedeutet: Gebiete, die von privaten Sicherheitsdiensten bewacht werden und meist einkommensstarken Schichten vorbehalten sind. Dies steht zwar im Kontrast zum Ideal des öffentlichen Raumes und widerspricht dem Prinzip durchmischter Nachbarschaften, kommt aber immer öfter vor, wenn auch in Österreich (noch) nicht in dieser Ausprägung.
Ein grenznahes Beispiel für eine Gated Community ist die Appartementanlage Portopiccolo im alten Steinbruch von Sistiana nahe Triest. Das in den Hang gedrängte Retortendorf war das größte Bauprojekt an der Oberen Adria. Insgesamt erstreckt sich die Anlage, deren Investitionsvolumen sich auf 360 Millionen Euro beläuft, über 53 Hektar. Zu den Gemeinschaftsanlagen gehören unter anderem ein Beach Club, ein Wellness- und Fitnessbereich und ein Pool über den Dächern.
Zum Sicherheitskonzept gehört eine rund um die Uhr bewachte Zufahrt. Die Kombination aus Meer und guter Erreichbarkeit ist für ÖsterreicherInnen offenbar ein guter Grund für eine Liegenschaft inmitten der exklusiven Anlage. Unter den 30 Prozent ausländischen KäuferInnen stellen ÖsterreicherInnen daher mit 45 Prozent die bei weitem größte Käufergruppe.
In exklusiver Meerlage scheint der Drang, unter sich zu bleiben, besonders groß. Das beweist schließlich auch die als „Smart City“ angekündigte Anlage in Ellinikon an der Küste Athens. 10.000 Wohneinheiten und 75.000 Arbeitsplätze auf sechs Millionen Quadratmetern sollen hier nur zwanzig Minuten vom Stadtzentrum entfernt im Endausbau entstehen.
Das Großprojekt von Lamda Development soll die griechische Hauptstadt zum internationalen Vorreiter in Sachen Küsten- und Umweltdesign, intelligentes Wohnen, Indoor-Outdoor-Business sowie nachhaltige, kohlenstoffarme Stadterneuerung machen. Allerdings nur für jene, die es sich leisten können. Die Wohneinheiten liegen alle im deutlich gehobenen Segment.
Die Zukunft des städtischen Wohnens wird also von ganz neuen Wohnformen geprägt sein. Diese fünf werden in dem Blogbeitrag aufgegriffen und diskutiert. Wohngruppen, bei denen selbstorganisierte Gemeinschaften den Wohnraum gestalten, fördern den sozialen Zusammenhalt.
Das Wohnen auf Zeit ermöglicht Flexibilität und ist daher besonders attraktiv für Geschäftsreisende und TouristInnen. Während das Wohnen auf kleinem Raum, wie Mikro-Appartements, aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen immer mehr nachgefragt wird.
Nachhaltiges Wohnen gewinnt an Bedeutung und berücksichtigt ökologische Aspekte. Gated Communities, obwohl umstritten, sind auf dem Vormarsch und bieten einkommensstarken Schichten Sicherheit und Privatsphäre.
Titelbild: Neue Wohnformen (c) Maria Teneva on Unsplash
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