Durch die derzeit verstärkte Tendenz von Konsumenten, sämtliche Lebensmittel im Supermarkt einzukaufen, haben kleinere Nahversorger mit hohen Umsatzrückgängen zu kämpfen. Welche Lösungen in der Corona-Krise helfen.
Durch die derzeit verstärkte Tendenz von Konsumenten, sämtliche Lebensmittel im Supermarkt einzukaufen, haben kleinere Nahversorger wie Bäcker oder Fleischer mit hohen Umsatzrückgängen zu kämpfen. Gleichzeitig dürfen Menschen nicht außer Haus oder wollen aus Angst vor Ansteckung nicht in Supermärkten einkaufen.
Als Reaktion auf diese veränderten Bedingungen finden Nahversorger neue Lösungen. Lokale Produzenten schließen sich zusammen, Minimarktplätze entstehen und Lieferdienste werden eingerichtet. Einige erfolgreiche Beispiele für Initiativen stellen wir Ihnen in diesem Beitrag vor.
Lieferservice Bauernmarkt Bruckmühle
Bauernmärkte, Hofläden und alle anderen Formen der Direktvermarktung sind unter Einhaltung der Hygieneauflagen auch in Zeiten von Corona möglich. In Pregarten hat man sich dennoch dazu entschlossen, den Bauernmarkt Bruckmühle derzeit nicht abzuhalten. Es wurde auf Lieferservice umgestellt und der boomt gewaltig.
Produkte von insgesamt 15 Anbietern werden jetzt frisch und pünktlich zum geplanten Markttag kostenlos nach Hause geliefert. Mehr als 110 Bestellungen sind für den ersten abgesagten Markttag eingegangen – von Eiern und Nudeln über Brot und Milch bis hin zu Olivenöl und Schnaps.
Rollende Speisekammer in Salzburg
Seit Beginn der Corona-Krise sind in Salzburg bereits mehr als 31.000 Salzburger arbeitslos gemeldet. Die Zahl der Menschen, die sich das tägliche Leben nicht mehr leisten können, steigt. Um in Not geratene Menschen zu versorgen, haben zwei Salzburger in Kooperation mit dem Land die „Rollende Speisekammer“ ins Leben gerufen.
Dabei wird wirtschaftlich Benachteiligten in der Stadt Salzburg und in den angrenzenden Gemeinden im Flachgau kostenlos eine Kiste mit Lebensmitteln vor die Türe gestellt. Die Kisten können auch direkt vor Ort beim Jägerwirt abgeholt werden. Die Bestellung erfolgt per Telefon.
Initiator der Rollenden Speisekammer ist Thomas Gschwandtner, dessen Projekt „Rollende Herzen“ – ein kostenloser Lebensmittelbus mit den Stationen im Pinzgau, Pongau und Tennengau – aufgrund der Quarantäne-Verordnungen eingestellt werden musste. Der Salzburger disponierte daraufhin um und setzte die Idee mit Partner Jure Mustac rasch um.
„Die Rollende Speisekammer bringt jene Lebensmittel zu den Salzburgern, die wir von den Supermärkten bekommen. Wir können daher nicht garantieren, womit die Kiste am nächsten Tag genau befüllt wird.
Auch Private und Bauern haben sich in der Zwischenzeit bei uns gemeldet und angeboten, dass sie uns einen größeren Einkauf spenden wollen“, sagt Organisator Thomas Gschwandtner. Zahlreiche Firmen und Vereine haben inzwischen mit großzügigen Spenden ebenfalls einen Beitrag geleistet.
Wie wichtig dieses Projekt ist, zeigt die hohe Nachfrage. Bereits am ersten Tag (31.3.) gab es laut Thomas Gschwandtner in den ersten zwei Morgenstunden rund 50 Anfragen.
Essen aus dem Verkaufsautomaten boomt
In Zeiten strenger Maßnahmen beweisen Nahversorger, Gastwirte und kleine Betriebe Einfallsreichtum. Sie setzen nun verstärkt auf Selbstbedienungsautomaten, wo sie frische Lebensmittel oder fertig zubereitete Speisen verkaufen – ohne mit ihren Kunden in Kontakt zu kommen.
Viele Kunden nutzen inzwischen diese Möglichkeit. Gleichzeitig können Betriebe den aktuellen Umsatzrückgang auffangen.
Ein Beispiel für eine gelungene Initiative ist der Automat des Gasthofes Pillgrab zur Linde in St. Valentin. Neben dem bereits bestehenden Eierautomaten wurde rasch ein weiterer Verkaufsautomat installiert, der viele köstliche hausgemachte Suppen und Hauptspeisen in REX Einmachgläsern anbietet.
Die Speisen werden fast ausschließlich aus regionalen Zutaten von Mostviertler Produzenten hergestellt, die somit ebenfalls ein Einkommen generieren können.
Im Mostviertel kaufen derzeit viele Menschen lieber beim Automaten. Das stellt auch Landwirt Gerhard Schedlberger fest, der bereits seit einigen Jahren über das Mostviertel verteilt Automaten betreibt. Er verzeichnet derzeit deutlich höhere Umsätze. „Wir haben mehr Arbeit als sonst“, sagt der Bauer. Bereits nach wenigen Stunden muss er die Automaten wieder nachfüllen.
In den Vitrinen befinden sich allerdings nicht nur Erzeugnisse vom eigenen Bauernhof in Haag, sondern auch von befreundeten Direktvermarktern. Ein sehr schönes Beispiel für eine erfolgreiche Liefergemeinschaft mehrerer Produzenten.
Die Krise mit dem Virus könnte auch ein Anschub sein, dass sich Konsumenten auf bäuerliche Direktvermarkter zurückbesinnen, meint Gerhard Schedlberger.
Selbstbedienungshütte statt Hofladen
Um Kunden kontaktloses Einkaufen zu ermöglichen, satteln einige Hofläden auf Selbstbedienung um. In der Selbstbedienungshütte des Ederhofes in St. Valentin können Kunden zum Beispiel von 8.00 bis 18.00 Uhr tiefgekühlte Burger-Patties, TK-Faschiertes, Frischfleisch vom Rind und Schwein (vakuumiert) sowie diverse andere Schmankerl kaufen.
Auch telefonische Vorbestellung und anschließende kontaktlose Abholung in der Hütte sind möglich.
Der Nahversorger als rollender Supermarkt
In Zeiten von Corona erhalten Nahversorger, die einzelne Produkte schon vor der Krise ausgeliefert haben, eine ganz neue Bedeutung. Schon seit Generationen beliefert etwa der Bäcker und Gemischtwarenhändler Johann Menzl Kunden mit Backwaren sowie sowie Mineral- und Sodawasser in der Region Niederleis (NÖ).
Jetzt in der Coronakrise aber ist Johann Menzl fast den ganzen Tag unterwegs und bringt alles ins Haus. „Die Kunden am Auto sind viel mehr geworden, weil sich viele fürchten, in die Supermärkte zu fahren. Mittlerweile läuft das Telefon heiß“, so Menzl.
Ein Zustell- und Abholservice bietet auch das Gasthaus Haselbauer an, das sehr gut angenommen wird. Als sehr positiv bewertet auch Bürgermeister Leopold Rötzer das Engagement: „Das Zustellservice der Bäckerei Menzl und des Gasthaus Haselbauer sind ein tolles Angebot der Hilfeleistung für die Versorgung der Gemeindebürger.
Regionale Nahversorger: Vom Hof zur Haustür
Da viele Kunden eine Ansteckung beim Einkauf im Supermarkt fürchten, wurde von „So schmeckt Niederösterreich“ die Initiative „Vom Hof zur Haustür“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, mithilfe eines Online-Verzeichnisses Kunden den kontaktlosen Einkauf beim Direktvermarkter, Hofladen, Bäcker oder Fleischhauer zu erleichtern.
Auf der Plattform sind niederösterreichische Selbstbedienungsläden und Automaten gelistet sowie regionale Produzenten angeführt, die Bestellungen mit anschließender Abholung, Versand oder Lieferung ermöglichen. Über 150 niederösterreichische Betriebe sind bereits Teil dieser Versorgungsbewegung.
„Auf frische regionale Lebensmittel müssen wir trotz Krise nicht verzichten, denn die Bäuerinnen und Bauern sichern auch jetzt die Nahversorgung, genauso wie viele Bäcker und Fleischhauer. Auch sie haben derzeit geöffnet, und viele von ihnen bieten innovative Liefer- und Abholservices an“ erklärt LH-Stv. Stephan Pernkopf.
Ähnliche regionale Online-Marktplätze haben auch andere Bundesländer gestartet. In Kärnten sorgt zum Beispiel die Plattform „Das pack ma“ für die Vernetzung von Kunden und Betrieben. Nahversorger und Unternehmen können sich unkompliziert eintragen und verschiedene Optionen (Lieferservice, Selbstabholung, Onlineshop, Gutscheinverkauf) übersichtlich darstellen.
Über die Suchfunktion können Kunden dann nach verschiedenen Kriterien (z.B. gewünschte Zustellungsart) sortieren und schnell einen passenden Anbieter finden. Mehr als 2.500 Betriebe sind bereits auf der Plattform vertreten.
Fazit: Nahversorger brauchen jetzt loyale Kunden
Viele Nahversorger bemühen sich um neue Vertriebswege und stellen auf Automaten, Lieferservices und Selbstabholung um. Auf Dauer können klein strukturierte Betriebe den aktuellen Umsatzrückgang aber nicht verkraften.
Entscheidend wird daher das Bekenntnis seitens der Konsumenten zu ihren lokalen Lebensmittelversorgern sein. Ob die Krise tatsächlich beim Konsumenten eine dauerhafte Rückbesinnung auf den Direktvermarkter bringt, wird die Zukunft zeigen.
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