Mobilitätsverhalten im Wandel: Mit Rad und Roller durch die Stadt
30.11.2023
Gesellschaft
30.11.2023
Gesellschaft
Umbrüche prägen das Mobilitätsverhalten in Städten. Zweiräder haben viele klimaneutrale und gesundheitliche Vorteile, die zur Erreichung des Green-Deals immer häufiger in umfassenden Konzepten eingebaut werden. Regelungen für Fahrräder sind klar und werden erweitert, Scooter und Leihroller verursachen jedoch Ärger bei den Menschen in den Innenstädten und den Kommunen.
Fahrräder sind das Mittel der Wahl, um sich in der Stadt zu bewegen, das vertieft beispielsweise dieser Beitrag zu den Qualitätskriterien städtischer Radwege. Welche Wege sind erfolgversprechend und wo werden Pedalritter unterstützt?
Was tun gegen den Wildwuchs von Zweirädern, die an Hausmauern lehnen, auf Gehsteigen liegen oder mit zu hoher Geschwindigkeit durch die Innenstädte rasen? Das Thema Zweiräder beschäftigt uns von Stadtmarketing Austria intensiv und wir zeigen in diesem Blog Best Practice-Beispiele aus Österreich und Konzepte bei Rollern.
Salzburg bezeichnet sich selbst als Radhauptstadt Österreichs. Der von der Radlobby Österreich durchgeführte Fahrradklima-Test bei dem über 3.000 Radfahrende aus 415 Gemeinden zu unterschiedlichen Radthemen in ihrer Stadt befragt wurden, bestätigt diesen Titel.
In der Stadt Salzburg werden täglich über 100.000 Fahrten mit dem Fahrrad zurückgelegt – immerhin 20% aller Wege der SalzburgerInnen. Die umfassende Radstrategie für Salzburg ist hier zu finden.
Die Stadt investiert zwei Millionen Euro jährlich und sorgt für sichere und attraktive Abstellplätze. Anhand dieser Studie sieht man Probleme und Lösungen.
Seit August 2018 ist in Klagenfurt das System nextbike in Vollbetrieb und Teil einer Gesamtstrategie für Mobilität. An mehr als 40 Standorten im Zentralraum Klagenfurt kann man Fahrräder rund um die Uhr ausborgen und an einer der nextbike-Stationen wieder abstellen.
Im Rahmen des ISR Förderprogramms (Intermodale Schnittstellen im Radverkehr) wurden von Seiten der Stadt Klagenfurt alle S-Bahn Haltestellen in Klagenfurt mit nextbike-Fahrradverleihstationen ausgestattet.
Gleichzeitig wurde in Kooperation mit der Tourismusregion und der Wörthersee-Schifffahrt das Fahrradverleihsystem auch auf die Wörthersee-Region ausgedehnt und in Nachbargemeinden Stationen errichtet. Derzeit stehen an 50 Stationen insgesamt 270 Leihfahrräder zur Verfügung. In den nächsten Jahren ist ein stetiger Ausbau der Verleihinfrastruktur geplant.
Im Juni 2021 hat eine „Planungsgruppe Radschnellverbindungen“ mit der Konzeption zur Umsetzung der ersten Hauptradrouten im Stadtgebiet von Klagenfurt gestartet. Dieses Konzept sieht die Umsetzung der ersten Radschnellverbindungen als eine West-Ost-Achse und eine Nord-Süd-Achse jeweils mit der Anbindung an den Innenstadtring vor. Den Masterplan Radfahren Klagenfurt finden Sie hier zum Download.
Klagenfurt hat 6 Zählstationen für Fahrräder: Als erste Erkenntnis zeigt sich, dass Werktage deutlich höhere Frequenzen aufweisen als das Wochenende. Dies zeigt, dass die Radwege nicht nur vom Freizeitradverkehr benützt, sondern vor allem von AlltagsradfahrerInnen unter der Woche (Berufs- und Ausbildungspendler, Erledigungsverkehr) besonders häufig genutzt werden.
Der Radmasterplan Klagenfurt – den auch die Umlandgemeinden unterzeichnet haben – sieht einen ständigen Ausbau radfreundlicher Maßnahmen vor. Ein Schlüsselprojekt ist die Übernahme der alten Eisenbahnbrücke bei Grafenstein als Anbindung zwischen Klagenfurt und dem bedeutenden Drauradweg ab der Eröffnung der Korlambahn 2025.
Aufgrund der landschaftlichen Verhältnisse sieht der Radmasterplan für Innsbruck einige Besonderheiten vor, die neben der täglichen Fahrradrouten in der Innenstadt vor allem auf das Freizeitverhalten abzielen. Die passende Route für individuelle Radansprüche bietet das Radrouting Tirol.
Das Tool findet MTB-Routen, Singletrails, Radwanderwege und Rennradrouten für unterschiedliche Bedürfnisse, bei dem ebenso das innerörtliche Radwegenetz berücksichtigt ist. Mehr als 700 offiziell freigegebene Strecken sind mit Routenbeschreibungen, Schwierigkeitsgraden, Fahrzeiten, gpx-Tracks und umfangreichen Bildmaterial für jede Route erfasst.
Es ist Teil des Masterplans für Fahrräder in der Tiroler Landeshauptstadt.
Alle Kommunen haben dieselbe Herausforderung, wenn es darum geht die Fahrräder ordentlich und sicher zu parken. Fahrradboxen oder Fahrradgaragen sind ein innovatives Konzept zur Unterstützung und Förderung nachhaltiger Mobilität in Gemeinden und Städten. Die Fahrradboxen mit einer smarten App-Lösung schützen vor Diebstahl, Vandalismus und Witterung.
20 Fahrradabstellplätze für 3 PKW-Stellplätze kann man problemlos auf die freie Querparkfläche stellen. Der Altstadtverband Salzburg bietet Fahrradboxen, verschließbare Abstellplätze und Zugang zu einem Fahrradkeller zur Miete an.
Andreas Knoll von Kan-consulting ist mit Mobilitätskonzepten befasst und sieht die aktuelle Situation kritisch. „Fahrradparken entwickelt sich in Österreich sehr schwerfällig. Das Thema Fahrrad sicher einstellen ist bekannt, jedoch werden derzeit Investitionen aus dem vorhandenen Budget in Städten und Kommunen sowie in Unternehmen für andere Projekte (gewinnbringende Projekte) umgesetzt.
In Deutschland erhalten Kommunen und Städte bis zu 90% gefördert. Somit ermöglicht man eine flächendeckende Umsetzung in den Städten. Dies würde auch in Österreich ein Thema sein, das durchaus angesprochen werden sollte.
Ich denke, eine Stellungnahme in Bezug auf Förderung und der Unterstützung von Land und Bund ist für ein funktionierendes, sicheres Fahrradparken in Zukunft entscheidend – ein Umdenken wird somit angeregt.“
Für jedes Fahrrad gibt es eine eigene Box, das über eine Laufschiene eingeparkt wird. Bei zweistöckigen Boxen unterstützt eine Gasdruckfeder das komfortable Ein- und Ausparken in der oberen Etage. Platz für Helm, Jacken oder Taschen ist ebenfalls vorhanden.
Ein PKW-Stellplatz weniger schafft Platz für bis zu 10 Fahrräder. Fahrradboxen und Fahrradgaragen werden von klimaaktiv BMK gefördert. Die Förderung gilt für überdachte und versperrbare Radabstellanlagen. Die Stadt Wels hat rund um den Bahnhof Boxen, Garagen und eine Parkanlage samt Servicestation im Parkhaus.
An 56 ÖBB Bahnhöfen in Niederösterreich und im Burgenland betreibt der ÖBB Partner nextbike Rad-Verleihstationen. Eine einmalige Anmeldung über die nextbike-App ist erforderlich. Sonst ist es jederzeit möglich, Fahrräder im Zug mitzunehmen, wenn sie die Standardmaße nicht überschreiten und man ein Rad-Ticket gelöst hat.
Falträder können zusammengelegt wie Gepäck kostenlos mitgenommen werden, ausschließlich elektrisch angetriebene Fahrzeuge können nicht mit dem Zug fahren.
Wichtig ist es zu wissen, dass man im Nahverkehr, also Cityjet Xpress, Regionalzug, Regionalexpress und S-Bahn, ein Fahrrad gerne mitnehmen kann, wenn es genügend freie Stellplätze gibt. Hierbei kann man keinen Platz für das Rad reservieren.
Im Haltestellenbereich öffentlicher Verkehrsmittel darf man Fahrräder nicht abstellen, außer wenn dort ein Fahrradabstellplatz vorhanden ist. In Fußgängerzonen, in denen das Radfahren nicht erlaubt ist, darf man ein Fahrrad schieben und nun auch während des ganzen Tages abstellen.
Bei E-Kleintretrollern in Österreich gelten im Wesentlichen die Bestimmungen für das Fahrrad im Sinne der StVO. Die Dauerleistung des Fahrzeuges darf dabei 250 Watt Nenndauerleistung nicht übersteigen und die Bauartgeschwindigkeit nicht höher als 25 km/h sein.
Im Jahr 2019 haben wir in diesem Beitrag zum steigenden Boom dieser Zweiräder von Stadtmarketing Austria berichtet.
Immer mehr E-Scooter sind auf Österreichs Straßen zu sehen. Die Zahl der Verletzten nach Unfällen mit E-Rollern hat sich 2021 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt. Im Jahr 2021 hat man 2.700 Unfälle mit Krankenhausbehandlung gezählt. ExpertInnen fordern strengere Regeln und Kontrollen.
Die Firmen planen, über spezielle Software, E-Scooter-Sünder leichter zu entlarven und die Kommunen ringen nach Lösungen. Andreas Knoll: „Konkrete Abstellplätze mit der Anregung auf Benefits (Einkaufsgutscheine, Dienstleistungen in der eigenen Stadt,….) würden den Wildwuchs durch zur Verfügung gestellter Flächen verringern.“
Seit 19. Mai 2023 gelten in Wien strenge Regeln für das Abstellen von Leih-E-Scootern. Man muss sie vorrangig auf besonders gekennzeichneten Flächen abstellen. Diese sind rot markiert und bieten Platz für 8 bis 10 Leih-E-Scooter. Im Umkreis von 100 Metern rund um diese Flächen ist das Abstellen nicht erlaubt.
Außerhalb des Umkreises müssen Sie Leih-E-Scooter in der Parkspur abstellen, in Grünflächen ist das Abstellen nicht erlaubt, zudem gibt es Abstellverbotszonen. Die Parkraumüberwachung (MA 67) der Stadt Wien überprüft, ob diese Vorschriften eingehalten werden.
Falsch abgestellte Leih-E-Scooter müssen folglich von den Betreiberfirmen unverzüglich nach der behördlichen Verständigung entfernt und verordnungskonform abgestellt werden.
In Linz wurden Scooter-Sheriffs in Parkverbotszonen eingesetzt, konnten sich aber nicht völlig durchsetzen. Daher wurden im heurigen Frühjahr 109 fixe Verleihstationen für rund 950 Scooter in der Innenstadt eingeführt.
Alle drei Verleihfirmen von E-Scootern verpflichten sich für einen neuen Vertrag, dass diese Hotspots in der Innenstadt und ihre Regeln eingehalten werden – mit Erfolg bei Disziplin und Steuerungsmöglichkeiten, wie erste Ergebnisse zeigen.
Diesem Beispiel folgt die Stadt Wels, wo man rund 300 Gefährte ausborgen kann. Es geht nicht um ein allgemeines Verbot der Scooter, sondern ein Bonus-System durch die Anbieter ist angedacht.
Denkbar ist auch, das Abstellen der Roller im 100 Meter Umkreis nicht möglich zu machen, indem der Taxameter solange weiterläuft, bis der/die NutzerIn das Gefährt richtig parkt. Die Verhandlungen laufen, denn mögliche Abstellflächen in der Innenstadt sind begehrt von Veranstaltungen und Gastronomie.
Zweiräder jeglicher Art brauchen also klare Regulative – die Umsetzung liegt bei den Kommunen, der Politik, den PlanungsreferentInnen und der Exekutive. Es braucht vor allem auch die Bereitschaft aller Beteiligten, für Räder und Roller praktische Lösungen zu finden, die Sicherheit und Flexibilität schaffen.
Titelbild (c) Arnold Poeschl
Warum sich bereits mehr als achtzig Standorte in Österreich als Mitglieder beim Dachverband Stadtmarketing Austria austauschen?
Weil wir gezeigt haben, dass „Miteinander“ mehr bringt. Im Miteinander machen Sie für Ihren Standort das Mögliche zum Machbaren. Wir unterstützen Sie dabei mit Know-how, das sich in der Praxis bewährt hat, mit Weiterbildung, die neue Perspektiven eröffnet sowie mit Erfahrungsaustausch, der Sie in Ihrer Rolle stärkt.
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