Migration und menschliche Würde: Doraja Eberle im Gespräch
11.09.2018
Gesellschaft
11.09.2018
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Journalist Michael Kerbler im Interview mit der gebürtigen Salzburgerin Doraja Eberle, einer ehemaligen österreichischen Politikerin (ÖVP) und Gründerin der humanitären Hilfsorganisation Bauern helfen Bauern über Migration, Flucht und menschliche Würde.
Doraja Eberle: Im Nachhinein ja. Damals war das einfach Krisenmanagement. Runterfahren, sehen, was die Menschen brauchen, die mir da alle entgegengekommen sind. Also bin ich davon ausgegangen, dass sie flüchten müssen und habe auch oft den Satz auf Deutsch aufgeschnappt: „Wir möchten nicht weg, wir wollen ein Dach über dem Kopf.“
Dieser Satz, dieser Wunsch nach dem Dach über dem Kopf war dann eigentlich der Auslöser dafür Häuser – einfache Häuser – für diese Menschen zu bauen. Es gab damals zwar ein Dach über dem Kopf als die Flüchtlinge zurück sind. Aber das waren Zeltdächer oder Containerdächer. Etwas anderes gab es nicht.
Oder die Ruine des eigenen Hauses. Wir haben diese Häuser „Kabrio“ genannt, weil es kein Dach gegeben hat. Aber das war der Auslöser.
DE: … selber gebaut. Die ersten Häuser haben wir selber gebaut. Heute lassen wir die Häuser bauen.
DE: Ja, natürlich war das die Befürchtung. Das ist eines der vielen, vielen, vielen Wunder von „Bauern helfen Bauern“, dass von den 1.262 Häusern – das 1.262ste wurde letzten Freitag übergeben – nur ein einziges zerstört wurde. (Übrigens: das 1.262ste Haus hat die Kleßheimer Landwirtschaftsschule gebaut.)
Nur ein einziges Haus, das geschah letztes Jahr, ist abgebrannt, weil jemand mit der Zigarette eingeschlafen ist. Keines unserer Häuser ist je durch Kriegshandlungen beschädigt worden. Und die Front ist immer wieder über unsere Häuser gegangen, 1992, 1993, 1994, hin und her – nicht ein einziges unserer Häuser wurde weggenommen oder beschädigt.
DE: Ja. Das haben wir von unseren Eltern mitbekommen. Wenn man zehn Geschwister hat, dann redet mal nicht viel drüber, dann muss man zurückstecken und teilen und geben, obwohl ich das eigentlich nie so gerne wollte, aber ich musste das tun. Und dann war das auch mein Beruf: Sozialarbeiterin.
Meistens wird man Sozialarbeiterin, um sich selber irgendwie zu helfen oder selber sein Leben ein bisschen in den Griff zu kriegen. Aber ich habe einfach gesehen, eigentlich erst als ich Sozialarbeiterin war, dass ich ein unheimlich privilegiertes Leben hatte.
Das heißt die Gnade meiner Geburt habe ich erst dann verstanden, wie ich das erste Mal in meinem Leben in der Sozialarbeit mit Schwächeren zu tun hatte und draufgekommen bin, dass eigentlich der Großteil der Menschen anders lebt oder nicht so privilegiert ist wie ich. Und dann ist das eigentlich selbstverständlich, dass man sagt, ich gebe ohne selber dabei arm zu werden.
Geben hat mich nie ärmer gemacht, im Gegenteil. Aber es hat mir ermöglicht andere Menschen auf Augenhöhe zu bringen. Und darum geht es. Heute würde man dazu „die gerechte Verteilung“ sagen. Aber das war es.
DE: Ein Dach über dem Kopf, Arbeit und Familie. Das sind drei Dinge, die ich selbst erlebt habe, auch in der eigenen Familie und das ist ja manchmal bedroht, wenn man jemanden verliert in der Familie. Und es gibt ja auch in unserer Familie viele, die arbeitslos sind, zeitweise.
Das ist das Maximum an Verlust der Würde, wenn ich diese Dinge verliere. In Srebrenica und Bosnien habe ich ganz oft erlebt, was es bedeutet, wenn Familie nicht mehr existiert, wenn Mann und Kinder umgebracht werden und, und, und …. Auch jetzt, wenn ich in dem Land und in dem Ort bin, wo ich arbeite, wird mir das bewusst.
Dort haben wir 90 Prozent Arbeitslosigkeit. Das raubt jedem die Würde. Da können wir doch so viel tun ohne dass es uns wehtut. Aber die Erfahrung muss man einmal machen. Das ist ja unsere Angst im Moment, jemand nimmt uns etwas weg.
DE: Ja, schon. Also ich brauche Vorbilder. Nicht in allem, nicht in allen Bereichen und ein Mensch ist auch nicht zu 100 Prozent ein Vorbild. Sondern ich pflücke mir da die Rosinen heraus. Mutter Theresa ist eine davon. Gandhi, Nelson Mandela, das sind alles ganz große Leute.
Aber es gibt auch viele Vorbilder, die ich in den letzten Jahren kennengelernt habe, sowohl in Bosnien als auch hier. In der Zeit der Flüchtlingskrise – ich mag das Wort Krise nicht so – habe ich viele Menschen gesehen, die Unglaubliches leisteten und zu denen wir aufschauen können.
Ein Vorbild ist für mich wie ein Ast, ein Felsen, wo ich mich persönlich anhalten kann, um nicht ins Wanken zu kommen. Ja, ich brauche das.
DE: Ja, ist mir natürlich unangenehm. Weil: Mutter Theresa steht über vielem, sie wird auch sehr kritisiert in vielen Dingen. Aber manchmal freue ich mich darüber, weil ich mir denke, sie ist für mich so eine „outstanding“ Person und dass es noch lange braucht bis ich dort hinkomme.
Was wir gemeinsam haben ist dieser Dienst um den Nächsten, jemanden auf Augenhöhe zu holen. Und da habe ich viel gelernt. Ich war ja drei Monate mit ihr persönlich zusammen und habe zugeschaut, wie sie arbeitet. Und sie ist nicht die personifizierte Heilige mit Heiligenschein und Flügeln.
Im Gegenteil, ich habe sie als knallharte Managerin erlebt. Das hat mir so gefallen an ihr. Und auch das habe ich gelernt von ihr, dieses managen in Liebe. Mutter Theresa hat für mich so eine Revolution der Menschlichkeit ausgelöst. Wenn sie da war, hat sie alle in den Bann genommen und das hat mir gefallen.
DE: Absolut. Für mich gab es zwei Auslöser. Das eine Mal war, wie ich Sozialarbeiterin geworden bin und dann begonnen habe zu arbeiten in einem Mädchenwohnheim. Damals hieß das Wohnheim „für schwererziehbare Kinder“. Damals ist mir bewusst geworden – und das war mir völlig fremd, so wie ich aufgewachsen war –, das Meine zu schätzen.
Die Gnade der Geburt, wie ich das vorher gesagt habe. Und das Zweite war definitiv Bosnien. Was es bedeuten kann alles zu verlieren. In einem Land 45 Flugminuten von Wien entfernt. Diese Fremde ist überhaupt nichts Fremdes. Diese Menschen haben Familien, sie lieben, sie hassen, sie trauern, sie weinen, sie lachen – so wie wir.
Es trennt uns die Sprache, vielleicht manchmal die Religion, die uns aber nicht trennt, sondern die anders ist. Da ist diese unbeschreibliche Dankbarkeit gekommen und mein Aufhören zu jammern. Da wusste ich, wo ich zuhause bin, wie ich das gesehen habe.
DE: Ich verstehe das unbeschreiblich gut, wegen meiner Erfahrungen in Bosnien, was ich in Bosnien erlebt habe. Und jetzt erlebe ich ja auch die, die wieder zurückgekommen sind. Heimat und dieses Nachhause kommen, dorthin, wo man die Wurzeln hat, wo man einen Namen hat, wo man Identität hat, ist immer stärker, als das Weggehen. Jeder hatte Heimweh.
Wir treffen so viele Menschen, die lange in Schweden waren, in Australien, in Amerika, die jetzt nachhause kommen und die sagen: Das Heimweh hat uns umgebracht. Ich verstehe, wenn es gar nicht mehr geht – aus welchen Gründen auch immer – dass man geht.
Ich würde nicht mehr urteilen und sagen die sollen gefälligst zuhause blieben, auch wenn ihnen die Bomben um die Ohren fliegen oder das Land vermint ist. Ich kann das nicht mehr so beurteilen. Ich habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass nicht einer zurückgekommen ist, der nicht gesagt hat, ich bin vergangen vor Heimweh.
DE: Ja. Ich würde das heute genauso beantworten. Damals wussten wir noch nicht, was auf uns zukommt 2015, 2016 und 2017. Ich würde das wieder genauso beantworten. Ja, wir befinden uns in einer Schieflage und ich glaube aus vielen Gründen, dass das Boot zugleich voll ist und nicht voll ist. Was meine ich damit?
Voll ist es nie, wenn ich mich umschaue, ich wohne in einem Haus, wir wohnen zu dritt hier, da kann man immer sagen, da haben noch 50 Menschen Platz. Wenn sie am Boden liegen, ja natürlich. Über die Konsequenzen brauchen wir nicht reden. Wenn ich auf der anderen Seite sage, das Boot ist voll, dann meine ich, dass wir nicht gut in Integration sind. Wir können es noch nicht.
Ehrenamtlich Tätige können es, aber der Staat kann es noch nicht und die Politik kann es noch nicht. Und ich würde auch niemanden in unser Land holen wollen – aus welchen Gründen auch immer -, wenn wir nicht so mit ihnen umgehen, dass sie auf Augenhöhe sind, dass sie eines Tages ihren Lebensunterhalt selber bestreiten können, dass sie dieselben Rechte, Pflichten und Würde haben wie wir.
So weit sind wir noch nicht und deshalb sage ich, diesbezüglich ist das Boot voll. Was aber den Platz und das Teilen betrifft sind wir noch lange nicht voll.
DE: Um den Wähler zu befriedigen. Es klingt jetzt ganz komisch, aber die Politik glaubt im Moment, da braucht man nur nach Deutschland schauen, solange man die subtile Angst aufrecht hält, dann bekommt man die Wählerstimme. Sonst bekomme ich sie nicht. Und das ist fatal, was da passiert.
Wir leben in Österreich und ich sage das auch immer in meinen Vorträgen oder ich frage Menschen bei den Vorträgen und da kommt genau das, was Sie jetzt gesagt haben. 350.000 Menschen sind durch Salzburg gegangen von Anfang September bis Anfang März. Das sind unbeschreiblich viele Leute, 350.000! Ein Teil ist geblieben.
Und wenn ich dann die Menschen bitte ihre Hand zu heben und meine erste Frage dazu lautet: wie viele Flüchtlinge habt ihr gesehen? Dann werden ganz wenige Hände gehoben. Vielleicht, wenn jemand ein Pendler ist, dann hat er sie am Salzburger Bahnhof gesehen. Sonst haben wir es geschafft sie wunderbar abzuschirmen.
Meine zweite Frage lautet: wer von diesen 350.000 und denen, die im Land geblieben sind, hat euch einen Arbeitsplatz weggenommen? Hat euch keinen Kindergartenplatz ermöglicht? Hat eine Operation, die ihr so dringend braucht, nicht möglich gemacht? Wer hat euch persönlich bedroht? Und es zeigt niemand auf.
Und an dem sehe ich, dass da eine Angst ist, die geschürt wird, die wir nicht haben müssen. Und das finde ich so gefährlich und in dieser Zeit will ich nicht leben. Umso mehr mobilisiere ich alle Kraft, die ich habe und dachte, dass sie eigentlich mit mir in Pension gegangen ist, um dem entgegenzuwirken, weil es nicht bedrohlich ist. Weil es nicht bedrohlich ist.
DE: Ich bin immer für Drei-Plus-Zwei gewesen! Schon bevor jemand auf die Idee gekommen ist. Einfach aus meiner Erfahrung in Bosnien. Ich habe gesehen, was es bedeutet, eine zusätzliche Sprache gelernt zu haben im Ausland, egal, ob das Englisch oder Deutsch ist.
Dann in das Land zurückzukommen, große Chancen im eigenen Land haben, weil sie etwas gelernt haben, was ihnen ihr Land nicht angeboten hat oder nicht anbietet. Und das sind diejenigen, die das Land jetzt vorantreiben, das sind die Menschen, für die ich jetzt Häuser baue.
Ich erlebe das jeden Tag. Zweisprachig, dreisprachig zu sein, das ist ja etwas! Wenn wir ein ehrliches Interesse hätten, dass diese Menschen wieder nach Hause gehen, nach einem Asyl auf Zeit, ein ehrliches Interesse, dass sie diesem Land dienen, würde uns es ermöglichen weniger Entwicklungshilfe zu geben. Das ist ja eine Milchmädchenrechnung.
Und wir haben kapitale junge Leute hier. Ich weiß das, weil ich im Vorstand von „Rettet das Kind“ sitze, und wir sehr vielen unbegleiteten Minderjährigen auf die Beine geholfen haben.
Die Betreuer dort sagen diese Jugendlichen legen ein Tempo vor etwas zu lernen, dass ganz viele Lehrstellen in der Umgebung Visitkarten bei uns abgeben und sagen, wenn ihr das Gefühl habt, dass da einer dabei ist, der meinen Betrieb bereichern würde, bitte meldet euch, wir finden niemanden.
Und das ist noch etwas, was fast niemand weiß. Die bosnische Diaspora, Menschen, die geflüchtet sind und im Ausland geblieben sind, schicken zwei Milliarden Euro jährlich nach Bosnien, damit ihre Eltern und Großeltern dort überleben können.
Ich finde das deshalb so wunderbar, weil diese Menschen ein Auskommen haben und nicht wieder flüchten müssen und nicht wieder zu uns kommen. Also: das ist doch eine Win-Win-Situation.
Wir brauchen die Menschen hier. Auf der einen Seite bedeutet Drei-Plus-Zwei wir bilden sie aus und sie gehen in das Land zurück und sind jemand und können das Land aufbauen. Und auf der anderen Seite müssen wir auch Drei-Plus-Endlos sagen, weil wir doch diese jungen Leute, die noch voller Energie und Kraft sind, auch brauchen. Ich kann da kein Argument in der Politik verstehen.
DE: Ja! Ja, wir haben. Mitgefühl, Barmherzigkeit sind Wörter, die mich im Moment sehr beschäftigen. Auch Gleichgültigkeit. Ich möchte nie so weit kommen, ich persönlich Doraja Eberle, gleichgültig zu werden gegenüber der Not und dem Leid anderer Menschen. Völlig egal ob das in Grödig, in Bosnien, in Damaskus, in Afrika ist, ich möchte nicht gleichgültig sein.
Ich muss ehrlich sein. Seit dem Bosnienkrieg habe ich viel erlebt, ich bin auch härter geworden im Sinne von „Ich lass mich nicht ausnützen“, aber es bricht mein Herz, wenn ich mir anschaue, was im Mittelmeer passiert oder passiert ist, dass man Menschen verbietet zu retten.
Das ist die größte Form an Dekadenz und Mangel an Barmherzigkeit. Wir loben uns immer als christliches Abendland und dann frage ich mich, wo verkaufen wir dieses Produkt, auf welchem Markt, wenn es auf Leben und Tod geht. Da geht es um Leben und Tod, wenn wir auf Menschen schießen, nur um sie abzuschrecken, dass jemand kommt.
Und da kann ich als Christ, als Mensch mit einer Seele und einem Herz, da kann ich nicht mehr mit! So weit darf es nicht kommen!
Es steht niemand mehr auf und sagt: Ihr habt eine Grenze überschritten, soweit darf es nicht gehen. Niemand traut sich mehr. Und diese Stimme möchte ich immer behalten und ganz laut sagen, was ist, ob das jetzt das Flugzeug ist, das gestern abgestürzt ist oder die Bilder, die ich bekommen habe von Menschen, die an der kroatischen Grenze schwerst misshandelt worden sind.
Jeden Abend, wenn ich ins Bett gehe muss ich mich fragen, was ist heute passiert, damit ich noch empathisch bleiben kann.
Ich kann mich erinnern an eine Diskussion, die ich nie vergessen werde, mit der AfD, in der entweder Frau Petry oder die Abgeordnete Storch gefragt worden sind, ja was soll man denn machen an den Grenzen, soll man schießen? Und diese Person hat JA gesagt!
Und die zweite Frage war, auch auf Frauen und Kinder? Und die Antwort war, JA, wenn es sein muss! Das zieht mir den Boden unter den Füßen weg und ich glaube gerade bei diesem Thema, dass es ganz wenige sind, die so denken. Aber die sind lauter wie wir!
Da gibt es diesen wunderschönen englischen Satz, der übersetzt so heißt: Das Böse oder Schlechte nimmt zu, wenn die guten Menschen nichts mehr tun. „When good people do nothing“. Deshalb denke ich mir, ich möchte nicht zur anderen Seite gehören. Ich möchte nicht nur tun, sondern ich möchte auch meine Stimme erheben und laut sein.
DE: Ich habe das mit dem Parlamentspräsidenten besprochen in einer Sitzung hier in Salzburg, wo ich das auch in der Öffentlichkeit gesagt habe, ich leide so darunter, dass meine Partei, für die ich auch sieben Jahre meine Zeit gegeben habe und die ich gewählt habe und hoffentlich auch noch weiter wählen werde, in eine Richtung geht, die ich nicht….
Ich sagte damals: Mir fehlt einfach eure Achtung vor der Würde. Und das hat viel Staub aufgewirbelt. Ich wurde daraufhin eingeladen zu einem christlich-parlamentarischen Frühstück ins Parlament als Key-Note-Speaker. Und da habe ich sehr wohl die Möglichkeit auch in der Öffentlichkeit zu sagen, wie mir das gegen den Strich geht.
Aber ich möchte nicht immer dagegen sein, sondern ich möchte auch sagen, was man dagegen tun kann. Und das ist eben aufzuzeigen und das ist Menschenleben zu retten und das ist die Würde des Nächsten hochzuhalten.
Mir hat ein 16-jähriges Mädchen vor zwei Jahren geschrieben. Danke, dass du mich nach Bosnien mitgenommen hast. Es ist das erste Mal in meinem Leben, dass ich das Gefühl hatte gebraucht zu werden.
Dieser Satz hängt mir so nach, weil ich mir denke, das ist meine Aufgabe in meinem winzig kleinen Bereich Menschen hinzuführen und zu sagen, schau einmal, was hier passiert ist. Und was können wir tun, damit so etwas mitten in Europa nie wieder passiert?
DE: In Bosnien zum Beispiel. Das war körperlich so anstrengend, dass ich gestern Abend fast nicht mehr stehen konnte. Ich bin einfach schon in einem Alter, wo das nicht mehr funktioniert, dass man 15 Stunden am Tag bei einer Hitze von 40 Grad herumwerkt.
Aber wenn man dann sieht, dass eine Saat aufgeht, die wir ja bewusst gesät haben, nämlich dass über alle ethnischen Grenzen die Kinder wieder zusammenkommen, Kinder von Eltern, die sich gegenseitig die Kinder umgebracht haben. Wenn das dann funktioniert, wenn es dann Abschiedsszenen gibt, wo du sagst, wir wissen gar nicht mehr, kommt der aus Bosnien, kommt der aus Serbien, woher auch immer, dann geht die Saat auf.
Und wenn dann auch noch ein Gerald Wirth (künstlerischer Leiter der Wiener Sängerknaben) sagt, ja da komme ich hin, weil das seid ihr mir wert! (Anm.: Doraja Eberle lächelt dabei über das ganze Gesicht und hat die Arme ausgebreitet. Dann wird sie ernst.)
In der aktuellen großpolitischen Lage, von Trump angefangen bis Orban und noch weiter darüber hinaus, habe ich das erste Mal in meinen 64 Jahren – und davon bin ich, sagen wir, 40 Jahre aktiv -, habe ich das erste Mal in meinem Leben das Gefühl, dass ich durch mein Zutun in meinem winzig kleinen Bereich etwas nicht mehr zum Positiven verändern kann.
Das erschreckt mich wahnsinnig. Und da merke ich, dass das eine Müdigkeitserscheinung ist, wo ich neigen würde dazu zu sagen, dann mache ich es gar nicht mehr. Dann melde ich mich jetzt nicht mehr zu Wort, dann schluck ich es runter. Und das ist der Augenblick, der mich motiviert zu sagen: NEIN Doraja, dorthin will ich nicht kommen.
Manchmal weiß ich nicht, ob ich da noch mitkomme. Dann fahre ich nach Bosnien und ich sehe die kleine Gruppe dort und dann denke ich mir, nein, es ist es wert. Und wenn dann ein hoher Repräsentant sagt, Doraja, ihr habt den Ton in Srebrenica verändert, dann denke ich mir eine Pipi-Gruppe aus Grödig kann einen Platz, an dem ein Genozid verübt wurde, verändern.
Wenn ein paar Kinder musizieren und wir es schaffen, dass die Kinder, ohne auf ihre Herkunft zu achten, eine Gruppe werden, dann ist es das alles wert gewesen. Und dass es weiter geht. Das haben auch alle beim Interview gefragt: was ist das nächste Projekt? Ich weiß es nicht, ich weiß nicht, was das nächste Projekt ist.
DE: Auch ich danke Ihnen!
Eine Weiterführung des Interviews finden Sie hier.
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