Leistbares Wohnen: Wie teuer darf Wohnraum sein?

18.09.2018
Wohnen

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Leistbaren Wohnraum schaffen bleibt die Herausforderung von Kommunen in den nächsten Jahren. Das sind die Trends.

FinanzexpertInnen empfehlen mit 50 Prozent des Nettoeinkommens sämtliche Kosten zu decken: Damit gemeint sind sämtliche gleich bleibenden Monatsausgaben von der Miete bzw. dem Wohnkredit über Strom, Gas und Betriebskosten bis hin zu Lebensmitteln sowie Telefon- und Internetgebühren, Leasingverträge oder Versicherungen.

Die Wohnungskosten sollten in dieser Berechnung maximal 30 Prozent betragen. Die Statistik Austria legt dafür einen Soll-Wert von 25 Prozent des Nettoeinkommens fest.

Gerade für allein Erziehende wird das knapp: 25 Prozent der Einelternhaushalte müssen im Monat mit 1.800 Euro ihr Auslangen finden und der Median mit 2.483 Euro. Auch bei Durchschnittseinkommen pro Familie wird das 25-Prozent-Konzept zur Utopie. Denn während die Mieten und Immobilienpreise weiterhin steigen, sind die Realeinkommen ziemlich gleich geblieben.

Dieses liegt derzeit im Median aller Haushalte bei 3.046 Euro monatlich, und bei einem Viertel der gesamten Haushalte bei 1.874 Euro monatlich. Ausgehend von den empfohlenen 25 Prozent der Statistik Austria, dürften die Wohnkosten damit im letzteren Fall nicht mehr als 469 Euro monatlich betragen.

 

Über ein Drittel des Netto-Einkommes für Wohnen

Der Traum vom Eigenheim bleibt heute für die meisten nur ein Traum.

Was geben die Österreicher also tatsächlich für das Wohnen aus? Laut des Erschwinglichkeitsindexes des Online-Immobilienportals ImmobilienScout24 mussten die ÖsterreicherInnen im Jahr 2017 schon 35 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens für ihr Heim – im Eigentum oder Miete – budgetieren. Im Jahr 2014 waren es noch 31 Prozent. Neben- und Betriebskosten kommen dabei übrigens noch dazu.

Im vorigen Jahr wurde also um vier Prozent mehr für das Wohnen ausgegeben als drei Jahre davor. Eine gebrauchte Wohnung in Österreich kostete 2017 im Schnitt rund 3.590 Euro pro Quadratmeter, eine neue 4.660 Euro.

In Tirol und Salzburg schlagen sich die Preise besonders zu Buche: 42 bzw. 36 Prozent des Nettoeinkommens werden in diesen westlichen Bundesländern für das Wohnen aufgebraucht.

Am günstigsten lebt es sich in der Steiermark mit einem Anteil von 23 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens, im Burgenland mit 24 Prozent, in Oberösterreich mit 27 Prozent und in Kärnten mit 28 Prozent.

Günstiger wird es in den peripheren Gegenden: So liegt der Wohnkostenanteil etwa in Gmünd, Waidhofen/Ybbs oder Zwettl, in Freistadt oder Rohrbach bzw. im steirischen Murtal nur bei etwa 15 Prozent oder sogar darunter. Aktuell kostet etwa ein gebrauchtes Haus in Gmünd nur 820 Euro pro Quadratmeter, in Waidhofen/Thaya 960 Euro pro Quadratmeter und in Rohrbach rund 1.250 Euro pro Quadratmeter. Im Österreich-Schnitt muss man 2.370 Euro pro Quadratmeter berappen.

 

Gemeinnütziger Wohnbau als Chance

Der 2. Bauabschnitt in der Grazer Waagner-Biro-Straße wird mit 88 Wohnungen und einer Kinderbetreuungseinrichtung (Kindergarten und Kinderkrippe) im Herbst von der ÖWG fertig gestellt. Der Baukostenbeitrag liegt zwischen 6.800 und € 12.600 Euro, die Miete zwischen 550 und 890 Euro. (c) ÖWG

Angesichts des immer größer werdenden Mangels an Grundstücken in Zusammenhang mit den steigenden Immobilienpreisen wirft sich die Frage auf: Wie lässt sich Wohnraum nun noch effizient und möglichst kostengünstig planen? Der kommunale Wohnbau ist für GeringverdienerInnen oft die einzige Chance.

Während Wien etwa im Sozialen Wohnbau international als Vorbild gilt – 220.000 Wohnungen in Gemeindebauten sind im Besitz der Stadt – geht das Angebot an solchen Neubauten stetig zurück. So wurden in den 90er-Jahren noch 70 bis 80 Prozent der Neubauten kommunal errichtet, heute sind es nur mehr 40 Prozent.

Hier ist die Politik gefragt, Handlungsschritte zu setzen: Derzeit orientiert sich der Wohnungsmarkt mit seinen explodierenden Wohnungspreisen vor allem am Interesse der InvestorInnen. Wohnen sollte jedoch für alle leistbar sein – und bleiben. Der gemeinnützige Wohnbau ist dafür fast die einzige Option.

Seit Jahren steigen in den Städten und größeren Gemeinden die Grundstückspreise. Ein Ende dieses Höhenflugs ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht in Sicht.

Christian Krainer, Vorstandsdirektor, Obmann und Geschäftsführer der ÖWG Wohnbau in Graz und Repräsentant des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen, weist auch auf die drastisch gestiegenen Baukosten hin, die mitunter auch wegen der immer strengeren Baunormen weiter nach oben klettern.

„Leider sind einige dieser allgemein gültigen Vorschriften in konkreten Projekten sinnlos“, so Krainer, „Da wird oft über das Ziel hinausgeschossen.“ Durch den steigenden Kostendruck mussten nicht zuletzt Kommunen die Betriebskosten etwa für Wasser und Müll deutlich anheben, was das Wohnen insgesamt gleich noch teurer macht.

 

Grundstücke auf Vorrat kaufen

Gemeinnütziges Wohnen im Eigentum in der Flurgasse in Graz. Nur sieben Wohneinheiten in der Größe von 57 m² bis 108 m² sind auf insgesamt drei Ebenen aufgeteilt. Die Kosten belaufen sich je nach Wohnungsgröße auf 197.000 bis 430.000 Euro. (c) ÖWG

Der gemeinnützige Wohnbau funktioniert per se dadurch, dass mit den Wohnprojekten keine Gewinne erwirtschaftet werden dürfen. „Damit sind gemeinnützige Wohnungen eben gut um 20 Prozent oder mehr günstiger als andere.“

Kommunen und gemeinnützige Bauträger hätten auch die Möglichkeit, Grundstücke „auf Vorrat zu kaufen“, wenn sie – gerade in stadtnahen Gebieten – am Markt noch vergleichsweise günstigere Preise erzielen. Dabei gilt: „Je größer die Fläche ist, umso günstiger wird es.“

Im Flächendwidmungsplan verankern

Da es Krainer als Aufgabe des gemeinnützigen Wohnbaus sieht, leistbare Wohnungen für etwa zwei Drittel der Bevölkerung zu errichten, besteht Handlungbedarf, um dieses System beibehalten zu können.

Ein Trend zeichnet sich bei der Flächenwidmung ab. „In Graz haben wir begonnen, dass neue Grundstücke zumindest zu einem gewissen Prozentsatz für den gemeinnützigen Wohnbau vorbehalten sind.“

Auch die Salzburger gemeinnützigen Bauvereinigungen – gswb, Salzburg Wohnbau, Heimat Österreich, die salzburg, Bergland und Eigenheim St. Johann – weisen seit Jahren auf die Problematik der knappen Verfügbarkeit geeigneter Baugrundstücke für den gemeinnützigen Wohnbau hin.

Eine besonders sinnvolle Form von Nachverdichtung im städtischen Gebiet stellt darum auch die Überbauung von gewerblich genutzten Flächen dar.

„Werden Grundstücksflächen in urbanen Lagen nur von eingeschoßigen Gewerbeeinrichtungen wie zum Beispiel Nahversorgermärkten genutzt und steht für diese Einrichtungen ein großer Umbau oder gar Neubau an, wäre eine Überbauung mit Wohnungen eine interessante Alternative“, erklärt der Obmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen Salzburgs, Dir. Dr. Christian Wintersteller.

Voraussetzung für jedes Nachverdichtungsprojekt ist aber die Genehmigung einer höheren Baudichte durch die Behörde.

Der Vorteil liegt auf der Hand. Denn für die Errichtung neuer Wohnungen muss bei dieser Art einer sinnvollen städtischen Nachverdichtung kein unbebautes Grundstück verwendet werden.

 

Weniger Platz, mehr Raum: Modulhäuser und Tiny Houses

Der Trend geht klar in die Richtung, kleinere Wohneinheiten mit mehr Gemeinschaftsflächen zu errichten, wie es nicht nur im gemeinnützigen Wohnbau, sondern auch in Baugruppen-Projeken oder Cohousing-Siedlungen üblich ist.

Die Philosophie hinter diesen Wohnkonzepten baut nicht lediglich auf einen finanziellen Vorteil, der durch kleinere Wohnungen und größere Gemeinschaftsflächen entsteht, sondern auch auf die Aspekte der Gemeinschaft.

Wenn mehrere Menschen unter einem großen Dach zusammenleben, funktioniert durch gelebte Nachbarschaftshilfe und bei Bedarf auch durch Generationen übergreifendes Wohnen der Alltag besser. Und das Thema Einsamkeit verliert an Relevanz.

Tiny Houses – die Häuser der Zukunft? (c) wohnwagon.at

Eine neue Chance könnten auch Modulhäuser und Tiny Houses sein. Auf einer Fläche ab zehn Quadratmetern lässt es sich dank intelligenter Raumnutzung auch gut wohnen.

Das „Objekt“ ist nicht mit Grund und Boden verbunden und kann demnach jederzeit von einem Ort zum anderen transportiert werden. Die reduzierte Raumfläche trägt natürlich dazu bei, erheblich Heizkosten einzusparen.

Ab ca. 50.000 Euro sind diese Minihäuser mit oder ohne Räder zu haben. Auf Wunsch lässt es sich im Tiny House vollkommen autark leben – eigener Solaranlage und Mini-Kraftwerk ist es zu verdanken.

Eine intelligente Lösung für wachsende – und wieder schrumpfende – Familien stellen Modulhäuser dar. Sie wachsen eben mit der Familie mit und lassen sich, wenn die Kinder etwa ausgezogen sind, wieder verkleinern.

Die Module können praktisch in Form von einzelnen Räumen ganz ohne Bodenplatte dazu- und wieder abgebaut werden.

 

Fazit leistbares Wohnen:

ÖsterreicherInnen geben zu viel Ihres Einkommens für Wohnkosten aus. Aufgrund der steigenden Immobilienpreise bei gleich bleibenden Einkommen ist es auch die Verantwortung der Politik, Wohnraum für alle mit vernünftigen Preisen besser leistbar zu machen. Klare Trends zeichnen sich dennoch ab: Einzelne Wohnungen werden kleiner, Gemeinschaftsflächen größer. Gemeinnützige Wohnbauträger bleiben eine wichtige Stütze des leistbaren Wohnens für die Mehrheit der Bevölkerung.

„Eigentum auf Eigengrund“ wird durch Modul- und vielleicht auch Tiny Houses erschwinglicher. Mit einem Umdenken zum Minimalismus sind diese Konzepte durchaus realistisch.

 

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