Ladeinfrastruktur in Gemeinden: Aktueller Status, kritische Aspekte & Perspektiven

12.02.2025
Trends, Wirtschaft

Ladestation E-Fahrzeug
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Die Ladeinfrastruktur für E-Fahrzeuge bildet das Fundament für die nachhaltige Transformation des Verkehrssektors in Österreich. Gemeinden nehmen dabei eine Schlüsselrolle ein: Mit strategischer Planung und innovativen Konzepten können sie die Verbreitung von Elektrofahrzeugen und den Ausbau der notwendigen Ladeinfrastruktur maßgeblich fördern. In diesem Beitrag beleuchten wir den aktuellen Status der E-Mobilität in Österreich und die wichtigsten Aspekte rund um das Thema Ladeinfrastruktur.

Elektromobilität steigt kontinuierlich

Österreich ist bei der E-Mobilität auf einem guten Weg. Bis Ende 2024 sind 200.603 rein elektrisch betriebene Pkw (BEV) im Land zugelassen. Mit rund 25.500 öffentlich zugänglichen E-Ladestationen zählt Österreich zu den Spitzenreitern in der EU.

Elektromobilität: Bestand an E-Autos 2024 in Österreich nimmt kontinuierlich zu
Abbildung 1: Mit Ende 2024 gibt es in Österreich 200.603 rein elektrisch betriebene Pkw. Das sind 3,8 Prozent des gesamten Pkw-Bestands in Österreich. Grafik: Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEO). Daten: Statistik Austria

Neuzulassungen von E-Pkw sind rückläufig

Trotz ambitionierter Klimaziele und staatlicher Förderungen verläuft das Wachstum der Elektrofahrzeuge in Österreich langsamer als erwartet: Im Jahr 2024 wurden in Österreich 44.622 E-Pkw neu zugelassen. Das entspricht einem Rückgang von 6,3 % gegenüber dem Vorjahr. Benzin-Elektro-Hybride verzeichnen hingegen ein Plus von 25,9%. Bei Benzinern gibt es ein Plus von 8,6%, bei Diesel-Pkw einen Rückgang von 5,2%.

Neuzulassungen nach Kraftstoffart_Statistik Austria
Abbildung 2: Pkw-Neuzulassungen nach Kraftstoffart bzw. Energiequelle. Insgesamt wurden 114.244 Pkw mit alternativen Antriebsarten zugelassen, was einen Zuwachs von 7,6 % und einen Anteil von 49,2 % an den Gesamtzulassungen bedeutet. Daten: Statistik Austria

Laut einer aktuellen Erhebung der E-Control zum Status Quo der E-Mobilisten in Österreich sind die größten Hindernisse für den Kauf eines Elektroautos die hohen Anschaffungskosten (50 %) und die geringe Reichweite (43 %). Weitere Faktoren sind der umständliche Ladevorgang (26 %), gestiegene Stromkosten (23 %) und die Verfügbarkeit von Ladestationen (19 %).

Ladeinfrastruktur in Österreich – bereit für die Zukunft

Österreich verfügt über eine gut ausgebaute Ladeinfrastruktur, die sowohl Standardladungen mit Wechselstrom (AC) als auch Schnellladungen mit Gleichstrom (DC) ermöglicht. Laut AustriaTech umfasst das österreichische Ladenetz aktuell 25.590 öffentlich zugängliche Ladepunkte (Stand: November 2024):

  • 19.976 Normalladepunkte (78 Prozent)
  • 4.017 Schnellladepunkte (16 Prozent)
  • 1.597 Ultraschnellladepunkte (6 Prozent)
Ladeleistungen_Eigendarstellung
Abbildung 3: Überblick der  Ladeleistungen unter der Annahme eines durchschnittlichen Energieverbrauchs von 19kW/100 km. Quelle: Faktencheck E-Mobilität, Klima- und Energiefonds

Ladeleistung  – was wünschen sich Bürger?

Die zuvor genannte Umfrage der E-Control zeigt, dass die Nachfrage nach Ultraschnellladern stark gestiegen ist. Der Grund dafür dürfte vor allem am erweiterten Angebot liegen, das von Reisenden trotz höherer Kosten gerne genutzt wird.

Gleichzeitig wächst das Bewusstsein, dass schnelles Laden nicht immer notwendig ist. Besonders jüngere NutzerInnen und Personen mit geringerem Einkommen bevorzugen kostengünstige Ladeoptionen an Orten, an denen die Fahrzeuge länger parken, wie etwa Park &-Ride-Anlagen oder Einkaufszentren.

Welche Ladeleistung ist im öffentlichen Raum am wichtigsten?
Abbildung 4: Die Befragten wünschen sich  mehr Ultra-Schnellade- und Normalladestationen. Entnommen aus Faktencheck E-Mobilität, Klima- und Energiefonds  

Innovationen in der Ladeinfrastruktur

Die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge entwickelt sich rasant weiter und bringt zahlreiche innovative Lösungen hervor. Die spannendsten Ansätze sind:

1. Bidirektionales Laden

Das sogenannte bidirektionale Laden (Vehicle-to-Grid, V2G) ermöglicht es Elektrofahrzeugen, überschüssige Energie zurück ins Stromnetz einzuspeisen. Die Technologie birgt damit ein enormes Potential zur Netzstabilisierung und Integration erneuerbarer Energien. So können Elektroautos beispielsweise als Zwischenspeicher für Privathaushalte oder E-Flotten mit Photovoltaikanlagen genutzt werden. In Österreich wird derzeit ein interdisziplinäres Innovationsnetzwerk für V2G aufgebaut, um die Anforderungen und Bedürfnisse zukünftiger NutzerInnen zu identifizieren.

2. Induktives Laden

Beim induktiven Laden werden Fahrzeuge kabellos über eine in den Boden integrierte Ladeplatte geladen – entweder während der Fahrt oder beim Parken. Pilotprojekte in Städten wie Oslo (Norwegen) und Balingen (Deutschland) zeigen das Potenzial dieser Technologie, insbesondere für elektrische Taxis und Busse.

Unsichtbare Ladeinfrastruktur durch Einlegen der Induktionsspulen unter der Fahrbahn
Abbildung 5: Einbau von Induktionsspulen unter der Fahrbahn für den Shuttlebus der Gartenschau in Balingen. © EnBW

3. Mobile Ladestationen und Laderoboter

Hersteller wie VW und Tesla arbeiten derzeit an transportablen Ladestationen, die flexibel mit oder ohne Stromanschluss an Orten mit temporär hohem Bedarf – etwa bei Veranstaltungen oder auf Baustellen – eingesetzt werden können. Städte könnten künftig diese Technologie dafür nutzen, um die geeignetsten Plätze für einen festen Ladepunkt auszutesten, bevor große Investitionen für den Netzausbau getätigt werden.

Ebenso befinden sich mobile Laderoboter mit Roboterarmen in der Entwicklung, die Fahrzeuge autonom – zum Beispiel in Parkhäusern, auf Park&Ride-Plätzen oder größeren Geschäftsparkflächen – laden können. Neben Automobilherstellern arbeitet auch die TU Graz an dieser innovativen Technologie.

Künftige Erweiterung der Ladeinfrastruktur durch Laderoboter, die derzeit an der TU Graz entwickelt werden.
Abbildung 6: Der autonome mobile Laderoboter soll der E-Mobilität zu mehr Fläche verhelfen und Sorgen um Reichweite und Lademöglichkeiten ausräumen. © Frankl – TU Graz

4. Ultraschnelle Ladestationen ohne Netzausbau

Batteriegepufferte Ultraschnellladestationen bieten Ladeleistungen von bis zu 320 kW, auch ohne umfangreichen Netzausbau. Gleichzeitig speichern diese Lösungen Überschüsse an erneuerbaren Energien. Sie sind daher besonders für innerstädtische Bereiche geeignet, wo es oft an Netzkapazitäten und Platz für Trafostationen fehlt.

5. Laternen-Ladestationen

Straßenlaternen werden zunehmend zu Ladestationen umfunktioniert, um bestehende Infrastruktur effizient zu nutzen. In Berlin wurden bereits über 800 Laternen-Ladestationen des innovativen Unternehmens ubitricitys installiert, in London sind sie Standard.

Innovative Laternen Ladestationen der Firma ubitricity sind die ideale Ladeinfrastruktur in Wohngebieten.
Abbildung 7: Laternen-Ladestationen sind eine ideale Lösung in urbanen Gebieten ohne private Ladeinfrastruktur. © ubitricity

Kritische Aspekte für eine erfolgreiche Ladeinfrastrukturplanung

Die große Auswahl an Ladestationen erfordert eine sorgfältige Planung, um die Technologie optimal an die Bedürfnisse der Gemeinde anzupassen. Ohne Plan bleiben wichtige Punkte wie flächendeckende Versorgung, Dimensionierung und Ladeleistung oftmals auf der Strecke – das verschwendet Ressourcen und facht Vorurteile gegen Elektromobilität an.

Die seit Juli 2022 gültige RVS-Richtlinie „Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge im öffentlichen Raum“ bietet wertvolle Planungsvorschläge, die unterschiedliche örtliche Gegebenheiten berücksichtigen. Öffentliche Einrichtungen wie Energieversorgungsunternehmen oder Initiativen wie „klimaaktiv“ sowie private Dienstleister bieten zusätzliche Beratungsangebote an, um Gemeinden bei der Entwicklung und Umsetzung von Ladeinfrastrukturkonzepten zu unterstützen.

Die folgenden zentralen Handlungsfelder können Kommunen dabei helfen, die Herausforderungen der Verkehrswende erfolgreich zu bewältigen:

1. Standortwahl

Die Standortsuche ist ein zentraler Aspekt beim Aufbau einer Ladeinfrastruktur. Es gibt hier einige wesentliche Voraussetzungen, die erfüllt sein sollten, um einen wirtschaftlichen Betrieb der Ladestationen zu gewährleisten:

  • Nähe zu hochrangigem Straßennetz: Standorte in der Nähe von Hauptverkehrsadern erleichtern die Nutzung durch eine hohe Frequenz an potentiellen KundInnen.
  • Kombination mit anderen Aktivitäten: Ladepunkte in der Nähe von Geschäften, Cafés oder Sehenswürdigkeiten bieten zusätzliche Anreize für NutzerInnen, da der Ladevorgang mit einer anderen Tätigkeit verbunden werden kann.
  • Kurzzeitiger Aufenthalt: An Standorten mit kurzer Aufenthaltsdauer empfiehlt es sich, bevorzugt Ladestationen mit hoher Ladeleistung (z. B. 50 kW oder mehr) zu installieren.
  • Langzeitparken: In Einkaufszentren, Tiefgaragen oder Innenstädten reichen oft Wechselstromladestationen mit einer Leistung bis zu 11 kW aus.
  • Pendlerverkehr: Städte mit hohem Pendleraufkommen benötigen zusätzliche Ladeinfrastruktur an Ein- und Ausfallstraßen sowie Pendler-Parkplätzen.
  • Schnell- und Ultraschnellladungen: In zentralen Bereichen setzen Städte vermehrt auf Ladepunkte mit hohen Ladeleistungen (150 kW+), um den Bedarf von Kurzzeitparkern und Durchreisenden zu decken.
  • Cluster-Lösungen: Ladestationen werden zunehmend an zentralen Hubs zusammengefasst, um eine höhere Verfügbarkeit und kurze Wartezeiten zu gewährleisten.

Darüber hinaus sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:

  • Verfügbarkeit von geeigneten Flächen und Klärung der Eigentumsverhältnisse.
  • Einhaltung von planungs-, fach- und bauordnungsrechtlichen Vorgaben.
  • Der Standort sollte im Straßenraum gut erkennbar sein.
  • Verkehrssicherheit für Fließverkehr und Fußgänger.
  • Enge Zusammenarbeit mit Unternehmen und Parkraumbewirtschaftern, um Ladepunkte in Büro- und Gewerbegebieten zu integrieren.

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2. Infrastruktur und Technik

Die technische Planung der Ladeinfrastruktur umfasst folgende Aspekte:

  • Ladeleistung: Abhängig von der Aufenthaltsdauer der Fahrzeuge und dem Nutzungsprofil sollte die Ladeleistung angepasst werden (z. B. Wechselstrom für längere Parkzeiten, Gleichstrom für schnelles Laden).
  • Anzahl der Ladepunkte: Es sollte festgelegt werden, wie viele Fahrzeuge gleichzeitig geladen werden können.
  • Netzkapazität: Die vorhandene Netzkapazität muss ausreichen oder aufgerüstet werden können, insbesondere für Schnellladestationen.
  • Zusätzliche Energiesysteme: Der Einsatz von intelligenten Lademanagement-, Photovoltaik- und Speichersystemen kann zur Optimierung der Energieversorgung beitragen.
  • Blitz- und Überspannungsschutz: Integration von Schutzmaßnahmen, um die Infrastruktur vor Schäden zu bewahren.
  • Smarte Steuerung: Ladepunkte werden mit intelligenten Netzwerken verbunden, um Belegungsdaten in Echtzeit anzuzeigen und dynamische Preismodelle zu ermöglichen.
Ladeinfrastruktur in Städten
Abbildung 8:  Beispiele nach Stadtgröße zur flächendeckenden Ladeinfrastruktur  mit Berücksichtigung des Pendlerverkehrs. © Stadtmarketing Austria

3. Nutzerfreundlichkeit

Die Akzeptanz der Ladeinfrastruktur hängt maßgeblich von ihrer Benutzerfreundlichkeit ab. Um Elektromobilität voranzubringen, müssen Ladestationen einfacher nutzbar werden. Verträge, verschiedene Ladekarten, die „Rumfummelei“ am Handy und unklare Preisangaben schrecken viele NutzerInnen ab. Aus Sicht der E-Fahrer sollte der Preis pro kWh deutlich sichtbar sein, und die Bezahlung unkompliziert möglich sein – am besten per Bankomat- oder Kreditkarte.

Wichtige Kriterien sind:

  • Zugänglichkeit: Die Ladestationen sollten rund um die Uhr verfügbar und barrierefrei bedienbar sein. Schranken oder ähnliche Hindernisse können die Nutzung erschweren.
  • Kompatibilität: Die Ladestationen sollten mit gängigen Bezahlmethoden und Tankkarten kompatibel sein.
  • Verrechnung: Transparente und einfache Abrechnungsmodelle steigern die Nutzerzufriedenheit.
  • Roaming-fähige Stationen: Einheitliche Standards und die Interoperabilität verschiedener Anbieter erleichtern die Nutzung für alle.
  • Mehr Funktionalität: Ladestationen in Kombination mit Sitzgelegenheiten, Snackautomaten, Cafés, Geschäften oder Waschanlagen.
  • Parktarife: NutzerInnen wünschen sich „Parktarife“, bei denen sie ohne Strafgebühr länger stehen können. Beispiele sind Ladestationen an Skiliften oder in Parkhäusern, wo ein Umparken nach wenigen Stunden unpraktisch ist.
Um Elektromobilität voranzubringen, sollten die unterschiedlichen Ladekartensysteme vereinheitlicht werden.
Abbildung 9: Das derzeit uneinheitliche Ladekartensystem erschwert die Nutzung. E-Fahrer wünschen sich vor allem die Möglichkeit, mit Kredit- und Bankomatkarten zu bezahlen – eine Option, die in Ländern wie Dänemark bereits standardmäßig verfügbar ist. Bild: Robin auf Pixabay

Fazit: Gemeinden als Schlüsselakteure

Gemeinden spielen eine Schlüsselrolle bei der strategischen Standortwahl und der Integration neuer Technologien, um eine flächendeckende und nutzerfreundliche Ladeinfrastruktur bereitzustellen. Neben der Skalierung von Schnell- und Normalladepunkten können künftig intelligente Ladesysteme, bidirektionales Laden und mobile Ladekonzepte die Effizienz und Attraktivität der Elektromobilität weiter steigern.

Ein besonderes Augenmerk muss auf die Benutzerfreundlichkeit gelegt werden: Einheitliche Zahlungsmöglichkeiten, transparente Tarife und ein reibungsloses Ladeerlebnis sind wichtige Faktoren, um die Akzeptanz der E-Mobilität zu erhöhen.

Mit durchdachter Planung, technologischer Offenheit und einem Fokus auf die Bedürfnisse der NutzerInnen können Gemeinden die Vorreiterrolle Österreichs in der Elektromobilität weiter festigen und den Umstieg auf nachhaltige Antriebe erfolgreich gestalten.

 

Titelbild: andreas160578 auf Pixabay

Günter Kowatschek

Günter Kowatschek

Vorstandsmitglied Dachverband Stadtmarketing Austria, Geschäftsführung Stadtmarketing Perg.

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