Kreativwirtschaft als Motor für städtische Erneuerung

25.07.2024
Wirtschaft

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(c) Werkstätte Wattens

Städte und Kommunen erleben vielerorts einen strukturellen Wandel. Während demografische Veränderungen und der Aufstieg digitaler und wissensbasierter Ökonomien an Bedeutung gewinnen, verlieren traditionelle Industriezweige, die einst das Rückgrat vieler städtischer Wirtschaften bildeten, zunehmend an Einfluss. Diese Transformation beeinflusst nicht nur die wirtschaftliche Landschaft und das äußere Erscheinungsbild vieler Städte, sondern erfordert auch neue, zukunftsweisende Entwicklungsstrategien.

In diesem Kontext nimmt die Kreativwirtschaft eine Schlüsselrolle ein. Sie hat sich zu einem wesentlichen Element urbaner Erneuerungsstrategien entwickelt, wobei auch kleinere Städte zunehmend ihr Potenzial erkennen, um sich zu differenzieren und attraktive Standortvorteile zu schaffen.

 

Kreativwirtschaft: Ein komplexes Definitionsfeld

Die Abgrenzung der Kreativwirtschaft als Wirtschaftsbereich ist nicht zuletzt aufgrund der außerordentlich hohen Dynamik ein schwieriges Unterfangen. Welche Branchen und Subbereiche ihr zuzurechnen sind, bietet nach wie vor  immer wieder Anlass zu lebhaften Diskussionen. Nach der aktuellen Definition umfasst die Kreativwirtschaft „erwerbsorientierte Unternehmen, die sich mit der Schaffung, Produktion und (medialen) Distribution von kreativen und kulturellen Gütern sowie Dienstleistungen beschäftigen.“

Folgende zehn Branchen werden der Kreativwirtschaft zugerechnet:*

  1. Architektur
  2. Buch & Verlagswesen
  3. Design
  4. Filmwirtschaft (inkl. Fotografie)
  5. Markt für darstellende Kunst
  6. Musikwirtschaft
  7. Radio & TV
  8. Software & Games
  9. Werbung
  10. Bibliotheken, Museen sowie botanische und zoologische Gärten

*In den Kreativwirtschaftsstrategien der Bundesländer werden teilweise auch Kunsthandwerk, Galerien und ähnliche Bereiche der Kreativwirtschaft zugerechnet.

Wer als künstlerisch-kreativ gilt, welche Unternehmen und Organisationen mit „Kreativwirtschaft“, „Creative Industries“ oder „Kulturwirtschaft“ gemeint sind – dazu gab es seit Ende der 90er Jahren viele wirtschaftspolitische, ideologische und wissenschaftliche Diskussionen. Neben Definitionsansätzen, welche die soziologische-urbane „kreative“ Klasse in den Vordergrund stellen (Richard Florida) oder die das Konzept der „Kreativität“ als zentralen Bestandteil der Wirtschaft (John Howkins) betrachten, hat sich auf EU-Ebene, wie auch in Österreich die Abgrenzung auf Basis von „Branchen“ (NACE) durchgesetzt, bei der die Rolle der privatwirtschaftlichen Unternehmungen im Fokus steht. Will man sich der Kreativwirtschaft aus wirtschaftspolitischen Überlegungen heraus nähern, ist es erforderlich, diesen Bereich auch „statistisch“ abzugrenzen, um ihn ökonomisch zu quantifizieren. So wurden basierend auf „NACE“, d.h. auf Basis einer international anerkannten wirtschaftsstatistischen Gliederung, jene Branchen identifiziert, in denen „kreative“, „kulturelle“ Unternehmen/Organisationen vorwiegend tätig sind. Die Zuordnung nach NACE erfüllt die Notwendigkeit und das Bedürfnis nach Eingrenzung der „Kreativwirtschaft“ für statistische Zwecke. Sie ermöglicht jedoch nicht, und wirkt dadurch in gewisser Weise limitierend, kreative Leistungen in anderen Branchen der Wirtschaft zu erfassen. 

Quelle: impulse Creative Industries Magazine der aws, 2014, S. 38, entnommen aus [1]

 

Kreativwirtschaft als Hebel für urbane Erneuerung

Die Kreativwirtschaft hat das Potenzial, positive Effekte in anderen Bereichen auszulösen, die weit über die unmittelbare Wirtschaftsleistung der Kreativunternehmen hinausgehen und zur Belebung von Städten und Regionen beitragen:

  1. Innovationimpulse: Kreativunternehmen sind bekannt für ihre hohe Innovationskraft, die sie auf Unternehmen und Organisationen in anderen Branchen übertragen. Ihre kreativen Lösungen treiben technologische und organisatorische Innovationen voran.
  2. Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit: Die Kreativwirtschaft erhöht die Wettbewerbsfähigkeit anderer Sektoren durch attraktiveres Design von Produkten und Dienstleistungen, effektive Vermarktungsstrategien, Optimierung von Geschäftsprozessen sowie die erfolgreiche Kommerzialisierung von Innovationen.
  3. Investition: Sie liefert durch ihre weitreichenden Netzwerke entlang der gesamten Wertschöpfungskette wichtige Inputs (notwendige Vorleistungen, Kapital- und Arbeitsinputs), die die Produktion und Investitionstätigkeit in vielen Wirtschaftsbereichen unterstützen.
  4. Standortattraktivität: Das breite Angebot an Kreativleistungen macht einen Standort nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell attraktiver und erhöht dadurch die Anziehungskraft für Fachkräfte und Investoren.
  5. Stadt- und Regionalentwicklung: Die Einbindung der Kreativwirtschaft in Entwicklungspläne erhöht die regionale Attraktivität und Identität, fördert das wirtschaftliche Wachstum und belebt die regionale Wirtschaft auf lange Sicht.
  6. Stärkung der USP (Unique Selling Proposition): Die Kreativwirtschaft kann die einzigartige Verkaufsposition einer Region stärken und einen positiven Imagewandel herbeiführen.
  7. Attraktive Arbeitsplätze und Selbstständigkeit: Sie bietet attraktive Arbeitsmöglichkeiten und unterstützt die Selbstständigkeit, wodurch der Abwanderung von Talenten und dem Braindrain entgegengewirkt werden kann.
  8. Krisenbewältigung und Strukturwandel: Die Kreativwirtschaft trägt zur Bewältigung von Krisen und zur Anpassung an Strukturveränderungen im regionalen Kontext bei, indem sie flexible und innovative Lösungen bietet.

Die Kreativwirtschaft leistet somit in der Neupositionierung von Städten und Regionen bzw. auch in der Regionalentwicklung einen wichtigen Beitrag. Auch wenn sie nicht als universelle Lösung für jede strukturschwache Region betrachtet werden sollte, existieren zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass die Einbindung der Kreativwirtschaft in nachhaltige Entwicklungspläne das wirtschaftliche Wachstum und die Revitalisierung einer Stadt oder Region fördern kann.

Auswirkungen der Kreativwirtschaft auf Kommunen
Abbildung 1:  Positive Auswirkungen der Kreativwirtschaft auf Städte und Kommunen. © Stadtmarketing Austria

 

Die AUTline – von Wien bis Innsbruck

Ein bemerkenswertes Projekt in Österreich ist die AUTline. Mit der ÖBB als LokChain soll die Weststrecke zur Produktionslinie ausgebaut und als dynamisches Rückgrat der österreichischen Kreativwirtschaft fungieren. Initiiert wurde diese Idee von Chris Müller, dem Gründungsdirektor der Tabakfabrik Linz und CEO von CMb.industries.

Das Konzept sieht die Entwicklung von HUBs vor, die über die Infrastruktur der ÖBB miteinander verbunden sind und als kreative Zentren mit Werkstätten, Fab-Labs, Programmierstuben, neuem Wohnen und weiteren innovativen Einrichtungen dienen. Ziel ist es, von Wien bis Innsbruck ein Netzwerk der Kreativwirtschaft zu schaffen, das ländliche Regionen mit urbanen Zentren verbindet, die Landflucht verringert und eine starke Basis für kreatives Unternehmertum etabliert.

Projekt AUTline - Geplante Produktionslinde der Kreativwirtschaft entlang der OeBB Weststrecke
Abbildung 2: Die HUBs entlang der Weststrecke wirken als verLADESTATION der Innovation und Kreativität bis tief in die Regionen und werden vor Ort entwickelt. © Stadtmarketing Austria

 

Man muss Menschen und Kompetenzen an einem Ort zusammenbringen und Österreichs Kreativquartiere zusammenschließen, denn Innovationsnetzwerke entstehen nicht zufällig. Innerhalb dieser Netze können die digitalen Nomaden – wie vor ihnen die Zimmerleute, die auf Walz, oder Dombauer, die auf Tippelei gingen – ihre Qualitäten weiter ausbauen und durch Kollaboration wachsen. Hier trennen wir auch nicht zwischen technischen oder künstlerischen Innovationen, denn das gehört alles zusammen. Unser Ziel muss sein, einen Verbund zu kreieren, der durch seine Attraktivität auf internationaler Ebene Bedeutung erlangt und dadurch Talente nach Österreich zieht.

Chris Müller, Initator der AUTline und Gründungsdirektor der Tabakfabrik Linz

 

Städtische Erneuerung durch Spillover- und Crossover-Effekte

Kreativwirtschaftsunternehmen sind durch aktives unternehmerisches Handeln und starkes Engagement gekennzeichnet. Sie sind vielfach innovative Akteure, die nicht nur ihre eigenen Angebote weiterentwickeln, sondern auch positive Veränderungen bei ihren Kunden und in ihrem Umfeld anstreben. Dieser Einfluss manifestiert sich in Form von signifikanten Spillover- und Crossover-Effekten.

  • Spillover-Effekte bezeichnen die unbeabsichtigten und oft zufälligen Auswirkungen auf andere Branchen oder Organisationen. Sie entstehen durch die Verbreitung von Innovationen und Ideen über die ursprünglichen Grenzen der Kreativwirtschaft hinaus.
  • Crossover-Effekte sind gezielte und geplante Prozesse, bei denen Kenntnisse und Fähigkeiten aus der Kreativwirtschaft mit denen aus anderen Bereichen kombiniert werden, um innovative Lösungen für aktuelle Herausforderungen in der Gesellschaft zu entwickeln.

Klassische Spillover-Effekte werden beispielsweise durch kreative Hubs ausgelöst, die das Umfeld beleben und neue Geschäftsmöglichkeiten schaffen.

Ein anschauliches Beispiel für einen Crossover-Effekt ist die Wiener Bäckerei Fenzl. Durch die Zusammenarbeit mit der Designerin Katharina Dankl und NachhaltigkeitsexpertInnen hat das Traditionsunternehmen einen innovativen Weg gefunden, aus der Reduktion von Backwarenabfällen ein völlig neues Geschäftsfeld zu entwickeln. Im Rahmen eines strukturierten Innovationsprozesses wurde das Projekt „I love Brot“ ins Leben gerufen, das altes Brot in Brotchips umwandelt, um Lebensmittelverschwendung zu reduzieren. Zusätzlich führte die Bäckerei einen Brotautomaten ein, der es KundInnen ermöglicht, auch außerhalb der regulären Öffnungszeiten frisches Brot und Gebäck zu kaufen.

Crossover_Spillover_Kreativwirtschaft
Abbildung 3: Das Ökosystem der Kreativwirtschaft unter Einbeziehung von Cross Innovation und Spillover-Effekten, adaptiert nach [2]

Die Auswirkungen dieser Effekte entfalten sich vor allem in den Bereichen Wirtschaft, Netzwerk und Wissen. Mehrere Studien haben gezeigt, dass allein die Ansiedlung von kreativen Köpfen dazu führt, dass sich die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt entwickeln. Kreativschaffende bauen zudem neue Netzwerke auf, die Übertragungseffekte in andere Unternehmen generieren und diese positiv beeinflussen. Darüber hinaus findet ein Wissenseffekt statt, der das Umfeld insgesamt offener und innovativer macht. Davon profitieren nicht nur die Wirtschaft, sondern auch Institutionen und kommunale Einrichtungen.

Crossover- und Spillovereffekte der Kreativwirtschaft
Abbildung 4: Wirkungen der Kreativwirtschaft auf Wirtschaft, Netzwerke und Wissen. Adaptiert nach [3]

Kreativität trifft Wirtschaft: Erfolgsmodelle für Crossover- und Spillover-Effekte

Um Crossover- und Spillovereffekte zu fördern, wurden in vielen Städten und kreativen Hotspots von Seiten der öffentlichen Hand, aber auch basierend auf privaten Initiativen, Räume und Netzwerke geschaffen, in denen die Zusammenarbeit zwischen Kreativwirtschaft und anderen Akteuren stattfinden kann.

Dazu gehört etwa das Designforum Vorarlberg am Campus Dornbirn, welches Klein- und Kleinstunternehmen der Kreativwirtschaft mit AuftraggeberInnen aus der Wirtschaft vernetzt. Ein weiteres erfolgreiches Projekt ist OTELO (Offenes Technologielabor). Von Kreativunternehmen angestoßen, gibt es mittlerweile an 23 Standorten in Österreich niederschwellige Experimentierräume für Technik, Medien und Design.

Ein Vorzeigebeispiel für einen erfolgreichen Netzwerk-Crossover ist die Werkstätte Wattens in Tirol. Angesiedelt in den ältesten Werkgebäuden der Firma Swarovski, basiert die Werkstätte Wattens auf drei Säulen: Bereitstellung von Räumlichkeiten, umfangreiche Serviceleistungen und vielseitige Vernetzungsmöglichkeiten. Das Zentrum hat es geschafft, ein vielfältiges Netzwerk zu etablieren, das Unternehmen aus der Kreativwirtschaft, Technologie und Forschung verbindet.

Erwähnenswert in diesem Kontext ist auch das BLOXHUB Kopenhagen, das mit verschiedensten Programmen die Vernetzung der Bereiche Architektur, Design, Bau, Stadtplanung und Digitalisierung vorantreibt. Ziel ist ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und eine Erhöhung der Exportquote durch die Gründung neuer international agierender Unternehmen.

Die Hamburger Kreativgesellschaft wiederum hat sich als zentrale Anlaufstelle für Hamburgs Kreative der Schaffung von mehr Wissen, Raum, Finanzierung und Innovation verschrieben. Mit Hilfe des Fonds für kreative Zwischennutzung wurden beispielsweise mehr als 100 leerstehende Flächen und 24.000 m² Leerstand in Hamburg in temporäre Ateliers, Werkstätten, Ausstellungsorte, Co-Working-Spaces, Präsentationsflächen und vieles mehr verwandelt.

Hamburger_Kreativwirtschaft
Abbildung 5: Kreative zahlen im Rahmen des Hamburger Förderprogramms Frei_Fläche nur einen monatlichen Beitrag von 1,50 Euro pro Quadratmeter. © Hamburger Kreativwirtschaft

 

Was müssen Städte bieten, um für Kreative attraktiv zu sein?

Linz zeigt mit der Tabakfabrik und der Creative Region Linz & Upper Austria, wie eine Stadt durch gezielte Förderung der Kreativwirtschaft neu positioniert werden kann. Die ehemalige Zigarettenfabrik gilt inzwischen als globales Best-Practice-Beispiel für die Umwandlung einer Industriebrache in einen innovativen Hub. Es existiert jedoch kein einheitliches Erfolgsmodell für alle Städte und Regionen, da erfolgreiche Strategien abhängig vom jeweiligen Kontext und den regionalen Voraussetzungen sind.

Die vielfältigen Sektoren und Unternehmenstypen der Kreativwirtschaft bringen zudem unterschiedliche Anforderungen an ihren Standort mit sich.

Typen von Kreativunternehmen & Standortanforderungen

Im Rahmen einer Studie der Kreativwirtschaft Austria wurden vier Typen identifiziert:[4]

  1. Intrinsisch motivierte Stadtkreative (31%): Unternehmen, die in urbanen Gebieten angesiedelt, aber nicht zwingend auf den Standort angewiesen sind. Sie sind flexibel und oft als Ein-Personen-Unternehmen (EPU) organisiert.
  2. Ländliche Kreative (28%): Unternehmen, die außerhalb städtischer Regionen operieren. Ihre Hauptkunden sind ebenfalls ländlich. Sie bestehen oft aus EPUs und betonen regionale Verbundenheit.
  3. Stadtabhängige Kreativunternehmen (24%): Unternehmen, die die städtische Infrastruktur für ihre Geschäftstätigkeit benötigen und meist mehrere Mitarbeiter beschäftigen.
  4. Grenzüberschreitende Kreativunternehmen (17%): Unternehmen, die sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten agieren und häufig mit internationalen Partnern arbeiten. Sie sind tendenziell größer und diversifizierter.

Die Studie zeigt, dass Kreativunternehmen bei der Standortwahl großen Wert auf die Work-Life-Balance legen. Nur wenige UnternehmerInnen entscheiden sich allein aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen für einen Standort. Dennoch hat jeder dieser Unternehmenstypen spezifische Anforderungen an die Standortgegebenheiten:

Die „stadtabhängigen“ und die „grenzüberschreitenden Kreativunternehmen“ bewerten die Verfügbarkeit von Forschungs- und Entwicklungsinfrastruktur sowie einen dynamischen Arbeitsmarkt als entscheidend für ihren Erfolg.

Für die „urbanen“ Regionstypen ist vor allem die Verfügbarkeit von geeigneten Immobilien und adäquaten Räumlichkeiten von hoher Relevanz. Auch das öffentliche Verkehrsnetz wird als ein wichtiger Standortfaktor wahrgenommen. Im Gegensatz dazu wird von „ländlichen“ Unternehmen die regionale Verbundenheit häufig als zentraler Erfolgsfaktor angesehen.

Allgemeine Standortfaktoren für die Kreativwirtschaft

Neben den unternehmenstypischen Anforderungen sind ganz allgemein folgende Faktoren für die Entwicklung der Kreativwirtschaft, insbesondere in ländlichen Regionen, zentral:

  1. Bewusstsein und Wertschätzung:
    • Stärkung des Bewusstseins für die Bedeutung der Kreativwirtschaft
    • Wertschätzung für kreative Arbeit und Gestaltung
    • Offenheit für neue Ideen und Innovationen
  2. Voraussetzungen für Ansiedlung:
    • Leistbare Lebensqualität
    • Offene und kooperative Mentalität („kreatives Milieu“)
    • Zugängliche und unterstützende EntscheidungsträgerInnen
  3. Standortfaktoren:
    • Bereitstellung attraktiver und erschwinglicher Räume
    • Nutzung leerstehender Gebäude oder günstiger Baugrundstücke
    • Gute Infrastruktur (öffentlicher Nahverkehr, Datenhighway)
  4. Standortmarketing und Positionierung:
    • Entwicklung eines langfristigen und intelligenten Positionierungskonzepts
    • Entwicklung eines Brandingkonzepts zur gezielten Ansprache von Kreativen
  5. Fördermaßnahmen und Integration in Entwicklungspläne:
    • Einbettung der Kreativwirtschaftsstrategie in übergeordnete regionale Entwicklungspläne
    • Analyse der Ausgangssituation und Bedarfsanalyse der Kreativwirtschaftsunternehmen
    • Identifizierung und Förderung wichtiger Bereiche der Kreativwirtschaft
  6. Kooperation und Vernetzung:
    • Einbeziehung strategischer KooperationspartnerInnen (Regionalmanagement, Wirtschaftskammer, Interessenvertretungen)
    • Breite Einbindung von AkteurInnen aus Wirtschaft, Kultur, Bildung und der freien Kulturszene
    • Aufzeigen erfolgreicher Beispiele und Kooperationsbeziehungen zur Förderung der Kreativwirtschaft

Kreative Milieus wollen keine fertigen Lösungen, sie wollen Entfaltungsräume.

Hardy Geyer, Hochschule Merseburg

Die Werkstaette Wattens verfügt über ein breites Raumangebot für verschiedenste Zwecke.
Abbildung 6:  Ob Workshop, Brainstorming oder Firmenevent – stylisch gestaltete Meeting- und Eventräume stehen der Community in unterschiedlichen Größen zur Verfügung. © Werkstätte Wattens

Kreative Impulse für Kleinstädte und Regionen

Wenn auch die Mehrheit der Kreativunternehmen in urbanen Zentren und deren Ballungsgebieten konzentriert ist, gibt es auch in ländlichen Gegenden erhebliches Potenzial zur Förderung der Kreativwirtschaft. Dazu zwei Beispiele:

Coworkation – kreative Oasen in Tirol

In Tirol wird im Rahmen der Strategie kreativland.tirol ein Netzwerk von Coworking Spaces, Ateliers, kreativHUBs, FabLabs und Werkstätten an besonders reizvollen Orten in abgelegenen Regionen aufgebaut. Ziel ist es, Tirol zu einem europäischen Hotspot für Kreativtourismus zu entwickeln. Der Mesnerhof-C  in Steinberg am Rofan gilt als Pionier des Coworkation-Konzepts. Der historische 400 Jahre alte Bauernhof wurde bereits mit dem New Work Award 2019 und dem Office of the Year 2020 ausgezeichnet und bietet Platz für bis zu 37 Personen.

Summer of Pioneers – Erfolgsmodell zur Ansiedelung von Kreativen

Ein interessantes Konzept zur dauerhaften Ansiedlung von Kreativen, das sich auch in Österreich etablieren ließe, ist das Projekt „Summer of Pioneers“ des deutschen Netzwerks Neulandia. Das innovative Konzept hat verschiedenen Kleinstädten in Deutschland und der Schweiz bereits zu neuen BürgerInnen und ArbeitnehmerInnen verholfen. Die Idee dahinter ist einfach, aber wirkungsvoll: Kreativschaffende erhalten zusammen mit ihren Familien für ein halbes Jahr kostenfreien Wohn- und Arbeitsraum außerhalb der großen Metropolen. Sie wohnen und arbeiten auf Probe am neuen Ort und sind von Anfang an gut mit anderen Kreativen vernetzt.

Die bisherigen Erfahrungen zeigen beeindruckende Ergebnisse. Viele Teilnehmer bleiben in den jeweiligen Regionen und passen sich an die lokalen Strukturen an. Sie gründen Agenturen, arbeiten als Selbstständige oder betreiben Kultur- und Begegnungsorte. Aber das ist nur der Anfang – durch ihre Ansiedlung entsteht ein lebendiges neues Stadtleben. Neue Treffpunkte und Restaurants entstehen, und es findet eine Anpassung der öffentlichen Infrastruktur statt, die das gesamte Stadtbild bereichert.

Fazit: Kreativwirtschaft als Impulsgeber für städtische Erneuerung

Mit der fortschreitenden Digitalisierung und Globalisierung wird die Bedeutung der Kreativwirtschaft für die Stadtentwicklung weiter wachsen. Das kreative Know-how dieser Unternehmen ist die Grundlage für innovative Dienstleistungen und Geschäftsmodelle in Bereichen wie Tourismus, Handwerk, Mobilität, Lebensmittel sowie in der öffentlichen Verwaltung und in der Stadt- und Regionalentwicklung. Kreativschaffende setzen jedoch nicht nur wirtschaftliche Impulse, sondern stärken auch soziale und kulturelle Netzwerke, die langfristig zu positiven Veränderungen führen. Städte, die aktiv in die Förderung der Kreativwirtschaft investieren, werden daher auch in Zukunft als attraktive und innovative Zentren wahrgenommen werden.

 

 

[1] Kreativwirtschaftsstrategie für Österreich (2016). Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft. Abgerufen 22. Juli 2024, von https://www.bmaw.gv.at/Themen/Wirtschaftsstandort-Oesterreich/Kreativwirtschaft.html

[2] Creative Labs. (o. J.). Kreativ-bund.de. Abgerufen 24. Juli 2024, von https://infomap.kreativ-bund.de/creative-labs#m=1/730.05166/396.65143

[3] Publikation: Spillover Fallstudien 2016-2017 (2018). Europäische Forschungspartnerschaft zu Kulturellen und Kreativen Spillover-Effekten.  Abgerufen 22. Juli 2024, von https://www.e-c-c-e.de/news-detail/publikation-spillover-fallstudien-2016-2017-jetzt-auch-auf-deutsch.html

[4] Bader, K. (2015). Schwerpunkt Regionale Entwicklung. Kreativwirtschaft.at. Abgerufen 24. Juli 2024 https://www.kreativwirtschaft.at/fuenfter-oesterreichischer-kreativwirtschaftsbericht/

 

Titelfoto: (c) Werkstätte Wattens

 

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Michael Gsaller

Michael Gsaller ist seit 25 Jahren Geschäftsführer vom Stadtmarketing Hall in Tirol, seit vielen Jahren im Vorstand des Dachverbandes „Stadtmarketing Austria“ und seit Oktober 2024 dessen Präsident. Ein ausgewiesener Experte für belebte und attraktive Orte.
Gsaller war Referent bei der zweiten Ausgabe der Südtiroler Akademie für Orts- und Stadtentwicklung.

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