Warum müssen City-Manager kreativ sein und welche Bedeutung hat die Kreativität auf die Stadtentwicklung? Seda Röder spricht über persönliche Karrieren, über innovative Konzepte und die Kreativität in der Stadtplanung.
In unserem heutigen Podcast von Stadtmarketing Austria spricht die Pianistin und Expertin für Innovationsmanagement Seda Röder, über persönliche Karrieren, über innovative Konzepte und die Bedeutung von Kreativität in der Stadtplanung.
Der Podcast zum Anhören:
Herzlich willkommen beim Interview mit Seda Röder. Hallo, möchtest du dich bitte ein wenig vorstellen?
Seda Röder: Gerne. Du hast es ja schon gesagt, ich bin Seda Röder. Ursprünglich komme ich aus der Musik. Ich bin ausgebildete Konzertpianistin, allerdings hat sich meine Karriere in den letzten Jahren sehr stark transformiert.
Jetzt arbeite ich mit Führungskräften, mit Unternehmen, Unternehmern zusammen, um die Idee der Transformation für sie erfolgreich umzusetzen. Manchmal geht es um persönliche Karrieren.
Wie kann ich meinen Weg verändern? Wie kann ich Innovation in mein Geschäft, in meine Produkte bringen, wie kann ich meine Teams innovativer, kreativer machen? Das ist jetzt das, was ich Tag ein, Tag aus sehr, sehr gerne mache.
Sehr schön. Ich habe zwei Fragen vorbereitet. Die erste Frage wäre, warum müssen City-Manager kreativ sein?
Seda Röder: Warum müssen City-Manager kreativ sein?
Genau.
Seda Röder: Na ja, eigentlich gibt es eine ganz gerade Antwort, würde ich sagen. Wir ALLE müssen kreativ sein. Nicht nur die City-Manager. In einem Zeitalter, wo vieles ungewiss ist, müssen wir uns gut anpassen können.
Die Anpassungsfähigkeit ist eine Fähigkeit, die sehr viel mit der Kreativität und dem eigenen Potenzial, Verstehen, Nutzen zu tun hat.
Ein zweiter Grund, warum wir kreativ sein müssen, ist, dass wir in dem Moment, in dem wir anfangen unser Potenzial zu nutzen, um Problemstellungen mit unserer Kreativität zu meisten, in einen sogenannten „Flow-Zustand“ auf Wissenschaftsdeutsch, kommen.
Flow heißt, ich bin so in der Aufgabe drin, dass ich das Gefühl habe, sie mit meinem Background, mit meinem Wissen, mit meiner Expertise gerade noch meistern zu können. Das ist dann sozusagen so wie ein gutes, schweres Kreuzworträtsel.
Ich habe eine Aufgabe. Ich weiß, ich kann sie meistern und um sie zu meistern, brauche ich meine Kreativität.
Dabei vergesse ich die Zeit, den Raum, wie viele Stunden ich schon daran gearbeitet habe. Das sind diese schönen Momente, bei denen wir das Gefühl haben, hinterher mit der Aufgabe über uns hinausgewachsen zu sein.
Kreativität ist eben nicht nur die Fähigkeit mit Komplexität und Ambiguität gut umgehen zu können. Es ist auch eine sehr künstlerische Fähigkeit.
In den Momenten, in denen ich kreativ bin, bin ich auch sozusagen am Höhepunkt meiner Möglichkeiten. Dann kann ich auch über mich Dinge entdecken, von denen ich nicht wusste, dass es sie gibt. Das sind schöne Momente.
Und der dritte Punkt ist natürlich ein sehr praktischer Punkt.
Hinter jeder Innovation steckt die Kreativität.
Die Innovation ist keine Neuigkeit. Die Innovation wird mit gesellschaftlichem und wirtschaftlichem Wohlstand in Verbindung gebracht. Das heißt, um in der Wohlstandsgesellschaft weiterhin florieren zu können, brauchen wir Innovationen.
Innovationen kommen nie einfach mal so vom luftleeren Raum aus dem Nichts.
Sondern hinter jedem Produkt, hinter jedem innovativen Geschäftsmodell stehen Menschen mit ihrer Kreativität und mit ihrem kollaborativen Geist und so kommen wir zu einem besseren Leben.
Ja, sehr schön. Dann die zweite Frage wäre, welche Bedeutung hat dann Kreativität auf die Stadtentwicklung?
Seda Röder: Das ist eine super Frage. Es ist nämlich so, dass einige Städte, die von der Stadtentwicklungsperspektive Probleme haben – man nehme so eine Stadt wie Detroit- , diese Städte können durch Kreativaktionen, durch die Kollaboration der eigenen Bevölkerung, mit den Künstlern, mit diesen künstlerischen Ansätzen einen riesengroßen Mehrwert schaffen.
Es gibt in Detroit dieses Heidelberg-Project. Wenn man zum Beispiel die Stadt Detroit kennt, war das eine Hochburg der Autoindustrie bis vor einigen Dekaden. Später gab es Abwanderungen zu billigeren Produktionsstädten. Dadurch hat Detroit sehr gelitten.
Es gibt viele Probleme in dieser Stadt. Von Kulturproblemen bis hin zu, leider Gottes, auch Rassismusproblemen. Die Stadt hat Konzepte entwickelt und Leerbestände durch Kunstprojekte aufgewertet.
Ich glaube, konzeptmäßig zwar nicht direkt, aber vom Inhalt her, stand der amerikanische Stadtentwickler Richard Florida sehr dahinter, mit seiner Idee der creative class, also der kreativen Klasse. Und er sagt lustigerweise, hinter jedem Künstler stehe ein Immobilienmakler.
Künstler gehen, weil sie nicht besonders viel Geld verdienen, oder weil sie am Anfang ihrer Karrieren sind, in Gebiete, die nicht attraktiv zum Wohnen sind. Aber der Künstler nimmt das nie so an wie er es vorfindet.
Das heißt, die schaffen so ganz schöne, kreative Alleinstellungsmerkmale für diesen Bereich. Dadurch werten sie die Gegend auf und machen die Umgebung attraktiver. Das hat dann wieder einen direkten Einfluss auf die Immobilienpreise.
Dann geht es von vorne los: die Künstler müssen wieder flüchten, noch billigere Alternativen suchen, diese dann wieder aufwerten, etc.
Man nehme auch Berlin als ein sehr gutes Beispiel. Wo man ganz billig wohnen konnte, kann man nicht mehr so billig wohnen. Wo eben die Künstler, die urbane Kultur, die lokale Bevölkerung gemeinsam Hand in Hand die Gegend so aufgewertet haben, hat es sich positiv für die Immobilienpreise ausgewirkt.
Also nochmal zurück zu der Frage, warum die Kreativität so wichtig ist für die Stadtentwicklung.
Durch kreative Interventionen kann man das Stadtbild zu einem Gesamtkunstwerk machen.
Ein anderes Beispiel, was mir jetzt kommt, was über das Thema der Einzelgeschäfte oder der Einzelimmobilie hinausgeht, ist zum Beispiel die Stadt Tirana.
Es war nach dem Krieg ein ganz armes Land. Es gab sehr wenig Geld für die Stadtentwicklung, eigentlich gar nichts. Sie hatten einen Bürgermeister mit einem künstlerischen Background. Er war Maler. Dieser Bürgermeister hat dann gesagt, okay, es ist alles kaputt, das ist depressiv und wir haben kein Geld.
Die Voraussetzungen haben überhaupt nicht dafür gesprochen, dass es funktioniert. Dennoch stellte er die Frage: Was können wir mit diesen wenigen Mitteln, die wir zur Verfügung haben, trotzdem schaffen?
Er ging zu seinen Bekannten in unterschiedlichen Industriebetrieben und hat einfach nach Farbe gefragt. Er bekam Farben von den Herstellerfirmen. Natürlich nicht die Farben, die sich besonders gut verkauft haben, sondern die, die übrig geblieben sind.
Die Farben, die sonst keiner wollte, bekamen sie geschenkt. Mit diesen knalligen, verrückten Farben hat er mit Künstlern und der einheimischen Bevölkerung Konzepte entwickelt und Fassaden bemalt. Das ist heute eine echte Attraktion!
Die Leute kommen dann in die Stadt extra wegen diesen Fassaden?
Seda Röder: Genau, um sich das Stadtbild als Kunstwerk anzuschauen. Kreativität braucht man eben, um sich solch ausgefallene Konzepte überhaupt vorstellen zu können.
Es geht um diese Vorstellungskraft, die jetzt nicht nur die nächsten drei bis zwölf Monate betrifft, sondern auch darüber hinaus geht.
Und vielleicht komme ich sogar an Träume nah dran. Heute leiden wir als Gesellschaft schon sehr stark darunter, dass wir uns Gegebenheiten anpassen, obwohl wir wissen, dass es nicht so sein muss.
Wir passen die Träume an die Gegebenheiten an, anstelle die Systeme zu verändern.
Sie so zu verändern, dass sie uns mehr ermöglichen, mehr Spielraum geben. Hier spielt die Kreativität eine wichtige Rolle. Man darf sich die Spielräume nicht kaputt reden, kaputt machen lassen, man muss trotzdem etwas ausprobieren.
Ja dann bedanke ich mich recht herzlich bei dir.
Seda Röder: Ich mich auch, herzlichen Dank.
Titelbild: Tirana (c) iStock
Seda Röder
Pianistin, Expertin für Innovationsmanagement und Kreativitätskultur
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