Klimaschutz: Zukunftsprojekte in Stadt und Land
08.10.2019
Gesellschaft
08.10.2019
Gesellschaft
Die Fridays for Future-Bewegung von Greta Thunberg tritt lautstark für Veränderungen ein. Regenwälder stehen in Flammen, unsere Gletscher schmelzen, und der weltweite CO2-Ausstoß erreicht weltweit Höchstwerte. Welche Klimaschutz Zukunftsprojekte – auch wenn sie klein und fein sind – helfen dabei, den Klimawandel zu bremsen?
Wir – Politiker, Wirtschaftstreibende und Bürger – müssen Strukturen und langfristig haltbare Projekte schaffen, die lokal und international funktionieren.
Hoch über den Dächern des sechsten Wiener Gemeindebezirks, genauer gesagt auf einer Garage, hat Michael Graner einen Gemeinschafts-Gemüsegarten angelegt. Seit Fridays For Future zählt der Garten doppelt so viele Mitglieder. Auf 2.000 qm bauen die Mitglieder der GartenWerkStadt Gemüse an. „Wir sind echte Bauern, obwohl wir mitten in der Stadt sind,“ sagt Michael Graner im ORF-Interview.
5 Jahre lang haben die Leute gekämpft, um die Dachfläche nutzen zu können. 45 Männer und Frauen pflegen den Dachgarten. Jetzt gibt es 12 Monate im Jahr frisches Obst und Gemüse. Und stets neue Initiativen, wie Fitnesstraining im Dachgarten.
Hier denken Menschen über nachhaltige Lebensweise und ökologisches Wirtschaften nach. Gemeinsam hat eine Gruppe von Ehrenamtlichen den Genussfairteiler in Neumarkt im Mühlkreis ins Leben gerufen. In einem leerstehenden Geschäftslokal im Ortskern werden regionale Waren gesammelt, die höchsten 30 km gereist sein dürfen.
Jeder Besteller hat sein Kisterl, das nach seinen eigenen Wünschen befüllt wird. Man bestellt im Internet und holt die Waren einmal pro Woche im Shop ab. Fragen nach der Entfernung zwischen Produzent und Vertrieb sowie Verpackungsmüll war den Initiatoren des Genussfairteilers stets wichtig.
Die Food-Coop bietet kleinstrukturierten Anbietern der Region eine direkte Vertriebsmöglichkeit. Die Molke, die beim Käsemachen des einen Bauern übrig bleibt, holt sich der andere Bauer als Futter für seine Bio-Schweine ab. Die Menschen in der Region bemühen sich, die Kreislaufwirtschaft, wie sie früher war, zurückzubringen.
Jedes Jahr wachsen im 22. Bezirk eine halbe Tonne Paradeiser und eine viertel Tonne Paprika, die verkauft werden. Nikolai Ritter ist seit 10 Jahren auf der kleinen Stadtfarm aktiv. Er koordiniert dort die verschiedensten Vereine und Sozialprojekte, in denen junge Menschen Fuß fassen können.
Ritter ist der Meinung, dass es Richtlinien und Rahmenbedingungen vom Staat braucht, um das CO2-Problem in den Griff zu bekommen. Wir müssen lernen, wie wir Gemeinschaft und Wirtschaft neu ausrichten und in Kreisläufen abbilden, sagt er. Es geht darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass der auf Wachstum ausgerichtete Wohlstand unseren Planeten zerstört.
Wir verbrauchen mehr Ressourcen, als vorhanden sind. Zudem verschärft sich die Ungleichheit – und die Finanzkrise hat gezeigt, dass wir keinen tiefen Einblick in die Mechanismen der Märkte besitzen.
Kate Raworth erforschte in ihrem Buch „Die Donut-Ökonomie“ sieben Wege, wie ein Ökonom des 21. Jahrhunderts zu denken. Als Ergebnis davon soll unsere Wirtschaft als Donut gedacht werden. Der innere Kreis zeigt ein Netz der sozialen Absicherung, also die untere Grenze. Der äußere Kreis beschreibt die Beschränkung, die uns durch die natürlichen Ressourcen auferlegt wurde.
Wenn also alle Menschen „im Donut“ leben – im sicheren Raum –, haben wir eine Wirtschaft erreicht, die den Planeten nicht zerstört und in der Menschen nicht in Armut leben müssen.
Forscher an der Universität Leeds haben die Äquivalente der „nationalen Donuts“ für 150 Länder berechnet. Länder wie Österreich, Deutschland, die Schweiz – als wohlhabende Länder – erreichen die Vorgaben bezüglich sozialer Absicherung. Gleichzeitig strapazieren sie die biophysischen Grenzen.
Ärmere Länder bleiben hingegen innerhalb dieser Grenzen, besitzen jedoch kaum Absicherung. Kein einziges der 150 Länder erreicht beide Ziele. Kein Land hat bisher ernsthaft versucht, sie zu erreichen. Derzeit wird alles auf Wachstum ausgerichtet.
Raworth sagt in einem Interview mit Forbes: „Wir sind im ökonomischen Denken des vergangenen Jahrhunderts gefangen. Wachstum ist ein überzeugendes Argument, doch die Natur zeigt uns, dass Wachstum eine Phase des Lebens ist, die irgendwann aufhört. Kinder wachsen – und werden erwachsen; Pflanzen auch.
Wenn etwas versucht, ewig zu wachsen – etwa ein Tumor – ist es eine Gefahr für das System. Wir haben Strukturen geschaffen, die ewiges Wachstum benötigen. Wie kommen wir also von einer Wirtschaft, die wächst – egal, ob es uns gut geht –, zu einer Wirtschaft, in der es uns gut geht – egal, ob sie wächst?„
Riesige Wohnblöcke und Skyscraper mit Parkanlagen in jeder Etage, Palmen und dschungelartigen Grünflächen – das ist das Markenzeichen von WOHA. Für Europäer ist der Anblick der stark begrünten, modernen Bauten noch etwas ungewöhnlich, in Singapur ist er aber längst Standard. Denn kaum eine andere Stadt investiert so viel in die moderne und nachhaltige Bauweise durch Begrünung der Flächen.
Die Vorteile liegen längst auf dem Tisch: Grünflächen auf Häusern wirken wärmedämmend, sie filtern Feinstaub und sind bei Starkregen ein entlastender Puffer für die Kanalnetze.
In Europa hat man gute Luft und viel Grün um sich herum. Dass wir auch in der Bauweise grüner werden sollten, müssen sich unsere Bundesländer von asiatischen Ländern noch abschauen. In Österreich werden Häuser zum Beispiel in Richtung Osten und Westen gebaut, weil man möglichst viel Sonneneinfall haben möchte. In Singapur ist das genau andersherum, da man versucht, Luftzüge durchzubringen und so Schatten bringend wie möglich zu bauen.
Die Gebäudeausrichtung funktioniert dabei zum Beispiel nach Nord-Süd und nicht nach Ost-West – wie in gemäßigten Klimazonen, wo man darauf bedacht ist, das Licht so tief wie möglich in die Gebäude hinein zu bringen.
In Singapur, einer Stadt, die seit Jahren als Vorbild für mehr Nachhaltigkeit im Städtebau im asiatischen Raum gilt, ist die Begrünung von Flächen, auch „Green Replacement“ genannt, sogar gesetzlich vorgeschrieben. Der Stadtstaat ist bekannt für seine radikalen und nützlichen Lösungen, die Smog und Verkehrsproblemen entgegentreten sollen.
So hat Singapur 2017 zum Beispiel die Zulassung neuer Fahrzeuge verboten. Nur bereits gekaufte Autos dürfen also durch neue ersetzt werden. Zudem wird der öffentliche Nahverkehr ausgebaut.
Die einen reisen weniger. Der Anteil des weltweiten Flugverkehrs inklusive Urlaubsflüge beträgt an den klimaschädlichen Emissionen nur 2,7 Prozent, doch auch kleine Veränderungen helfen, die gesamte CO2-Belastung zu verbessern. So werden persönliche Meetings durch Videokonferenzen ersetzt.
Wenn man auf Kurzstrecken reisen muss, reist man eben einen Tag früher mit dem Zug an und kommt ausgeschlafen zum Kunden. Die anderen verzichten auf den Ausdruck von Papier.
Das ist wohl die schnellste Variante, etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Einfach in seine E-Mail-Signatur „Think before you print“ schreiben. Firmen-Mitarbeiter verbrauchen Tonnen an Papier im Jahr – die in der Produktion genau so viel Energie benötigt wie eine Tonne Stahl.
Dabei wäre der Wandel zum papierlosen Büro so einfach, selbst Verträge können heute rechtssicher digital unterschrieben werden. Als fatale Ressourcen-Verschwendung sind auch die ziegelsteinschweren Werbematerialien anzusehen, die aus dem Postkasten sofort in der Altpapiertonne landen.
Der Verzicht auf Papier spart nicht nur den Rohstoff selbst ein, sondern auch die Emissionen, die durch den Transport von Briefen anfallen.
Viele Unternehmen haben in den letzten Jahren Abteilungen für Corporate Social Responsibility (CSR) geschaffen. Dort setzen sie sich mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinander.
Nachhaltigkeitsmanager oder Energie Scouts überlegen, wie nicht nur das Produkt, sondern auch die Arbeit innerhalb der Firma umwelt- und gesellschaftsfreundlicher gestaltet werden kann.
Bündeln können Unternehmen auch die Arbeitswege ihrer Mitarbeiter. Für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in ländlichen Regionen arbeiten, ist Carsharing eine gute Alternative. So fahren nicht mehr vier oder fünf Mitarbeiter getrennt zur Arbeit, sondern teilen sich Auto und Weg und nebenbei auch die Kosten.
Die Bereitschaft, das eigene Auto zu teilen, ist laut Forschern groß. Sich hingegen selber zum Kollegen ins Auto zu setzen, das wollen die Wenigsten. Hier könnten Unternehmen helfen – beispielsweise mit Mitfahrplänen, die anzeigen, welcher Kollege wann welche Strecke fährt und Prämien für ressourcenschonendes Verhalten.
Müssen die Mitarbeiter zum Bespiel sperriges Werkzeug transportieren, könnten Betriebe Lastenfahrräder zur Verfügung stellen. Oder Dienstwägen, die mit Wasserstoff oder Strom angetrieben werden.
Eine weitere Möglichkeit, die Arbeit klimafreundlicher zu gestalten: Firmen könnten die Verpflegung in der Mittagspause ändern. Gibt es eine Kantine, kann auf regionale und biologische Lebensmittel umgestellt werden. Die sind zwar teurer, aber eben auch nachhaltiger.
Ein Teller Spaghetti Bolognese verbraucht knapp dreimal so viel CO2 wie das gleiche Gericht mit Tofu statt Rindfleisch – und Tofu kostet nicht einmal mehr. In Firmen ohne eigene Kantine kann eine gut ausgestattete Küche ein Anreiz sein, damit Kollegen gerne gemeinsam kochen, anstatt zum Beispiel in Plastik verpackte Salate zu kaufen.
Eine nicht ganz so naheliegende Idee ist es, die meist flachen Dächer von Bürogebäuden für den Artenschutz zu nutzen. Start-ups wie Stadtbienen vermitteln Bienenvölker an Unternehmen, deren Stöcke auf dem Dach ein neues Zuhause findet. Zunächst kümmert sich ein Imker um die Bienen.
Ziel ist es, den Mitarbeitern Lust auf einen Imker-Kurs zu machen, sodass sie sich irgendwann selbst um die Bienen kümmern. Im ersten Jahr braucht das Bienenvolk seinen Honig meist selbst, doch danach können die Firmen ihren eigenen Honig ernten.
Lesen Sie auch: https://www.stadtmarketing.eu/staedtische-infrastrukturen-und-nachhaltigkeit/
Quellen für diesen Blog: ORF Thema, Forbes, WOHA
Titelbild (c) WOHA
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