Kinderbetreuung in Gemeinden – so entwickeln Sie Ihre Strategie
01.08.2017
Gesellschaft
01.08.2017
Gesellschaft
Kinderbetreuung in Gemeinden hat Priorität. In ganz Österreich fehlen 21.000 Kinderbetreuungsplätze allein für unter Dreijährige. Städte und Gemeinden sind jetzt am Zug: Wir zeigen Profi-Strategien und ein Best Practice-Modell aus Tirol.
In Österreich fehlen nach wie vor zahlreiche Kinderbetreuungsplätze. Allein bei den unter Dreijährigen sind es 21.000 Plätze, die notwendig wären, damit das Barcelona-Ziel bei den Kleinkindern – für mindestens ein Drittel der Kinder unter drei Jahren soll ein Betreuungsplatz zur Verfügung stehen – in allen Bundesländern erreicht wird.
Gerade kleinere Gemeinden stehen beim sogenannten „bedarfsgerechten“ Ausbau von Kinderbetreuungsplätzen oft vor großen Herausforderungen.
Dipl.-HTL-Ing. Walter Peer, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Communalp, begleitet Gemeinden in der Praxis dabei, Kinderbetreuungseinrichtungen strategisch auszubauen. „Wir kennen viele Fälle, in denen Eltern Betreuungsbedarf angemeldet, aber dann nicht in Anspruch genommen haben. Und umgekehrt von Eltern, die plötzlich Betreuungsplätze benötigten und sich beschwerten, dass diese nicht vorhanden waren“, schildert Peer das Problem.
Die Errichtung von Kinderbetreuungsplätzen in Gemeinden ist freilich kostspielig und ein Vorhaben, dass langfristig ausgelegt ist und nicht immer wieder in alle Richtungen verändert werden kann. Schließlich sind Bau- und Erhaltungskosten sowie Personalkosten und dergleichen damit verbunden. Gerade in ländlichen Gebieten ist auch das Thema Personal ein entscheidender Faktor zum Gelingen der gesamten Einrichtung.
Damit man also von spontanem Denken weg kommt nach dem Motto: „Bauen wir doch schnell einmal eine Kindergruppe in den Ort“ oder – noch schlimmer – vom Betreuungsproblem absieht und dafür plädiert, dass Frauen nur „hinter den Herd“ und ausschließlich zu ihren Kindern gehörten, braucht es ein ganzheitliches Konzept, das die Errichtung von Kinderbetreuungsplätzen in den gesamten Prozess der Stadtentwicklung einschließt.
Walter Peer greift mitunter auf professionelle Erhebungen und Prognosen zur Fertilität und Bevölkerungsentwicklung in der jeweiligen Region zurück. Diese Erkenntnisse kombiniert er und sein Expertenteam mit anderen Parametern. Zum Beispiel mit der Prognose der Zuwanderung, der Anzahl der bestehenden und kommenden Arbeitsplätze sowie dem Angebot an Wohnungen für junge Menschen und Familien. „Wer zum Beispiel heute ein neues Wohnprojekt für seinen Ort plant, weiß, dass er in fünf Jahren zusätzlichen Bedarf an Kinderbetreuung haben wird“, erläutert Peer.
Mithilfe der Basis aller relevanten Informationen kann ein maßgeschneidertes Konzept für den tatsächlichen Bedarf an Kinderbetreuung in Gemeinden in der Zukunft geschaffen werden. „Dabei muss man sich bewusst sein, dass Kinderbetreuung nicht nur die Krabbelstube und den Kindergarten betrifft, sondern sich als nachhaltige Begleitung vom Kleinkind bis ins Erwachsenenalter versteht“, betont Peer. Schließlich leistet auch die Jugendarbeit in Gemeinden einen großen Beitrag zur Lebensqualität und zur Bindung der Erwachsenen von morgen an ihre Gemeinde.
Analysieren Sie, welche Baulichkeiten Sie für die Kinderbetreuung in Gemeinden bereits haben, wie die Öffnungszeiten der vorhandenen Einrichtungen gestaltet sind.
Erheben Sie gemeinsam mit Profis, wie sich Ihre Gemeinde mittel- und langfristig entwickeln wird. Wenn Sie zum Beispiel ein neues Wohngebiet eröffnen, können Sie evaluieren lassen, wie der Bedarf an Kinderbetreuungsplätzen unter Berücksichtigung der Fertilität in zehn Jahren aussehen wird.
Aus der Ist-Soll-Differenz bringen Sie mit Profis Szenarien zu Papier, wie sich die Gesamtsituation in Ihrer Gemeinde unter Berücksichtigung anderer relevanter Projekte – wie zum Beispiel der Errichtung neuer Büros oder Altenbetreuungseinrichtungen – am besten lösen lässt. Dann können Sie bereits mit den Ausschreibungen beginnen, und Sie befinden sich auch schon mitten in Ihrem Projekt!
Nicht zu vergessen: Je besser Ihre Planung im Vorfeld ausgearbeitet wird, desto höher stehen Ihre Chancen auf hohe Förderungen!
Setzen Sie auch bei der Umsetzung weiterhin auf die Begleitung von Profis. Sie helfen Ihnen, das Auftreten von nicht vorhersehbaren Ereignissen zu minimieren und vor allem die Kosten immer im Blick zu halten.
Im September 2017 ist es so weit. Da startet das neue Schuljahr. Und mit ihm gehen die neuen Kinderbetreuungseinrichtungen in der 2000-Seelengemeinde Mieders in Betrieb. Darunter eine neue und vergrößerte Volksschule mit integrierter Musikschule und Räumlichkeiten für die Blasmusik.
Unter dem neuen Dach der Volksschule befindet sich nun auch ein Hort für die Nachmittagsbetreuung, der in den Ferien zu einer alterserweiterten Betreuung mit den Kindergartenkindern umfunktioniert wird, und in der neuen Kinderkrippe finden ebenso die ganz Kleinen tagsüber eine liebevolle Betreuung.
Bürgermeister Daniel Stern, der selbst Vater von zwei kleinen Kindern ist, ist überzeugt, dass dieser Weg der einzig Richtige für seine Gemeinde ist. „Ganz egal, ob Frauen arbeiten gehen müssen oder wollen – die Kinderbetreuungsplätze müssen in jeder Gemeinde vorhanden sein wenn wir wollen, dass die Gesellschaft und die Familien weiterhin funktionieren.“
Vorausgegangen war dem umfassenden Ausbau ein Beteiligungstag für die BürgerInnen. „Wir haben einen ganzen Tag lang die BürgerInnen in unseren Gemeindesaal eingeladen, an verschiedenen Tischen mit uns über ihre Wünsche und Vorstellungen zu sprechen.
Dabei ging es um Themen wie Infrastruktur, Wohnen oder Bildung.“ Stern: „Ich würde so einen Prozess nie mehr ohne die Einbindung der Bürger und Bürgerinnen angehen.“
Das Ergebnis war nicht nur das neue Kinderbetreuungsangebot, sondern auch die Errichtung neuer und leistbarer Wohnungen für Jungfamilien. „Dieses Angebot kann entscheidend für uns sein, dass Menschen, die hier aufgewachsen sind und selbst eine Familie gründen, eben hier bleiben und nicht abwandern.“
Wobei: Mit dem Thema Abwanderung hat Mieders grundsätzlich nicht zu kämpfen. Ganz im Gegenteil: „Da wir am Speckgürtel von Innsbruck liegen, ist die Nachfrage nach neuen Wohnungen auch von StädterInnen enorm. Diese erwarten sich hier allerdings auch die entsprechende Infrastruktur – und setzen auch voraus, dass die Kinderbetreuung reibungslos klappt.“
In St. Valentin hat die Kinderbetreuung schon seit Jahrzehnten einen hohen Stellenwert. „Es ist selbstverständlich, dass wir unsere Einrichtungen laufend ausbauen“, sagt Amtsleiter Rudolf Steinke. „Unser Anspruch ist, vom Kleinkindalter bis zu den Jugendlichen lückenlos das passende Angebot bereit zu haben.“ Und das gelingt in der Stadt mit 9.300 EinwohnerInnen sehr gut.
Erst kürzlich hat man die Nachmittagsbetreuung in der Sonderschule ausgebaut. In den Ferien, wenn die regulären Kindergärten drei Wochen lang geschlossen sind, nehmen jedes Jahr bis zu 90 Kinder am Ferienspiel teil, das ihnen ein altersgemischtes Sommerprogramm mit vielen Aktivitäten ermöglicht.
Zusammen mit drei ortsansässigen Firmen wurde sogar ein gemeinschaftlicher Betriebskindergarten organisiert, der von der Volkshilfe betrieben wird. Die Räumlichkeiten und teilweise das Personal stellt die Gemeinde zur Verfügung, wobei St. Valentin dafür Förderungen lukrieren konnte.
Insgesamt verfügt die Stadt über zwei Volksschulen, zwei Neue Mittelschulen, eine Polytechnische Schule, eine Sonderschule, drei Kindergärten, ein Jugendzentrum und einen Schülerhort, an dem am Nachmittag die Kinder aus allen Schulen zusammentreffen.
Um das ganze Potenzial der Stadt auszuschöpfen, hat St. Valentin auch das Audit Familienfreundliche Gemeinde abgeschlossen.
Über Kurz oder Lang wird sich jede Gemeinde mit dem Thema Kinderbetreuung für alle Altersstufen auseinandersetzen müssen. Dabei gilt: Lieber früher als später. Denn in Zeitnot und unter Druck sind noch selten nachhaltige Lösungen entstanden. Darüber hinaus sollten Kinderbetreuungsplätze als Teil eines komplexen Stadtentwicklungsprozesses geplant und errichtet werden. Nehmen Sie sich dazu einen Profi an die Seite: Er unterstützt dabei, alle Vorhaben bedarfsgerecht, termintreu und kosteneffizient umzusetzen.
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Titelbild Copyright: Gemeinde Mieders
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