Jung und Alt: Initiativen & Ideen für Generationenbrücken
14.10.2024
Gesellschaft

14.10.2024
Gesellschaft
Städte bieten enormes Potenzial, die Generationen zu verbinden. Statt Konflikte zu betonen, können durch gezielte Vernetzung Jung und Alt voneinander lernen und gemeinsam Innovationen schaffen. Stadtmarketing-Organisationen können diese Kooperation aktiv fördern – und tragen so entscheidend zu einem besseren Miteinander bei.
Ein weiser Mann soll einmal gesagt haben: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“ Auch wenn das Zitat nicht exakt belegt ist, spiegelt es den Ausdruck der heutigen Generationskluft recht gut wieder. Hätte mich jemand gefragt, von wem dieses Zitat stammt, wäre mir spontan ein Philosoph dieser Tage, wie Konrad Liessmann eingefallen. Sie werden überrascht sein. Es war Sokrates. Irgendwann vor 2.400 Jahren.
Aber was bringt es uns, über die Konflikte zwischen 3 Generationen zu jammern? 3 Generationen, die individuell betrachtet, bemerkenswertes in diesen herausfordernden Zeiten leisten? Wer mit offenen Augen zum Thema durch die Welt geht, liest und hört, dass beim Aufeinandertreffen dieser unterschiedlicher Generationen – im Arbeitsumfeld und darüber hinaus – weit mehr geschieht als nur der oft thematisierte Konflikt. Immer öfter entstehen Chance auf gegenseitige Bereicherung und innovative Zusammenarbeit.
Und weil schon Buddha sagte: „What you think, you become. What you feel, you attract. What you imagine, you create“, sind wir gut beraten, unsere morbide, dystopische und oft sehr negative Denkweise über Bord zu werfen. Was zwischen Jung und Alt abgeht, sind coole Freundschaften, visionäre Projekte, inspirierende Partnerschaften und die gegenseitige Befruchtung von Erfahrung und frischen Ideen, die gemeinsam neue Horizonte erschließen und Innovationen fördern.
Die Frage trifft natürlich den Kern eines aktuell globalen gesellschaftlichen Problems. Eine Vernetzung zwischen den Generationen ist ein entscheidender Faktor für soziale Integration, gegenseitiges Lernen und das Gefühl von Zugehörigkeit. Fehlt dieser Austausch, kann das zu Isolation auf beiden Seiten führen.
Ältere Menschen leiden häufig unter Einsamkeit, vor allem wenn sie in den Ruhestand gehen, ihre sozialen Kreise kleiner werden oder familiäre Strukturen sich auflösen. Ohne Kontakt zu jüngeren Generationen fehlen ihnen oft Impulse, um aktiv und geistig beweglich zu bleiben. Der Austausch mit Jüngeren bietet ihnen die Möglichkeit, an neuen Technologien, Trends und Lebensansichten teilzuhaben, was wiederum das Gefühl gibt, weiterhin Teil der Gesellschaft zu sein.
Umgekehrt profitieren auch junge Menschen enorm von der Verbindung mit älteren Generationen. Fehlt dieser Kontakt, drohen ihnen nicht nur ein Mangel an wertvollen Erfahrungswerten und Weisheit, sondern auch das Risiko, sich in einer von digitalen Medien und schnellen Veränderungen dominierten Welt verloren zu fühlen. Die Weisheit und Lebenserfahrung älterer Menschen kann eine Art Anker darstellen, der jungen Menschen Orientierung und Beständigkeit in einer zunehmend schnelllebigen Welt gibt.
Dagmar Hirche, Gründerin des Vereins „Wege aus der Einsamkeit“ in Hamburg, war überzeugt, dass es genügend Initiativen gibt, die gut funktionieren, als ich sie vor einige Jahren interviewte. Warum werden diese nicht flächendeckend umgesetzt, frage ich. Hirche antwortete: „Es hapert am Bewusstsein. Am Geld. Am Comittment der Kommunen.“ Und erklärt: „In unserem Verein ist keiner hauptamtlich eingestellt, alle arbeiten ehrenamtlich. Oft bleibt der größte Teil der Arbeit an einer Person hängen.“
Da hat sie recht. Ehrenamtlich funktioniert, vor allem in Österreich, wird aber mit dieser Generation aussterben. Die jüngeren Leute haben nicht denselben Willen und die Kraft, viele Bälle (Job, Familie, Freizeit plus eine ehrenamtliche Tätigkeit) gleichzeitig zu jonglieren.
Hirche fuhr fort: „Es hängt, gerade im ländlichen Bereich, sehr stark von der Unterstützung der Politik und Verwaltung ab, ob Dinge in Gang gesetzt werden.“ Wo wir wieder mal beim Thema Geld wären. Ohne Geld, ka Musi.
Ein möglicher Lösungsvorschlag: Menschen, die sich um die Anliegen des Dorfes, der Kleinstadt, der Gemeinde kümmern. Bezahlt. Aus dem lokalen Budget. Dieser Job muss ausgeschrieben, gecastet und ordentlich budgetiert werden. Die Resultate werden das Budget amortisieren. Davon sind viele Menschen, die jetzt schon Kümmerer sind, weil sie sich um die regionale Entwicklung sorgen, überzeugt.
Weitere Anregungen, wie man Städte und Kommunen altersfreundlich gestalten kann – hier!
Die Coronakrise und Isolation, die sie auslöste, steckt vielen älteren Personen noch in den Knochen. Dabei ist diese Altersgruppe so fit wie nie zuvor. Nicht gebraucht werden, auch wenn man sich noch gesund und kräftig fühlt, ist wie ein Todesurteil, sagt eine andere ältere Dame im ORF-Interview. Denn das Gefühl, das durch Politik, Medien und viele Job-Recruiter und Human Ressource Abteilungen bei Menschen ab 50 Jahren (ja, da lesen Sie richtig) erzeugt wird: Ich gehöre (schon) zur Randgruppe.
„Hätten wir uns alle zu 100% an die Bestimmungen gehalten, wären viel mehr Senioren tot“, lautete die Aussage einer rüstigen 80-jährigen einige Monate, nachdem Corona ältere Menschen von den Straßen fegte. Ich erinnere mich gut, dass meine krebskranke Mutter damals meinte: „Wenn ich Euch zu Ostern nicht sehen kann, sterbe ich lieber auf der Stelle.“ Wir haben sie getroffen. Mit Handschuhen und Masken und alle 3 Generationen waren glücklich.
Dagmar Hirche – Leuchtfigur vom Verein ‚Wege aus der Einsamkeit‘ – setzt sich stark für die digitale Souveränität älterer Menschen ein. Sie hat in wenigen Jahren 7.000 ältere Menschen aus der digitalen Isolation geholt. Jung und Alt verbinden, das sei mit etwas Willen und einem Quentchen Hartnäckigkeit nicht schwer, sagt sie.
Hirche hat eine digitale Sprechstunde an einer Schule in Hamburg ins Leben gerufen. Idee dahinter sei gewesen, dass ältere Menschen, die im Umkreis der Schule leben, die Handhabe mit dem Handy und Tablet von den Schüler lernen. „Wir befähigen die Schüler, die Bedürfnisse älterer Menschen zu erkennen und im Beratungsgespräch darauf einzugehen.
Das beinhaltet langsam, deutlich und laut zu sprechen und geduldig die Handlungsanweisungen wiederholt zu erklären. Die Kinder müssen lernen, englische Begriffe, die zu ihrer Alltagssprache gehören, in die deutsche Sprache zu übersetzen. Sie lernen von uns auch, sich von den Senioren nicht vereinnahmen zu lassen, sondern respektvoll auf die vorgegebene Beratungsdauer hinzuweisen.“
„Jung und alt zusammenzubringen, das ist nicht schwer“, ist Dagmar Hirche überzeugt. „Der ältere Mensch bietet dem jüngeren Know how, z.B. in Geschichte, Mathe, Deutsch oder auch im Klavierspielen und Schach trainieren. Ein gemeinsames Hobby ausüben, wie basteln oder in der Werkstatt herumschrauben; dafür braucht es engagierte Menschen, die die verschiedenen Generationen dazu motivieren, sich auf den Austausch einzulassen. Eltern und Lehrer können dies von klein auf fördern.“
Der letzte mediale Coup von Hirche ist das Buch „Wir versilbern das Netz! Das neue Erklärbuch“. Es erklärt über 170 digitale Begriffe auf praktische Weise und bietet damit eine verständliche Einführung in die digitale Welt. QR-Codes im Buch führen zu Erklärvideos, die das Lernmaterial ergänzen. Das Buch ist speziell darauf ausgerichtet, älteren Menschen den Einstieg in die digitale Welt mit Spaß und Freude zu erleichtern.
Die Generation Z bringt frisches Wissen aus den Hochschulen und Ausbildungsstätten mit und strebt nach Mitgestaltung und Flexibilität. Für sie steht die Selbstverwirklichung im Vordergrund, während ökonomischer Wohlstand eher zweitrangig ist. Erfahrene Mitarbeiter hingegen, die meist schon Jahrzehnte im Berufsleben stehen, haben durch ihre Lebenserfahrung und gefestigte Werte wie Loyalität und Verantwortung andere Schwerpunkte. Diese unterschiedlichen Auffassungen führen oft zu Konflikten – gerade wenn es um die Themen Technologie, Diversität oder neue Arbeitsformen geht.
Studien besagen immer wieder, dass ein Großteil der älteren Generation regelmäßig mit der Arbeitseinstellung der Generation Z in Konflikt gerät. Doch diese Spannungen können, um positiv zu bleiben, viele positive Auswirkungen haben. Wenn die verschiedenen Generationen erkennen, dass sie sich durch ihre Stärken ergänzen, eröffnen sich neue Möglichkeiten.
Um miteinander auszukommen und einander kennenzulernen, braucht es eine Form der Beziehung und Gespräche. Wenn wir Kommunikation planen, die verschiedene Generationen anspricht, müssen wir sicherstellen, dass die Sprache vom Absender zum Empfänger mitgedacht wird. Gerade in Zeiten, in denen Kommunikationskanäle zunehmen und die Geschwindigkeit der Botschaften zunimmt, stellt sich die Frage, ob ältere Menschen noch mithalten können.
Wenn ein Anfang 30-Jähriger über das Design und die kleinen Textfelder der neuen Software-Programme klagt, wissen wir Bescheid, dass nicht der Nutzer, sondern der Designer Nachhilfeunterricht im Generationenverstehen braucht. Wenn die unterschiedlichen Generationen einer Familie nicht im selben Haus, derselben Nachbarschaft oder derselben Stadt wohnen, isolieren sie sich schneller – vor allem, wenn Krankheiten und körperliche und mentale Einschränkungen spürbar sind.
Es ist dann ganz wichtig, dass sich ältere auf solche Hilfe einlassen. Viele Menschen sind einsam, weil sie es so wollen, beziehungsweise nicht auf andere Menschen zugehen können. Wir müssen den Älteren Mut machen, solche Angebote anzunehmen. Einfach nur ein Angebot zu entwickeln in der Hoffnung, dass einsame Menschen „von alleine zu einem kommen“ ist zu wenig.
Das ist ein Aufruf an Bürgermeister und Initiatoren von Generationenprojekten: Berücksichtigen Sie diesen Aspekt bei der Planung. Sei es durch eine begleitende Kampagne in traditionellen Medien (bei nichtvorhandenen Kommunikationsbudgets lassen Sie sich die Kampagne von den Medien, der Wirtschaft oder der Industrie sponsern), sei es durch Kooperationen mit jenen Organisationen, die den älteren Menschen am nächsten sind, z.B. Caritas, Hilfswerk, mobile Pflegeinstitutionen.
Sich für eine Gruppe „fremder Menschen“ zu öffnen, bedeutet eine große Veränderung im Leben von älteren Menschen. Es braucht vor allem Vertrauen in die Protagonisten und in den Träger. Auch dieses Vertrauen will geübt werden.
Die Sprache entwickelt sich anderseits von Generation zu Generation weiter. Jugendliche sprechen anders als alte Menschen – vor allem untereinander. Sie verwenden andere Füllwörter, Verkürzungen und einen anderen Satzbau. Ältere Menschen lernen von den Jungen, wenn es um neue Wörter, Ausdrücke, technische Erklärungen geht.
Die neuen Formen und Funktionen der Sprache werden innerhalb der eigenen Familie zum gegenseitigen Profit der Generationen angewandt. Die Jungen profitieren beim Zusammensein mit Älteren, weil sie mit den Großeltern in vollen Sätzen sprechen. Sie verwenden weniger Abkürzungen. Das trägt positiv zur sprachlichen Prägung der Kinder bei, sagen Experten.
Warum sich bereits mehr als achtzig Standorte in Österreich als Mitglieder beim Dachverband Stadtmarketing Austria austauschen?
Weil wir gezeigt haben, dass „Miteinander“ mehr bringt. Im Miteinander machen Sie für Ihren Standort das Mögliche zum Machbaren. Wir unterstützen Sie dabei mit Know-how, das sich in der Praxis bewährt hat, mit Weiterbildung, die neue Perspektiven eröffnet sowie mit Erfahrungsaustausch, der Sie in Ihrer Rolle stärkt.
Formen Sie aktiv die Zukunft des Stadtmarketings!
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