Anforderungen des innerstädtischen Wohnens an den öffentlichen Raum
30.01.2018
Wohnen
30.01.2018
Wohnen
Urbanisierung ist einer der Megatrends, die uns in den nächsten Jahrzehnten begleiten werden. Was macht innerstädtisches Wohnen für viele Menschen attraktiv? Wir zeigen die wichtigsten Punkte.
Schon mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt heute in Städten. Die Tendenz ist weiter steigend. und diese Entwicklung hat enorme Auswirkungen auf die Anforderungen der Stadtplanung. Denn wo immer mehr Menschen auf gleich bleibendem Raum zusammen leben, entstehen neue Herausforderungen, die gelöst werden müssen.
Die Entwicklung geht allerdings in zwei Richtungen: In Europa sind es vor allem ältere Menschen, die (wieder zurück) in die Städte drängen, da sie gerade im zweiten Lebensabschnitt die Annehmlichkeiten der Stadt schätzen. Zugleich wird Wohnraum zunehmend knapp und teurer, was bei vielen jungen Familien zur Folge hat, dass sie sich selbst mit durchschnittlichem Einkommen ein gewisses Ausmaß an Wohnfläche immer schwerer leisten können.
Das führt dazu, dass immer mehr junge Familien vom Stadtzentrum hinaus in die Peripherie aufs Land ziehen, wo Grund und Boden noch erschwinglicher sind und sie mit ihren Kindern Ruhe und Erholung abseits des Großstadttrubels genießen können.
Laut aktuellsten Daten des Maklernetzwerkes Remax sind die Wohnungspreise in Österreich um 39,8 Prozent gestiegen. Auch die freifinanzierten Mieten gehen in den Ballungsräumen nur in eine Richtung: Steil nach oben.
Zwar geben laut Statistik des Österreichischen Wohnhandbuches 2016 Menschen lediglich 18 Prozent ihres Einkommens für das Wohnen aus, jedoch trügen diese Zahlen. Denn in diese Bewertung fließt mit 57 Prozent der ÖsterreicherInnen ein nicht unbedeutender Teil jener Immobilieneigentümer ein, die ihren Kredit für Eigentum bereits abbezahlt haben.
Die Nachfrage nach günstigem Wohnraum ist gerade für junge Familien ungebrochen. Eine Folge dieser Entwicklung der teuren Wohnungs- und Mietpreise ist auch, dass wir zunehmend in kleineren Wohnungen leben werden. Nicht zuletzt deshalb, weil eine Frau aktuell im Schnitt nur mehr 1,4 Kinder zur Welt bringt. Während es in der Nachkriegszeit noch 2,3 Kinder waren.
Freizeitgestaltung, die sich früher noch in den eigenen vier Wänden abspielte, wird also zunehmend nach außen verlagert.
Für die Errichtung von Wohnraum bedeutet das, Wohnungen für die einzelnen Personen und Familien kleiner zu planen, dafür mehr Gemeinschaftsflächen einzuplanen. In Baugruppen, in denen künftige BewohnerInnen ihre Wohnhäuser selbst konzipieren und umsetzen, wird das bereits verstärkt umgesetzt.
Aufgrund der mangelnden Grundstücksflächen gewinnen auch Hochhäuser in Österreich – wenn im internationalen Vergleich auch nur mäßig – an Relevanz. Bei der Errichtung dieser in den Himmel ragenden Massenwohnungsbauten stellt sich die Frage, ob und an welchen Orten der Stadt diese Architektur in das Stadtbild passt.
Um einer übersteigerten Anonymität der BewohnerInnen vorzubeugen, sind auch hier Gemeinschaftsflächen für ein friedliches und geselliges Zusammenleben sinnvoll. Kontakte in der Nachbarschaft tragen auch dazu bei, das subjektive Sicherheitsempfinden zu steigern.
Welche Maßnahmen können Sie also setzen, um die Kommunikation der BewohnerInnen Ihrer Stadt untereinander zu fördern? Ein international erfolgreiches Beispiel ist Urban Gardening und Urban Farming.
Denn die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen und das Bedürfnis nach regionaler, gesunder Ernährung hat auch den eigenen Anbau von Obst und Gemüse schick gemacht. Wenn Grünflächen gemeinsam bewirtschaftet werden, ist das nicht nur eine sinnvolle und kommunikative Freizeitbeschäftigung. Es fördert auch die Gemeinschaft und hat nicht zuletzt einen ästhetischen Effekt auf das Stadtbild.
Dazu kommt, dass ein weiterer Megatrend unsere Gesellschaft in Zukunft nicht loslassen wird – die Digitalisierung. Mit dem Aufstieg von Internet, Onlinehandel und Sozialen Netzwerken können und müssen wir in immer weniger Zeit mehr Dinge erledigen.
Damit Körper und Geist zur Ruhe kommen können, sehnen wir uns immer mehr nach Entspannung, Besinnung und Entschleunigung. Und wo könnten wir diesen Wünschen besser nachgehen als in der Natur? Ausreichend Grünflächen, Parks und konsumfreie Zonen machen schnelle Erholung selbst mitten in der Großstadt möglich.
Bei den steigenden Temperaturen, die durch den Klimawandel bedingt werden, werden auch die Sommermonate in den Städten immer heißer. Stadtstrände, Surfspots oder Badeschiffe sind für Jung und Alt eine willkommene Möglichkeit der Abkühlung. Die womöglich sogar fußläufig, mit dem Fahrrad oder in wenigen Stationen mit dem öffentlichen Verkehr von der eigenen Wohnung erreichbar ist.
Für Familien sind Spielplätze unter den Freiflächen besonders relevant. Der Trend geht dabei weg vom einfachen „Schaukel-Rutsche-Sandkiste-Konzept“. Hin zu Erlebnisspielplätzen, Themen- und Freizeitparks. In Motorikparks wie zum Beispiel in diesem hier in Wien können sowohl Kinder als auch Erwachsene ihr Bewegungstalent entdecken und zugleich ihre Fitness stärken.
In Gänserndorf hat man den ehemaligen Safaripark in einen Erlebnispark umfunktioniert, in dem sich Kinder und Jugendliche unter anderem beim Hochseilklettern und Bogenschießen austoben können.
Und wie können die Kleinen ihren großen Bewegungsdrang auch in der kalten Jahreszeit stillen? Am Besten in Indoorspielplätzen. Beispielsweise im Lollipark Pasching, im Tagaluba in Linz, im Hoppolino in Salzburg oder im Family Fun in Wien, bei denen sich die Eltern inzwischen bei Kaffee, Kuchen oder Pizza unterhalten können.
Ein brennendes Thema bleibt die bedarfsgerechte Kinderbetreuung. Schließlich fehlen in ganz Österreich 21.000 Kinderbetreuungsplätze alleine für unter Dreijährige.
Laut Statistik Austria liegt der Anteil der Vollzeitbeschäftigten Frauen im Alter von 20 Jahren noch bei 80 Prozent. Dieser sinkt aber bis in die Altersgruppen um Mitte 30 kontinuierlich ab. Er steigt anschließend nur schwach wieder an. Bei den Männern bleibt die Quote jenseits der 90 Prozent weitgehend konstant.
Die Frage nach dem Warum ist nicht schwer zu beantworten. Weil Frauen immer noch den Großteil der unbezahlten familiären Pflichten übernehmen. Und nebenbei eben gezwungener Maßen auf schlechter bezahlte Teilzeitjobs umsteigen.
Ein Ausbau der qualitativen Kinderbetreuungseinrichtungen unterstützt auch Frauen dabei, die Lohnschere zu schließen und sich frühzeitig gegen Altersarmut abzusichern.
Darüber hinaus ist eine Stadt nur lebenswert, wenn es ausreichend attraktive Jobangebote gibt. Dazu muss Ihre Kommune als Unternehmensstandort attraktiv sein. Dabei geht es nicht nur um die Branchenriesen, sondern auch um die Kleinen.
Menschen sind heute nicht mehr an fixe Arbeitsplätze gebunden. Dazu nimmt der Anteil an Freelancern, neuen Selbstständigen und Kleinunternehmern laufend zu. Mit dieser Entwicklung sind neue Konzepte gefragt, die Wohnen und Arbeiten verbinden und Kleinunternehmern die Möglichkeit geben, in Shared Offices oder Kleinbüros zu arbeiten.
Menschen in der zweiten Lebenshälfte ziehen vermehrt vom Land in Städte zurück. Während Jungfamilien ihr Glück öfter in der Peripherie der Städte suchen. Eine gute Anbindung an den öffentlichen Verkehr, leistbares Wohnen und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten einschließlich ausreichender Kinderbetreuung zählen zu den wichtigsten Kriterien, nach denen Familiendomizile in Randgebieten ausgewählt werden.
Diese Entwicklung der Stadt-Landbewegung von Generationen führt zu einem schleichenden Wandel der Bevölkerungsstruktur in Stadt und Land und zu neuen Anforderungen an die Infrastruktur. Lesen Sie dazu: Was Menschen brauchen, um wieder in das Stadtzentrum zu kommen.
Fotocredit Titelbild: Fotolia
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