Gesundheit – ein relevanter Faktor für die Standortentwicklung
16.03.2022
Gesellschaft
16.03.2022
Gesellschaft
Eine starke und innovative Gesundheitsbranche kann einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Lebensqualität für Kommunen leisten und Frequenzbringer sein. Dennoch wird der Stellenwert von Gesundheit als stabiler Standortfaktor oft niedrig bewertet oder unterschätzt.
Gesundheit wird als Standortfaktor meist noch stiefmütterlich behandelt. Zu den wichtigsten Standortvorteilen zählen nach wie vor Verkehrsinfrastruktur, Rechtssicherheit oder personelle Ressourcen. Der Gesundheitssektor spielt bei der Standortwahl bisher keine oder nur eine untergeordnete Rolle, das zeigt sich auch darin, dass zu diesem Thema für Österreich wenig Datenmaterial vorhanden ist.
Ziehen wir deutsche Studien heran wie beispielsweise die Studie „Gesundheit als Standortfaktor“ des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg, finden wir dort die zehn wichtigsten Standortfaktoren aufgelistet, unter denen nur eine einzige mit Gesundheitsrelevanz angeführt wird: der hohe Freizeitwert. Das weist darauf hin, dass der Gesundheitssektor als Standortfaktor meistens mit Lebensqualität in Verbindung gebracht wird.
Quelle: https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/abstract/10.1055/s-2007-982794
Die für Deloitte im Jahr 2021 befragten Führungskräfte sowie internationale Rankings bestätigen. Der Standort Österreich schafft es weiterhin, im Bereich Lebensqualität zu punkten. Die aktuellen Studienergebnisse zeigen, dass die Covid-19-Krise aber auch hier ihre Spuren hinterlassen hat.
Die Lebensqualität ist nicht nur für die Menschen im Land wichtig, sondern ist darüber hinaus für internationale Führungskräfte ein Grund, hier zu leben, zu arbeiten und vor allem auch zu investieren.
Österreich hätte laut den befragten Unternehmen mit seiner äußerst hohen Lebensqualität weiterhin ein „echtes Ass im Ärmel.“ Diese Einschätzung spiegeln auch die internationalen Rankings wider.
Die Qualität der Umwelt wird von 92 Prozent der befragten Studienteilnehmer:innen mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet, die individuelle Sicherheit von 93 Prozent. Das seien laut Deloitte „Werte, die kaum mehr zu übertreffen sind.“ Der soziale Zusammenhalt wird von rund 65 Prozent mit „sehr gut“ oder „gut“ bewertet.
Das ist ein hoher Wert, der aber im Vergleich zur Umfrage von 2020 (83 Prozent) doch deutlich gesunken ist. Auch das Gesundheitssystem (85 Prozent „sehr gut“ oder „gut“) wird weniger positiv bewertet als im letzten Jahr (96 Prozent).
Quelle: https://www2.deloitte.com/at/de/seiten/radar/articles/lebensqualitaet.html
Der Megatrend Gesundheit ist nicht erst seit der Corona-Pandemie zum großen Zukunftsthema geworden. Menschen pflegen zunehmend einen aktiven Lebensstil, bei dem sie selbst Verantwortung für ihr körperliches und seelisches Wohlbefinden übernehmen. Corona hat diesen Trend einerseits beschleunigt und andererseits durch die Lockdowns beschränkt, da diverse Sport-, Freizeit- und Gesundheitseinrichtungen vorübergehend nicht mehr nutzbar waren.
Verstärkt durch die Pandemie gewinnen weiche Standortfaktoren – besonders Gesundheit oder die Frage „Wie gesund ist der Ort, an dem ich wohne und arbeite? Welche Lebens- und Aufenthaltsqualität bietet mir, meinen Mitarbeitenden, Gästen und Kund:innen dieser Ort?“ an Bedeutung.
In einer Studie von PwC Deutschland bestätigen 86 Prozent der Befragten, dass sich ihr Lebensstil seit der Pandemie verändert hat. 55 Prozent sehen die Verantwortung für Gesundheit bei Patient:innen selbst und 26 Prozent fühlen sich durch die Pandemie gestresster als zuvor.
Beim Gesundheitsfaktor Ernährung gibt es eine positive Trendwende: 24 Prozent der Bürger:innen haben mehr auf ihre Ernährung geachtet, und mit 92 Prozent möchten nahezu alle auch in Zukunft mehr Wert darauf legen, was sie essen. Darüber hinaus möchte jede/-r Zweite künftig das Kaufverhalten verändern. Mehr „Selfcare“ hat sich jede/-r Dritte vorgenommen.
Quelle: https://www.pwc.de/de/gesundheitswesen-und-pharma/ein-neues-gesundheitsbewusstsein.html
Abgesehen von der Relevanz in der Gesellschaft, ist die Gesundheitsbranche aus volkswirtschaftlicher Sicht ein stabiler Wirtschaftsfaktor. Im Gegensatz zu anderen Branchen zeigt er sich als konstant bezüglich Konjunkturschwankungen. Im Vergleich zu saisonabhängigen Sektoren bietet er beispielweise Stabilität bei Beschäftigungsverhältnissen. Wenn die Gegebenheiten am Standort vorhanden sind, ist es daher sinnvoll, als Stadt oder Gemeinde eine Plattform zu bieten, um lokale Angebote aus dem Gesundheitssektor aktiv zu bündeln und zu präsentieren.
St. Johann in Tirol verfügt über eine signifikante Konzentration an Ärzt:innen, Therapeut:innen sowie Unternehmen aus der Gesundheitsbranche. Das macht das Thema Gesundheit zum kommunalen Schwerpunkt und begründete die Motivation, das Thema in die Standortentwicklung aufzunehmen und oben genannte Plattformfunktion zu bieten.
Das stellte uns vor zwei entscheidende Herausforderungen:
Wir starteten unseren Prozess mit einer Befragung von 150 Anbieter:innen im Gesundheitswesen vor Ort, für die wir das Management Center Innsbruck beauftragt haben. Dabei stellte sich heraus, dass 72,8 Prozent eine verstärkte Positionierung St. Johanns als Gesundheitsstandort als sehr wichtig empfinden. Zudem zeigte sich eine hohe Teilnahmebereitschaft an einem Fachkongress und einem Veranstaltungstag, an welchem die Öffentlichkeit einen „Blick hinter die Kulissen“ des Gesundheitssektors erhält.
Durch unterschiedliche Trägerprojekte arbeiten wir laufend daran, St. Johann in Tirol als gesunde Region zu etablieren. Ebenso setzen wir Maßnahmen, um den öffentlichen Diskurs zu erhöhen.
Vernetzung ist bei uns ein zentraler Faktor. Darum veranstalten wir seit 2015 verschiedene Veranstaltungen, die zu einem besseren Austausch der diversen Anbietenden führen:
Im Rahmen des Projektes WinHealth haben wir in der Pilotregion St. Johann in Tirol mit Partnern wie der Paracelsus Medizinische Privatuniversität Salzburg, der UMIT, der Standortagentur Tirol und der FH Salzburg zusammengearbeitet.
Es wurden unter Berücksichtigung der natürlichen Gegebenheiten vor Ort gesundheitstouristische Angebote entwickelt. Dabei wurden die Themen Sport und Gesundheit durch die Expertise der Orthopädieabteiliung des Bezirkskrankenhaus und die des Vereins der Kitzbüheler Bergführer verknüpft.
Fragen, die man sich bei der Positionierung stellen kann, sind: Welche Besonderheiten hat die Natur in der Region zu bieten, die in Zusammenhang mit Gesundheit, Prävention und einer hohen Lebensqualität stehen können? Sind es etwa Wasserfälle, Berglandschaften oder eine Therme? Und wie kann man diese Gegebenheiten mit den Angeboten für Gesundheit verbinden und Synergien zwischen bestehenden Dienstleister:innen schaffen?
Über einzelne Fachbereiche hinausgehende Kooperationen können Entwicklung und innovation im Ort initiieren, dafür braucht es Stadt-/Ortsmarketings als Schnittstelle.
Alexander Schauflinger, Geschäftsführer der Agentur Fine Facts Health Communication, rät vor allem kleinen Kommunen dazu, sich zu Beginn zunächst bei bestehenden Programmen anzuschließen, um deren Strukturen zu nützen – beispielsweise Projekte wie „Gesunde Gemeinde“, „Gesunde Region“ oder Win Health.
„In der Kommunikation ist es entscheidend, auf Augenhöhe auf den anderen zuzugehen und andere mit an Bord zu holen“, sagt Alexander Schauflinger. „Das ist in St. Johann durch die Vernetzung bei den Gesundheitstagen sehr gut gelungen.“
Während wir in St. Johann in Tirol früher zwischen Angeboten für Einheimische und Gäste unterschieden haben, reduzieren wir diese Trennung als gezielte Strategie heute laufend.
Darum haben wir uns für das Projekt „gesunde.region“ der Lebensraum Holding (Tirol Werbung, Agrarmarketing, Standortagentur Tirol) beworben. Als gesunde.region werden wir gemeinsam mit privatwirtschaftlichen und wissenschaftlichen Expert:innen dabei unterstützt, für die Bevölkerung und Gäste ein klares Angebot und Profil als Gesundheitsregion zu bieten.
Quelle: https://www.standort-tirol.at/unternehmen/gesundtirol/gesunderegion
Welche Chancen ein Thema in sich birgt und wie es zur Positionierung eines Ortes beitragen kann, wird erst dann sichtbar, wenn die Kommunikation darüber funktioniert.
Mit dem Gesundheitswegweiser, einer Broschüre, in dem alle relevanten Anbieter:innen im Ort aufgelistet sind, zeigen wir die Anzahl und Vielfalt des Angebotes im Ort. Darüber hinaus haben wir in unsere Webseite eine eigene Rubrik für Neuigkeiten aus der Gesundheitsbranche integriert. Wir versenden regelmäßig einen Newsletter zu Gesundheitsthemen aus dem Ort.
Ein möglicher weiterer Schritt wäre es, den Gesundheitswegweiser als Magazin zu erweitern, in dem regelmäßig über Neuigkeiten im Gesundheitsbereich berichtet wird.
Auch Kindergärten und Schulen stellen eine Zielgruppe mit viel Potenzial dar. „Wenn Kinder dort an Wettbewerben teilnehmen, die das Bewusstsein für einen gesunden Lebensstil erhöhen, bekommen auch die Eltern etwas davon mit. Sie werden also indirekt auch angesprochen“, so Schauflinger. Beispiele sind etwa Projekte oder Wettbewerbe, die sich um gesunde Jause oder mehr Bewegung im Alltag drehen.
Wichtig ist, dass Gesundheit Spaß machen darf! Dafür müssen die Kommunikatoren aus der Haltung des Belehrenden aussteigen und neue Wege finden, wie sie Menschen erreichen. Wettbewerbe sind laut Alexander Schauflinger hier eine gute Möglichkeit. Aber auch bei Präsentationen, Infoveranstaltungen und Vorträgen können für ebenso fundierte und seriöse wie unterhaltsame Darstellung von Inhalten sorgen. „Diese richtige Mischung ist besonders im Gesundheitsbereich besonders wichtig“, sagt Schauflinger.
Junge Menschen erreiche man weitgehend am besten über Online-Medien wie Soziale Netzwerke, Apps und Targeting, das sich an fokussierte Zielgruppen aus Menschen mit bestimmten Interessen richtet.
Übergeordnetes Ziel aller Maßnahmen müsse sein, die eigene Gesundheitskompetenz der Menschen aus den Zielgruppen zu stärken. „Wir sind sehr stark daran gewöhnt, bei jeder Beschwerde einen Arzt zu konsultieren und sofort die Lösung zu bekommen“, sagt Alexander Schauflinger.
„Oft ist das aber nicht möglich und so wird es auch wichtiger werden, dass wir auch selbst wieder mehr für unseren Körper und unser Wohlbefinden die Verantwortung übernehmen.“ Und hier setzen die Angebote von gesunden Städten und Gemeinden an.
In St. Johann in Tirol haben wir mit Walk&Talk eine Veranstaltung geschaffen, bei der die ganze Familie ihren Spaß an Bewegung ausleben oder auch erst entdecken konnte.
Unterschiedlichen Touren wie bespw. „Auf zum Koasa Boulder“, „Orientierungslauf“, „Parkour-Tour“, „So macht Laufen Spaß!“ standen zur Auswahl.
Corinna Mühlhausen veröffentlichte über das Zukunftsinstitut den Health Report 2022. Die sogenannten Health-Trends zeigen Entwicklungen, die zu Veränderungen auf den Gesundheitsmärkten führen. Diese Trends haben ihren Ursprung laut Mühlhausen jedoch nicht in der Gesundbranche oder werden von ihr vorangetrieben. Es handle sich dabei vielmehr um „soziokulturelle Entwicklungen, die aus der Gesellschaft heraus entstehen und Auswirkungen auf die Gesundheitsbranchen haben und sie zum Teil grundlegend verändern.“
Dabei ginge es vor allem um gesundheitsorientierte Lebensstile und Einstellungen von Menschen. Um Wertorientierungen, Bedürfnisstrukturen und Wünsche, die den sozialen Wandel prägen. Diese machen sich, wie etwa Achtsamkeit oder auch „Mindfulness“ genannt, stark in der Konsumkultur, auf den Märkten und in Produktwelten bemerkbar.
Warum soll nicht auch Ihre Stadt von diesem Trend profitieren?
Quelle: https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/gesundheitstrends-health-trend-map/
Titelbild: St. Johanner Gesundheitstage
Warum sich bereits mehr als achtzig Standorte in Österreich als Mitglieder beim Dachverband Stadtmarketing Austria austauschen?
Weil wir gezeigt haben, dass „Miteinander“ mehr bringt. Im Miteinander machen Sie für Ihren Standort das Mögliche zum Machbaren. Wir unterstützen Sie dabei mit Know-how, das sich in der Praxis bewährt hat, mit Weiterbildung, die neue Perspektiven eröffnet sowie mit Erfahrungsaustausch, der Sie in Ihrer Rolle stärkt.
Formen Sie aktiv die Zukunft des Stadtmarketings!
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