Gesellschaftliche Entwicklungen, denen Städte in den kommenden 10 Jahren gegenüber stehen

21.01.2020
Gesellschaft

Vor allem der demografische Wandel und die neuen Familienmodelle sind gesellschaftliche Entwicklungen, die vielseitige Veränderungen nötig machen. Wir haben mit Experten darüber gesprochen, wo die wichtigsten Handlungsfelder sind.

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Vor allem der demografische Wandel und die neuen Familienmodelle sind gesellschaftliche Entwicklungen, die vielseitige Veränderungen nötig machen. Wir haben mit Experten darüber gesprochen, wo die wichtigsten Handlungsfelder sind.

1. Überalterung und Einsamkeit

Einsamkeit durch Überalterung und eine zunehmende Individualisierung in der Gesellschaft wird zur großen sozialen Herausforderung. Durch den medizinischen Fortschritt werden Menschen immer älter. Statistisch gesehen steigt die durchschnittliche Lebenserwartung wegen des medizinischen Fortschritts kontinuierlich an. Und dabei leben Frauen im Schnitt länger als Männer.

Im Jahr 2030 soll die männliche Lebenserwartung bei 81,40 Jahren und die weibliche bei 86,22 Jahren liegen. 2010 stand noch ein durchschnittliches Sterbealter der Frauen mit 83,2 Jahren einem der Männer mit 77,7 Jahren gegenüber.

Im Jahr 2030 soll Österreichs Bevölkerung auch die 9 Millionen-Marke erreichen. Ein Viertel der Bevölkerung wird dann bereits über 65 Jahre alt sein! Die hohen Scheidungsraten führen umso mehr dazu, dass immer mehr Menschen auch im Alter ohne Partner bleiben und im Alter alleine leben.

„Hier braucht es neue Wohnkonzepte, die auf Nachbarschaftshilfe bauen“, sagt der deutsche Daniel Dettling, Leiter des Zukunftsinstitutes in Berlin. „Zu bedenken ist, dass die meisten älteren Menschen möglichst lange ihre Autonomie bewahren und in den eigenen vier Wänden bleiben wollen.“

Die Digitalisierung kann mit Lieferdiensten aber auch mit Assistance-Systemen helfen, dass Senioren möglichst lange autonom und sicher leben können, wie zum Beispiel das Projekt WAAlter zeigt. Mehrgenerationenhäuser, neue Wohnformen und aktive Nachbarschaften können dazu beitragen, dass Menschen aller Altersstufen mehr Gemeinschaft erleben und einander gegenseitig unterstützen können.

„Auch das Vereinsleben und ehrenamtliche Tätigkeiten werden an Bedeutung gewinnen“, sagt Experte Daniel Dettling. Vereine stellen zum einen eine Gemeinschaft im Sinne eines sozialen Netzwerkes dar. Zum anderen helfen verschiedene Vereine, soziale Herausforderungen zu lösen.


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2. Altersarmut

Altersarmut wird laut Trendforschung vor allem die Generationen ab den 1970ern treffen. „Den Babyboomern, die vor 1969 geboren sind, geht es relativ gut“, sagt Daniel Dettling.

Um der Altersarmut bestmöglich vorzubeugen ist es wichtig, dass vor allem Frauen durch Qualifikation, faire Entlohnung sowie durch die umfassende Unterstützung bei der Kinderbetreuung die notwendigen Rahmenbedingungen bekommen, um die Pensionskassen entsprechend füllen zu können. Auch private Vorsorge wird weiterhin ein Thema sein, das Aufklärung und Handlung bedarf!


Vor allem Frauen werden aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung sowie wegen längerer beruflicher Auszeiten von Einsamkeit und Armut im Alter betroffen sein. (c) Pixabay

3. Singles, Alleinerzieher & Patchworkfamilien

Trennungen und Scheidungen werden von vielen als ultimativer Weg zur Selbstverwirklichung gesehen. Und manchmal führt tatsächlich kein Weg daran vorbei. Doch mit dem Wertewandel und den neuen Lebensstilen gehen neue Herausforderungen des sozialen Miteinanders einher.

Vor allem für den Nachwuchs hat der geringere Zusammenhalt oft Folgen. „Das Konzept der maximalen Freiheit, das Eltern mir ihrer unbegrenzten Selbstverwirklichung leben, wird auch auf die Kinder übertragen“, sagt Psychologin Martina Leibovici-Mühlberger und Autorin des Buches „Wenn die Tyrannenkinder erwachsen werden – Warum wir nicht auf die nächste Generation zählen können“ (Verlag edition a, € 21,00)

Eltern würden selbst oft orientierungslos sein und so schnell zu Beratern oder Freunden ihrer Kinder werden, anstatt als Eltern Sicherheit zu geben. Die Expertin kritisiert, dass Verantwortungen zunehmend an Kinder zurückdelegiert werden. Kinder werden zunehmend symbolisch wie auf Samtpolstern durchs Leben getragen werden, wobei Erziehungsaufgaben wie Konsequenz und Disziplin am Ende in der Schule bei den Lehrern landen würden.

Die Lehrer sind damit zu Recht überfordert, da es in der Schule in erster Line um Wissensvermittlung geht. Leibovici ist überzeugt: „Eltern müssen in ihre Verantwortung zurückgebracht werden und den Kindern Stabilität und Orientierung geben, und die Schule braucht einen neuen Identitätsprozess.“

4. Schule als neue „Teilfamilie“

Veränderungen wie diese wirken sich tatsächlich gravierend auf das Schulsystem aus. Das jetzige System in Österreich stammt aus den Zeiten Maria Theresias und schreit förmlich schon lange nach umfassenden Reformen.  „Die Ganztagsschule wird die Schule der Zukunft sein“, sagt auch Dettling. „In den kommenden zehn Jahren wird es normal sein, dass Freizeitaktivitäten und Unterricht über den ganzen hinweg Tag miteinander verwoben werden.“

Auch Lerninhalte müssen sich verändern, da vieles aus den alten Lehrplänen nicht mehr praxisrelevant und zukunftstauglich ist!


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Die Schule wird zum „zweiten Wohnzimmer“ der Schüler, die Lehrer übernehmen mehr Erziehungsaufgaben – das verlangt nach grundlegenden Reformen.

5. Migration

Nicht nur an den Schulen, in der ganzen Gesellschaft ist Migration ein neues Charakteristikum. Die Bevölkerungsstruktur wird durchmischter, und verschiedene Kulturen werden zunehmend Teil des Alltags sein. Maßnahmen für die Integration sind hier auf allen Ebenen gefragt.

„Eine Schlüsselrolle haben dabei auch die Unternehmen, denn sie können gemeinsam mit Politik und Bildungsinstituten dazu beitragen, dass sie Migranten als Teil ihrer Lösung des Fachkräftemangels sehen“, sagt Daniel Dettling.

6. Leistbares Wohnen

Dass Wohnen immer teurer wird, wird schon lange als problematisch diskutiert. Grundstücke werden knapper und demnach teurer, auch für das Jahr 2020 ist keine Preissenkung in Sicht. Für die jüngeren Generationen soll es künftig zunehmend unmöglich sein, selbst Eigentum zu erwerben. „Ein Leben“ reicht zum Ansparen der erforderlichen Eigenmittel verglichen mit den durchschnittlichen Gehältern und den steigenden Lebenserhaltungskosten einfach nicht mehr aus.

Langanhaltende Null- und Negativzinsen treiben die Immobilienpreise weiter in die Höhe. Während sich der Preisanstieg in internationalen Städten wie Dubai, New York, Vancouver oder Seoul verlangsamt oder deutlich sinkt, entwickeln sich die Preise europäischer Städte wie Frankfurt, Berlin, Genf, Zürich, Madrid, Paris oder Wien weiterhin stark nach oben, berichten die Salzburger Nachrichten etwa in diesen Artikel. 

Jetzt sind vor allem geförderte Modelle gefragt, wie zum Beispiel gemeinnütziges  Wohnen durch Genossenschaften oder geförderte Mieten – oder auch ganz innovative Konzepte wie das „5 Euro-Wohnen“ in Tirol. „Wichtig ist, dass auch junge Familien günstig wohnen können“, sagt Dettling. „Und dass es ein leistbares Wohnungsangebot für junge Familien auch in den Innenstädten gibt.“ Wohnen soll wieder ein Haupt-Benefit der Stadtzentren sein, den wenn in den Stadtkernen keine Menschen wohnen, sterben Innenstädte aus!

7. Sicherheit

In Zusammenhang mit Migration und dem subjektiven Sicherheitsgefühl der Bewohner – vor allem an bestimmten Hot-Spots in Städten – rückt das Thema Sicherheit zunehmend in den Fokus der Stadtplaner. „Die Digitalisierung bietet hier viele neue Möglichkeiten“, sagt Dettling. So sind etwa Apps im Vormarsch, über die jeder Bürger selbst entdeckte Mängel und Probleme melden kann – etwa, wenn bei einer Straßenlaterne eine Glühbirne ausgefallen ist.

Auch Nachtbürgermeister könnten in Zukunft häufiger zu bislang ungewöhnlichen Arbeitszeiten im Amt tätig sein. Städte wie New York, Mannheim, Paris, Zürich oder Budapest haben bereits Verantwortliche im Einsatz. Ziel ist, unter anderem zwischen Clubbetreibern, den Behörden und Anrainern zu vermitteln.

8. Partizipation

Apps wie diese passen auch zum Trend, dass Partizipation in Städten, in Gemeinden und im Grätzel zu einer neuen Integration der Demokratie in der Stadtentwicklung wird. „Die urbane Bürgerdemokratie erlebt durch Beteiligung ein Revival“, sagt Dettling, „Stadtbewohner fordern zunehmend ein Mitspracherecht bei wichtigen Entscheidungen.“

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Fotocredits: Pixabay; Unsplash

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