Funktionierende Deutschkurse für Flüchtlinge

24.10.2017
Gesellschaft

Titel_Deutschkurse

Der Spracherwerb ist der erste und wichtigste Schritt für Flüchtlinge, um im neuen Land Fuß zu fassen. Wir haben uns drei funktionierende Deutschkurse für Flüchtlinge angesehen.

Die Voraussetzungen sind für uns unvorstellbar. Im Heimatland herrscht Krieg, Menschen verlieren ihre Häuser, ihre Familien, ihre Sicherheit. All das, was ihr Leben ausgemacht hat, ist mit einem Schlag verloren. Sie haben nur mehr sich selbst und hätten – wenn sie nach einem langen, gefährlichen und kräftezehrenden Weg in unser Land kommen – eigentlich ganz andere Bedürfnisse, als sich mit ganzer Kraft eine komplett neue Existenz aufzubauen.

Trotzdem ist es notwendig, damit das Leben weitergehen kann. Und die Voraussetzung dafür ist der Erwerb der Sprache. Die Salzburger Eventmanagerin Susanne Tiefenbacher pflegt selbst aus eigener Initiative einen engen Kontakt zu vier minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen aus Afghanistan.

Für sie steht und fällt der Erfolg eines Sprachkurses mit der Fähigkeit des Lehrers, einen guten Zugang zu den Schülern zu finden. „Ich denke, es gehört mehr dazu, als das reine Lernen von Grammatik und Wörtern. Zum Beispiel Ausflüge, Themen aus der Zeitung, aktuelle Politik, ins Kino zu gehen, Filme und Musiktexte bearbeiten etc.“

Auch die Grazer Studentin Karolin Bieberger betreut zwei unbegleitete Minderjährige aus Syrien im Rahmen eines Buddy-Projektes der Caritas. Ihrem Urteil nach bringt die Intensität der Deutschkurse den Fortschritt. „Vier Stunden pro Woche bringen kaum Erfolg. Was am besten funktioniert sind Intensivkurse und eine Kombination aus Sprachkurs und Kontakt zu ÖsterreicherInnen.“

Wir haben bei drei Bildungseinrichtungen nachgefragt und uns über darüber informiert, wie Deutschkurse für Flüchtlinge dort gelingen:

 

1. Beispiel WIFI Vorarlberg

Deutschkurse für Flüchtlinge
Das WIFI bietet Intensivkurse in zwei bis vier Monaten an. © WIFI Vorarlberg

Die Wirtschaftskammer Vorarlberg stellt das Budget für die Deutschkurse zur Verfügung, damit die Flüchtlinge die Sprache schnell erlernen und in Betrieben arbeiten können.

Je nach Sprachniveau dauert ein Kurs zwischen 80 und 120 Stunden. Wobei die Intensivkurse vier- bis fünfmal pro Woche stattfinden. In zwei bis vier Monaten ist jeder Kurs abgeschlossen.

„Wir haben viele TeilnehmerInnen, die sehr fleißig sind und schnelle Fortschritte machen“, sagt Christa Tschofen vom WIFI Vorarlberg. „Allerdings hängt der Lernerfolg auch davon ab, welche Schulbildung die Flüchtlinge vorher abgeschlossen hatten. Während viele hervorragende Leistung erbringen, tun sich andere sehr schwer.“

Gewisse Grundvoraussetzungen sind für die Teilnahme an den WIFI-Kursen erforderlich. „Um einen der begehrten Plätze zu bekommen“, sagt Tschofen weiter, „müssen die Menschen zu einem Bewerbungsgespräch zu uns kommen und zeigen, dass sie den Willen haben, die Sprache zu erlernen.“
In den Kursen ginge es dann durchaus auch darum, kulturelle Unterschiede aufzudecken und ein Bewusstsein für die Gepflogenheiten in Österreich zu schaffen. „Das sind etwa Themen wie pünktlich zu erscheinen und bis zum Ende des Kurses zu bleiben.“

Leider gibt es auch zahlreiche Flüchtlinge, die in ihrer Heimat noch gar nicht Lesen und Schreiben gelernt haben. Sei es, weil der Krieg ihre Schulzeit zerstört hat oder sie aus armen ländlichen Regionen stammen, wo Bildung für die meisten ein Luxus ist.
In diesem Fall muss zuerst ein Alphabetisierungskurs absolviert werden, dann erst der Sprachkurs. Derartige Kurse werden von verschiedenen Einrichtungen angeboten und von den Ländern finanziell getragen.

 

2. Beispiel Volkshilfe Oberösterreich

Deutschkurse für Flüchtlinge
Die Volkshilfe setzt auf Patenschaften zu ÖsterreicherInnen, um die Sprache im Alltag zu üben und sich im Land zurechtzufinden. © Volkshilfe Oberösterreich

Bei der Volkshilfe Oberösterreich sollen neben den regulären Sprachkursen Lerncafés mit Freiwilligen sowie das Buddy-Projekt „Du & Du“ bei der Integration und dem Spracherwerb helfen.

Dabei werden Flüchtlinge mit freiwilligen ÖsterreicherInnen „zusammengeschaltet“, damit die ÖsterreicherInnen die Neuankömmlinge in Form von Alltagsunterstützung begleiten. „Da geht es zum Beispiel um Behördengänge oder um ganz alltägliche Dinge wie Freizeitgestaltung“ sagt Rosa Rumetshofer von der Volkshilfe.

Ziel dabei ist, dass die Flüchtlinge lernen, sich im neuen Land zurechtzufinden und dabei zugleich ihre ersten Deutschkenntnisse vertiefen. Übung und die Anwendung in der Praxis machen schließlich erst den Meister!

Und dabei gäbe es zahlreiche Fälle, in denen die Flüchtlinge mit brüchigem Deutsch in die „Buddy-Beziehung“ gestartet waren und ihre Sprachkenntnisse in wenigen Wochen verflüssigen konnten. „Es geht einfach darum, dass man das Gelernte anwendet und dass es jemanden gibt, der einen bei Fehlern korrigiert“, sagt Rumetshofer.

Derzeit gibt es an die 100 solcher Buddy-Beziehungen, die sowohl für Erwachsene und Familien, aber ganz besonders für unbegleitete Minderjährige eine ganz wichtige Stütze seien, sagt Rumetshofer. Die psychischen Belastungen seien im Alltag immer wieder spürbar. „Die Menschen sind in einer Ausnahmesituation.

Auch, wenn sie hier in Sicherheit sind, heißt das nicht, dass sie ein geregeltes Leben haben. Zusätzlich zum selbst erlebten Trauma kommen dann immer wieder schlechte Nachrichten aus dem Heimatland, was im täglichen Leben hier zur erneuten großen Belastung wird“, sagt Rumetshofer.

Auch negative Bescheide seien aktuell ein großes Thema. „Von den vielen Anträgen aus 2015 gibt es jetzt Entscheidungen“, berichtet Rumetshofer. „Wenn Familien dann plötzlich ins Heimatland zurückmüssen, ist das für alle Beteiligten ein großer Schock.“

 

3. Beispiel Caritas Wien

Deutschkurse für Flüchtlinge
Deutschkurse und kostenlose Lernbetreuung bietet die Caritas Wien. © Caritas Wien Stefanie Steindl

Bei den unterschiedlichen Kursen des CarBiz Bildungszentrums der Caritas können die TeilnehmerInnen Deutsch lernen oder ihre vorhandenen Sprachkenntnisse verbessern.
„Als Prüfungszentrum des Österreichischen Sprachdiploms Deutsch (ÖSD) bieten wir nach einer individuellen Beratung die Möglichkeit, eine ÖSD-Prüfung abzulegen“, sagt Cornelia Schantl von der Caritas Wien.

Mit dem Projekt „Treffpunkt Österreich“ werden Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte in Niederösterreich auf ihrem Integrationsweg mit Beratung, Deutschkursen und Hilfe bei der Arbeitssuche unterstützt.

Im Rahmen des Projektes „Begegnung Österreich PLUS“ können die TeilnehmerInnen Deutsch lernen oder ihre vorhandenen Sprachkenntnisse verbessern.
Die BeraterInnen informieren zu Fragen über das Aufenthaltsrecht. Oder sie unterstützen bei sozialen und finanziellen Themen und stehen bei Problemen in der Erziehung, der Familie, der Schule oder im Kindergarten stehen sie zur Seite.

Deutschkurse für Flüchtlinge
Freiwillige helfen in Lerncafés. © Caritas Wien David Visnjic

Darüber hinaus helfen die Kinderdeutschkurse Kindern und Jugendlichen zwischen sechs und 15 Jahren dabei, Deutsch zu lernen. „Junge Menschen, die erst seit kurzem in Österreich sind, stehen vor der Herausforderung, in relativ kurzer Zeit Deutsch lernen zu müssen, um dem Unterricht in der Schule folgen und sich im Alltag verständigen zu können“, sagt Cornelia Schantl.

„In den Schulen gibt es oft nicht ausreichend Ressourcen, um diese Kinder bestmöglich zu fördern.“ Darum bietet die Caritas professionell geleitete Kinderdeutschkurse an, die momentan im Caritas Zentrum Wiener Neustadt abgehalten werden.

In den Caritas Lerncafés erhalten Kinder und Jugendliche ab sechs Jahren aus sozial benachteiligten Familien kostenlose Unterstützung beim Lernen durch eine kostenlose Lern- und Nachmittagsbetreuung.

Das Angebot richtet sich in besonderem Maße an Kinder mit Migrationshintergrund. Grundsätzlich stehen die Lerncafés allen Kindern offen. „Neben der gezielten Lernhilfe, geht es auch darum, Kindern Freude am Lernen zu vermitteln“, sagt Schantl.

 

Fazit „Funktionierende Deutschkurse für Flüchtlinge“:

Deutschkurse sind ein wichtiger Grundstein für die Integration. Aber für Städte und Gemeinden sind sie weitaus nicht die einzige Maßnahme, die getroffen werden muss. Eine gute Vernetzung zwischen ÖsterreicherInnen und Flüchtlingen hilft dabei, dass sich die Neuankömmlinge schneller und besser im neuen Land zurechtfinden. Und dass sie die Deutschkenntnisse, die sie im Sprachkurs erworben haben, im Kontakt mit den ÖsterreicherInnen vertiefen, üben und festigen können.
Lerncafés haben sich ebenso als Möglichkeit bewährt, gemeinsam mit Freiwilligen unterstützend die Deutschkenntnisse zu vertiefen.

 

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