Zukunftsfähige Gebäude: Die neue EU-Gebäuderichtlinie und ihre Auswirkungen

12.06.2024
Architektur, Wirtschaft, Wohnen

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(c) Unsplash/Markus Spiske

Städte und Gemeinden stehen heutzutage vor erheblichen Herausforderungen, wenn es um die energetische Modernisierung ihres Gebäudebestands geht. Die neue EU-Gebäuderichtlinie stellt neue Vorgaben auf, die in den kommenden Jahren umgesetzt werden müssen. Welche Aspekte umfassen die Neuerungen der Richtlinie und was bedeutet das für Städte und Gemeinden?

Die EU-Gebäuderichtlinie 2024

Am 13. März 2024 verabschiedete das EU-Parlament eine überarbeitete Fassung der EU-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD), die ab 2026 in allen 27 EU-Mitgliedsstaaten umgesetzt werden muss.

Das Hauptziel der überarbeiteten Richtlinie ist die vollständige Dekarbonisierung des gesamten Gebäudebestands bis 2050 durch:

  • Energetische Sanierungen von Bestandsgebäuden
  • Errichtung emissionsfreier Neubauten (Nullemissionsgebäude)

Neben der EU-Gebäuderichtlinie spielt in diesem Kontext auch die Energieeffizienz-Richtlinie EED (Energy Efficiency Directive / Richtlinie (EU) 2023/1791) eine wichtige Rolle. Beide Richtlinien sind Teil des „Fit for 55“-Pakets der EU-Kommission und sollen zur CO2-Reduktion und Förderung eines nachhaltigen und energieeffizienten Gebäudebestands. beitragen:

  • Die EED schafft den allgemeinen Rahmen für Energieeinsparungen.
  • Die EPBD legt spezifische Anforderungen für den Gebäudebereich fest.

Die EU-Gebäuderichtlinie konzentriert sich auf wesentliche Aspekte des Bausektors, darunter die Steigerung der Gesamtenergieeffizienz, die Entwicklung von Infrastruktur für nachhaltige Mobilität und die Integration von gebäudeintegrierter Energieerzeugung.

Außerdem werden zentrale Anlaufstellen für Information und Beratung eingeführt. Darüber hinaus legt die Richtlinie neue Anforderungen für Wohn- und Nichtwohngebäude fest, um die schrittweise Renovierung des gesamten Gebäudebestands zu beschleunigen.

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht und eine kurze Erläuterung der zentralen Regelungen der EU-Gebäuderichtlinie, die sukzessiv auch in nationales Recht überführt werden müssen.

EU Gebäuderichtlinie - Überblick der wichtigsten Regelungen
Abbildung 1: Überblick der wichtigsten Regelungen der überarbeiteten EU-Gebäuderichtlinie. (c) Stadtmarketing Austria

Klimaneutrale Neubauten als Baustandard der Zukunft

Die derzeitige EPBD stammt aus dem Jahr 2010 und wurde in Österreich in erster Linie durch die OIB-Richtlinie 6 „Energieeinsparung und Wärmeschutz“ umgesetzt. Als Mindeststandard für neue Gebäude ist darin seit 2021 das „Niedrigstenergiegebäude“ festgelegt.

Mit der neuen Richtlinie wird das „Nullemissionsgebäude“ den bisherigen Standard des Niedrigstenergiegebäudes ersetzen. Nullemissionsgebäude beziehen ihre gesamte benötigte Energiemenge vollständig aus erneuerbaren Energien.

Ab folgenden Stichtagen dürfen Gebäude vor Ort keine Emissionen aus fossilen Energieträgern mehr freisetzen:

  • Neue öffentliche Gebäude: Ab dem 1. Januar 2028
  • Alle neuen Gebäude: Ab dem 1. Januar 2030

Die Standards für Nullemissionsgebäude werden von den einzelnen Mitgliedsstaaten entwickelt. Bei der Berechnung der Emissionen sollen sich die Mitgliedsstaaten am gesamten Lebenszyklus einer Immobilie orientieren, einschließlich der Herstellung und Entsorgung der verwendeten Bauprodukte.

Viele Städte bauen bereits über den bestehenden Standard hinaus. Höhere energetische Standards sind in der Bauphase teurer, senken jedoch langfristig die Energiekosten erheblich. Der Bund wird jedoch erhebliche finanzielle Mittel bereitstellen müssen, um energetisches Bauen zu fördern und die Vorgaben zu erreichen.

Spin Wheel Projekt WIN
Abbildung 2: Die Faktoren nachhaltigen Bauens. Im Rahmen des Projektes WIN wurde in der Steiermark ein KonsulentInnenpool eingerichtet, um Gemeinden und Betrieben bei der Planung und Umsetzung von Projekten im Rahmen des ökologischen Bauens zu unterstützen. Foto: WIN

 

Verdoppelung der Sanierungsraten bis 2030

Gebäude sind in der EU die größten Energieverbraucher. Sie sind für rund 40 Prozent des Endenergieverbrauchs verantwortlich. 75 Prozent des europäischen Gebäudebestands sind nicht energieeffizient, und jedes Jahr werden lediglich 0,4 bis 1,2 Prozent renoviert. In Österreich sind rund 40 Prozent des Gebäudebestands sanierungsbedürftig.

Im Zuge der Novellierung der EPBD ergeben sich für den Gebäudebereich neue Anforderungen, die dazu führen werden, dass Tausende von Gebäuden in ganz Europa saniert werden müssen. Ziel der neuen Gebäuderichtlinie ist es, die Sanierungsraten bis 2030 zu verdoppeln. Bis 2030 sollen die Treibhausgasemissionen um 60 Prozent sinken.

Nichtwohngebäude: Mindeststandards und Renovierungsziele

Die EPBD sieht für Nichtwohngebäude (öffentliche Gebäude, Büros, etc.) die schrittweise Einführung von Mindeststandards für die Gesamtenergieeffizienz (Minimum Energy Performance Standards, MEPS) vor. Ziel ist es, die Renovierung der energetisch schlechtesten Gebäude, auch als „worst performing buildings“ bezeichnet, einzuleiten.

Festlegung der MEPS

  • Die Mitgliedstaaten müssen die MEPS in Form eines maximalen Primär- oder Endenergieverbrauchs festlegen.
  • Die Standards sollen sicherstellen, dass festgelegte Schwellenwerte für den Energieverbrauch nicht überschritten werden.

Renovierungsziele

  • Bis 2030 müssen 16 Prozent der Nichtwohngebäude mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz renoviert werden.
  • Bis 2033 steigt dieser Anteil auf 26 Prozent der Nichtwohngebäude.

Anzumerken ist, dass die energetische Sanierung von 16 Prozent der Nichtwohngebäude innerhalb der nächsten fünf Jahre äußerst ehrgeizig ist. Mit gutem Willen allein wird das nicht umsetzbar sein.

Wohngebäude: Mindestreduktion und nationale Zielpfade

Im Bereich der Wohngebäude wird eine schrittweise Reduktion des Primärenergieverbrauchs angestrebt, die vor allem durch die Sanierung von Gebäuden mit der schlechtesten Gesamtenergieeffizienz erreicht werden soll.

Mindestanforderungen (MEPS) als optionales Instrument

  • Für Wohngebäude bleiben die Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz (MEPS) ein optionales Instrument.
  • Es gibt keine individuelle Sanierungsverpflichtung für Eigentümer.

Nationale Zielpfade

  • Jeder Mitgliedstaat muss einen nationalen Zielpfad festlegen, um den durchschnittlichen Primärenergieverbrauch bis 2030 um 16 Prozent und bis 2035 um 20-22 Prozent zu senken.
  • Mindestens 55 Prozent dieser Einsparungen sollen durch die Renovierung der Gebäude mit der schlechtesten Energieeffizienz erreicht werden.

Weitere wichtige Bestimmungen:

  • Nullemissionsstandards: Ab 2030 müssen umfangreiche Renovierungen gemäß den Nullemissionsstandards durchgeführt werden, wobei der Grundsatz „Energieeffizienz an erster Stelle“ angewandt wird.
  • Gebäuderenovierungspässe: Freiwillige Renovierungspässe sollen bis spätestens 2025 eingeführt werden und Gebäudeeigentümer bei der Planung ihrer (graduellen) Renovierungen unterstützen.
  • One-Stop Shops: Die Richtlinie sieht auch die Einrichtung zentraler Anlaufstellen vor, um mit unabhängigen Beratungsleistungen bei der Renovierung der Gebäude zu unterstützen.
  • Durchführbarkeit: Renovierungen sind grundsätzlich nur dann vorzunehmen, wenn sie technisch, funktionell und wirtschaftlich machbar sind.
  • Ausnahmen: Für spezielle Gebäudetypen wie landwirtschaftliche Bauten, denkmalgeschützte oder architektonisch bedeutsame Gebäude können Ausnahmen gewährt werden.  Auch temporäre Bauten und Kirchengebäude können von der Richtlinie ausgeschlossen werden.

Um diese Ziele zu erreichen, sind langfristig ausgerichtete nationale Gebäuderenovierungspläne zu erstellen, die eine Strategie zur Dekarbonisierung sowohl öffentlicher als auch privater Wohn- und Nichtwohngebäude beinhalten. Die Pläne sollen auch Lösungsansätze für bestehende Hindernisse, wie Finanzierung und Fachkräftemangel, beinhalten.

Ziel ist es, sinnvoll aufeinander abgestimmte Gebäudesanierungspläne zu erstellen, anstelle iterativ zunächst Gebäudehülle, dann Heizungs- und Kühlsysteme, die Warmwasserversorgung und schließlich das Belüftungssystem zu sanieren.

Stefan Moser, Referatsleiter Gebäude und Produkte in der Generaldirektion Energie der Europäischen Kommission

Dekarbonisierung von Heizungsanlagen bis 2040

Beschlossen wurde auch der vollständige Ausstieg aus fossilen Heiz- und Kühlsystemen:

  1. Verbot fossiler Heizkessel: Bis 2040 muss die Nutzung von Heizkesseln, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, vollständig eingestellt sein.
  2. Ende der Förderungen: Förderungen für Öl- und Gasheizungen enden spätestens ab 2025.
  3. Finanzielle Anreize für hybride Heizanlagen: Förderungen für hybride Systeme, die etwa Heizkessel mit Solarthermieanlagen oder Wärmepumpen kombinieren, bleiben weiterhin bestehen.

Ferner müssen die Mitgliedstaaten einen Maßnahmenplan zur Dekarbonisierung von Heizungsanlagen und zum allmählichen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung erstellen. Inwiefern die Gesellschaft diese Zielvorgaben mittragen wird, bleibt abzuwarten, aber die Ziele sind durch die EU eindeutig formuliert.

Wärmepumpen als Weg zur Erreichung der Dekarbonisierungsziele der EU-Gebäuderichtlinie
Abbildung 3: Die Gebäuderichtlinie räumt der Dekarbonisierung von Heizung und Kühlung Priorität ein, um die Energieunabhängigkeit der EU zu stärken und die Klimaziele zu erreichen. Foto: IntelligentVisualDesing auf Pixabay

Solaranlagen-Pficht auch bei Bestandsgebäuden

Die Installationspflicht von Solarenergieanlagen betrifft in erster Linie neue Gebäude sowie öffentliche Gebäude und Nichtwohngebäude im Bestand. Im Neubau sind Solarenergieanlagen bereits heute in vielen Städten Standard. Im Gebäudebestand lohnt sich eine Installation für die Eigentümer bisher oft nicht oder ist technisch schwierig umsetzbar.

Neue Gebäude

Solarenergieanlagen werden zukünftig für neue Gebäude zur Norm. Die Umsetzung erfolgt schrittweise:

  • Bis 31.12.2026: Ab 2027 alle neuen öffentlichen Gebäude und Nichtwohngebäude (Nutzfläche von über 250 m²).
  • Bis 31.12.2029: Alle neuen Wohngebäude.
  • Bis 31.12.2029: Alle überdachten Parkflächen, die baulich mit Gebäuden verbunden sind.

Nichtwohngebäude im Bestand

Bestehende Nichtwohngebäude müssen bis 2030 schrittweise mit Solaranlagen ausgestattet werden, sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktionell machbar ist. Dachkonstruktionen oder andere technische Gegebenheiten sprechen teilweise gegen das Nachrüsten von Solar auf Bestandsgebäuden.

Es gelten folgende Fristen:

  • Bis 31.12.2027: Alle bestehenden öffentlichen Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 2000 m².
  • Bis 31.12.2027: Bestehende Nichtwohngebäude mit einer Nutzfläche von 500 m², die: a) eine größere Renovierung durchlaufen, b) eine Maßnahme durchführen, die einer Bauerlaubnis bedarf, oder c) technische Gebäudesysteme installieren.
  • Bis 31.12.2028: Alle bestehenden öffentlichen Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 750 m².
  • Bis 31.12.2029: Alle bestehenden öffentlichen Gebäude mit einer Nutzfläche von mehr als 250 m².

Wohngebäudebestand

Für den Wohngebäudebestand sieht die EPBD keine Installationspflicht vor, gibt jedoch den Mitgliedsstaaten die Freiheit, in ihren nationalen Gebäuderenovierungsplänen entsprechende Regelungen festzulegen.

Förderung nachhaltiger Mobilitätslösungen

Darüber hinaus fördern die neuen Regelungen die Verbreitung nachhaltiger Mobilitätslösungen:

  • Neue und zu renovierende Gebäude: Bei mehr als fünf Stellplätzen auf einem Parkplatz muss jeder fünfte mit einem Ladepunkt ausgestattet werden. Für den Rest der Stellplätze müssen Leerrohre verlegt oder eine Vorverkabelung vorgenommen werden.
  • Bestehende Gebäude: Jeder zehnte Stellplatz muss mit einem Ladepunkt ausgestattet werden oder die Hälfte aller Stellplätze mit Leerrohren ausgestattet werden.

Außerdem müssen genügend Parkplätze für Fahrräder, einschließlich Lastenfahrrädern, zur Verfügung stehen.

Ladestellen auf Parkplätzen sind mit der neuen EU-Gebäuderichtlinie verpflichtend.
Abbildung 4: Eine bestimmte Anzahl von Ladestellen wird zukünftig auf Parkplatzen verpflichtend sein: Foto: Akrebs60 auf Pixabay

Verpflichtende Einführung von Gebäudeautomation

Die neue Gebäuderichtlinie legt weiters fest, welche gebäudetechnischen Systeme für verschiedene Gebäudetypen erforderlich sind. Dazu gehören unter anderem automatische Temperatursteuerungen sowie Mess- und Kontrollvorrichtungen für die Raumluftqualität.

  • Bestandsgebäude, die einen Energieverbrauch von über 290 kW haben, müssen bis zum 31. Dezember 2024 mit Gebäudeautomations- und Steuerungsgeräten nachgerüstet werden.
  • Neue oder renovierte Wohn- und Nichtwohngebäude sind ebenfalls mit entsprechenden Mess- und Kontrollgeräten auszustatten, sofern dies technisch, wirtschaftlich und funktionell realisierbar ist.

Mit der Einführung dieser neuen Messinstrumente und Orientierungswerte soll die Gebäudeenergieeffizienz besser sichtbar und messbar gemacht werden.

Neue Gesamtenergieeffizienzklassen und Datenbank

Die bisherigen Energieeffizienzklassen A bis G im Energieausweis wurden nach absoluten Kriterien, wie dem Heizwärmebedarf (HWB) in kWh/m², vergeben. Bis Ende 2025 soll diese Klassifizierung auf ein relatives System umgestellt werden. Dabei wird die Klasse G die schlechtesten 15 Prozentdes nationalen Gebäudebestands umfassen, während die Klasse A als Nullemissionsgebäude definiert wird.

Um die Identifizierung der zu sanierenden Gebäude zu erleichtern, muss außerdem jeder Mitgliedsstaat eine nationale Datenbank aufbauen, die Informationen zur Energieeffizienz einzelner Gebäude sowie zur Energieeffizienz des nationalen Gebäudebestands beinhaltet.

Die neue EU-Gebäuderichtlinie führt neue Energieeffizienklassen ein.
Abbildung 5: Zukünftig wird die Klasse G die schlechtesten 15 Prozent des nationalen Gebäudebestands umfassen, während in der Klasse A die Nullemissionsgebäude erfasst sind. Foto: MVOPro auf Pixabay

Die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie in Österreich

Die Richtlinie bietet eine gewisse Flexibilität für die Renovierung des Wohngebäudebestands und die Zielsetzungen im nationalen Gebäuderenovierungsplan. Bei öffentlichen Gebäuden und sonstigen Nichtwohngebäuden besteht weniger Spielraum, sodass hier mit einem gewissen Sanierungsdruck zu rechnen ist. Es bleibt abzuwarten, wie Österreich die Vorgaben implementieren wird und welche Ausnahmen bei der Renovierung von bestimmten Gebäudearten gewährt werden.

Viele der Vorgaben der EPBD werden in den landesgesetzlichen Bauordnungen, Bau(-technik)-Vorschriften sowie Wohnbauförderungsbestimmungen umgesetzt werden. Die OIB-Richtlinien müssen ebenfalls überarbeitet werden. Eine Novellierung des Energieausweis-Vorlage-Gesetzes 2012 ist zu erwarten, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Darüber hinaus ist neben dem Ausbau der Förderungen eine Modernisierung des Miet- und Wohnrechts notwendig, um den Umstieg auf erneuerbare Wärme- und Kälteversorgungsanlagen zu erleichtern.

Auch braucht es passende Rahmenbedingungen, um den Gebäudebestand in Städten energetisch zu verbessern. Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie sollte etwa der Quartiersansatz deutlich verstärkt werden. Nur wenn der Gebäudezustand, die vorhandene Technik und die Wärmeversorgung für alle Gebäude im Quartier gemeinsam betrachtet werden, können Synergien gehoben werden. Schließlich werden erneuerbare Energiequellen oft für ganze Stadtviertel geplant und nicht für jedes einzelne Gebäude.

Chancen und Herausforderungen für Kommunen durch die EU-Gebäuderichtlinie

Seit Jahrzehnten setzen sich Gemeinden intensiv mit Energieeffizienz auseinander. Als Eigentümer öffentlicher Gebäude, insbesondere Schulen, haben sie ein natürliches Interesse an einem effizienten Gebäudebestand. Doch trotz ehrgeiziger Ziele sind die Herausforderungen bei der Umsetzung nicht zu unterschätzen.

Bereits die Revision der Energieeffizienzrichtlinie (EED) im Jahr 2023 sieht neue Verpflichtungen für die Sanierung öffentlicher Gebäude vor: Ab 2025 fallen auch diese unter das 3-Prozent-Sanierungsziel (gemessen an der nationalen Gesamtgebäudefläche). Zusätzlich sind Gemeinden verpflichtet, sich jährlich mit 1,9 Prozent an allgemeinen Energieeffizienzmaßnahmen der öffentlichen Hand zu beteiligen.

Die Gebäuderichtlinie wird insbesondere für den öffentlichen Neubau relevant sein. Ab 2027 müssen alle neuen öffentlichen Gebäude mit Solaranlagen ausgestattet sein, und ab 2028 dürfen nur noch Nullemissionsgebäude errichtet werden. Auch im Bestand können Sanierungen und Nachrüstungen, wie die Installation von Solaranlagen, Gebäudetechnik und Ladestellen, erforderlich werden.

Städte und Gemeinden stehen somit vor erheblichen finanziellen, technischen und organisatorischen Herausforderungen, erhalten jedoch auch die Chance, den Gebäudebestand nachhaltiger zu gestalten:

Die Gebäuderichtlinie fördert unter anderem die ressourcenschonende Innenentwicklung von Städten, indem sie die Sanierung bestehender Bauten und die Reaktivierung von Brachflächen gegenüber Neubauten auf der grünen Wiese unterstützt.

Auch erleichtert der Zugang zu finanzieller und technischer Unterstützung Gemeinden und privaten Eigentümern die Durchführung notwendiger Renovierungen, die eine Reduktion von Leerständen und verfallenden Altbauten sowie eine Revitalisierung von Orts- und Stadtkernen ermöglicht.

Solarenergieanlagen sind für neue Gebäude in Zukunft verpflichtend. Bestandsgebäude sollen soweit möglich nachgerüstet werden.
Abbildung 6: Öffentliche Gebäude müssen bereits bis Ende 2026 mit Solaranlagen ausgestattet sein. Foto: Vector8DIY auf Pixabay

Welche Förderungen stehen zur Verfügung?

Die Umsetzung der Gebäuderichtlinie wird laut laut Schätzung der EU-Kommission bis 2030 275 Milliarden Euro pro Jahr kosten. Zusätzliche EU-Förderungen sind jedoch nicht vorgesehen, es sollen die bereits vorhandenen Ressourcen genutzt werden (zum Beispiel den Recovery Fonds). 

In Österreich gibt es für die Sanierung von Bestandsgebäuden eine Vielzahl von Förderungen. Auf Bundesebene existiert hierzu als zentrale Förderstelle die Umweltförderung, wo alle Förderungen für Gemeinden, Betriebe und Privatpersonen angeführt sind. Zusätzlich stehen Landesförderungen zur Verfügung, die tendenziell auf private Förderwerber ausgerichtet sind.

Hohe Relevanz im Kontext der EU-Gebäuderichtlinie haben vor allem folgende Förderungen:

  • Sanierungsoffensive 2024: Im Rahmen des Erneuerbaren Wärme Pakets (EWP) wurden die Förderungen des Bundes für thermische Sanierung und Heizungstausch von 2.445 Millionen Euro für den Zeitraum 2023 bis 2027 um 1.200 Millionen Euro für die Jahre 2024 bis 2026 aufgestockt.
  • Neue Förderung gemeinnützige Wohnbauträger: Das Klimaschutzministerium stellt für die Jahre 2024 und 2025 jeweils 120 Millionen Euro für thermisch-energetische Sanierung von Wohngebäuden gemeinnütziger Bauvereinigungen zur Verfügung. Die Förderung deckt bis zu 60 Prozent der förderfähigen Investitionen ab.
  • Förderaktion „raus aus Öl und Gas“: Für den Umstieg auf erneuerbare Heizungssystem stehen bis 2026 insgesamt rund zwei Milliarden Euro zur Verfügung. Kombinationen mit Förderungen im jeweiligen Bundesland sind möglich.
  • Mustersanierung 2024 für Nicht-Wohngebäude: Seit dem 15.02.2024 ist die Fördereinreichung für Mustersanierungen von betrieblich genutzten und öffentlichen Gebäude wieder möglich.
  • Förderung gewerbliche Wärme- und Kälteversorgung: Um den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen bei der Wärme- und Kälteversorgung zu forcieren, werden Förderungsmittel für entsprechende Maßnahmen für alle Unternehmen, sonstige unternehmerisch tätige Organisationen, Vereine und konfessionelle Einrichtungen bereitgestellt (Einreichungen ab 01.07.2024).
  • Denkmalgeschützte Gebäude: Natürliche Personen oder eine vom Bund verschiedene juristische Person kann um eine Förderung für die Sanierung von denkmalgeschützten Gebäuden einreichen.

Energieberatungsstellen und Tools:

Jedes österreichische Bundesland verfügt über eine Energieberatungsstelle, welche Gemeinden, Betriebe und Privatpersonen zu den Themen rund um energieeffizientes Bauen und Sanieren sowie Förderungen berät. Die folgende Liste enthält eine Auswahl an Energieberatungsstellen:

Weiters gibt es eine Reihe von hilfreichen Tools, die bei der Umsetzung unterstützen können, zum Beispiel:

  • Sanierungsrechner der AK: Der Sanierungsrechner der AK Niederösterreich empfiehlt Maßnahmen und liefert einen Kostenüberblick.
  • GREGOR: Tool zur Abschätzung des ökologischen Rucksacks von Gebäuden bei Sanierung und Neubau.
  • Photovoltaik-Rechner: Abschätzung der Wirtschaftlichkeit von Photovoltaikanlagen im Neubau und Sanierung.
  • Hexit: Der „Raus-aus-Öl-und-Gas“ Rechner gibt einen Überblick über mögliche Heizungs-Alternativen für Gebäude.
  • WIN: KonsultenInnenpool zur Unterstützung von Gemeinden in der Steiermark.

Mehr dazu finden Sie auf der Website von Klimaktiv.

Fazit: EU-Gebäuderichtlinie  

Die neue EU-Gebäuderichtlinie stellt Städte und Gemeinden vor erhebliche Herausforderungen. Dennoch bietet sie auch die Möglichkeit, den Gebäudebestand zukunftsfähiger zu gestalten. Durch die Förderung von energetischen Sanierungen, die Reaktivierung von Brachflächen und den Quartiersansatz können Kommunen die Innenentwicklung vorantreiben und ihre Ortszentren revitalisieren. Der Zugang zu finanzieller und technischer Unterstützung erleichtert die Umsetzung notwendiger Renovierungen und trägt zur Reduktion von Leerständen bei. Insgesamt unterstützt die Richtlinie eine ressourcenschonende Stadtentwicklung und eröffnet neue Perspektiven für die kommunale Energiepolitik.

 

Quellen und weiterführende Informationen:

 

Titelfoto: Markus Spiske auf Unsplash

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Simon Profanter

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