Erlebnisraumdesign kann durch Strukturierung zersplitterter Angebotslandschaften und Steigerung des Erlebniswertes eine wertvolle Maßnahme sein, um die Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusorten und Regionen zu stärken.
Erlebnisraumdesign kann durch Strukturierung zersplitterter Angebotslandschaften und Steigerung des Erlebniswertes eine wertvolle Maßnahme sein, um die Wettbewerbsfähigkeit von Tourismusorten und Regionen zu stärken. In einem kurzen Überblick zeigen wir Ihnen die wesentlichen Erfolgsfaktoren sowie einige Best Practice-Beispiele.
Was genau ist Erlebnisraumdesign?
Erlebnisraumdesign bezeichnet die systematische und zielgruppenbezogeneEntwicklung von einzelnen Destinationen zu Erlebnisräumen (Region, Dorf, Erlebniswelt, Erlebnispfade).
Bündelung: Aus einzelnen Attraktionen werden Ensembles, die als Geschichten erzählt und von Touristen, aber auch Bürgern, einheitlich wahrgenommen und als attraktive Gesamterlebnisse erfahren werden können (Positionierung, Markenstory, Themen).
Authentizität: Die markenkonforme Bündelung der vorhandenen lokalen Attraktionen erschwert Nachahmung und vermittelt folglich gleichzeitig ein Höchstmaß an Authentizität.
Varianten: Bei Erlebnisräumen kann es sich um große oder kleine Räume (Region vs. Restaurant), reale oder virtuelle Räume (Museum vs. Simulation), geplante oder organisch gewachsene Räume (Freizeitpark vs. Ortskern) handeln. Große Erlebnisräume können dabei aus vielen kleineren Attraktionen bestehen.
Erlebnisraumdesign unterscheidet sich somit von der herkömmlichen Landschaftsarchitektur und Stadtplanung vor allem durch den strategischen Ansatz. D.h. die bewusste Vermittlung von Markenwerten (Branding) und das bewusste Schaffen von Konsumanreizen.
Erfolgsfaktoren im Erlebnisraumdesign
Damit Tourismusorte oder Regionen als homogene, stimmige Gesamterlebnisse erfahren werden können, müssen schließlich zielgruppenbezogene „Erlebnismasterpläne“ entwickelt werden. Dabei sind verschiedene Erfolgsfaktoren zu beachten.
1. Leitthema
Das Leitthema bzw. Leitbild stellt die Basis für die Angebots- und Infrastrukturgestaltung dar. Dabei gilt es mithilfe verschiedener Explorationsmethoden (Potentialanalyse, Recherche vor Ort) ein Alleinstellungsprofil zu erarbeiten. Ein regionales Infrastrukturkonzept wird auf Basis sich ergänzender Profile der Kooperationsorte entwickelt.
2. Strukturen
Entscheidend für eine gelungene Erlebnisraumgestaltung ist die ansprechende wegebezogene Verknüpfung einzelner Erlebnisareale untereinander in Form von klar definierten Ein- und Ausgängen, Achsen, Knoten und Verbindungen. Für den Nutzer muss z.B. leicht erkenntlich sein, wo ein neuer Erlebnisraum beginnt (z.B. Naturmeile, Kunstmeile, Familienmeile, Genussmeile, etc.).
3. Besucherlenkung
Durchgängigen Orientierungs- und Leitsystemen kommt als sich selbst erschließende Besucherführung („mental mapping“) eine große Bedeutung zu. Mit Hilfe erlebnisorientierter Übersichtskarten sowie kreativer Orientierungszeichen, Symbole und Markierungen (beispielsweise Straßenbeläge, Zäune, Fassaden, Straßenbegrenzungen, Papierkörbe …) werden Gästeströme durch den gekonnten Ablauf von Attraktionen, Aktivitäten und Ruhezonen dramaturgisch durch Erlebnisketten gelenkt.
4. Erlebnisbausteine und Attraktionen
Ein Inszenierungskonzept plant und koordiniert die Umsetzung des Leitthemas durch verschiedene Erlebnisbausteine. Dabei gilt es, jedes Angebotselement spezifisch einzubeziehen. Insbesondere kommt es auf den richtigen Mix aus Kernattraktionen (zentrale Ankerpunke) und dezentralen Erlebnispunkten an. Roter Faden der Inszenierung ist die Umsetzung des Leitthemas bzw. Profils in eine „Story“ (Storyboard).
5. Szenerie und Wohlfühlmanagement
Zusätzlich zu den Anforderungen der Zielgruppen an die Infrastruktur gilt es, Erlebnisräume zu einer echten „Wohlfühloase“ zu entwickeln. Dazu gehören gestalterische Maßnahmen zur Schaffung von Ambiente und Atmosphäre, die das Gesamterlebnis unterstreichen (beispielsweise Beleuchtung, Bepflanzung, Möblierung, Beflaggung, Symbole). Weiters gilt es, die Grundbedürfnisse der Gäste (Essen, Trinken, Versorgung, Erholung, Sicherheit) zu gewährleisten.
Erlebnisraumdesign Murau: 8 Berge – 1 Lächeln
Unter dem Slogan „8 Berge – 1 Lächeln“ präsentierte die Holzwelt Murau im März 2020 den neu entwickelten „Erlebnisraum Murau“. In einem mehrjährigen Prozess wurde gemeinsam mit den Tourismusverbänden des Bezirks im Rahmen des Projekts „Erlebnisraumdesign Murau“ die touristische Angebotslandschaft des Bezirkes geschärft und nach Bergpersönlichkeiten und Leitangeboten neu strukturiert.
Kernziel des Projekts war die Schaffung von Leitangeboten in den Bereichen Wandern, Rad und Wintersport unter Berücksichtigung der Leaderstrategie (Holz, Energie und Kultur). Die Zielgruppe sind vor allem natur- und outdooraffine Gäste aus allen Alters- und Interessensklassen. Weiters wurde eine optische Neuausrichtung im Sinne eines gemeinsamen Auftritts für die Region Murau in Angriff genommen.
4.000 Projektstunden, 400 Kilometer Wanderwege, 1.000 Fotos und über 100 Beteiligte zeigen den großen Umfang dieses Leitprojektes!
Hannes Schmidhofer, Oberwölzer Bürgermeister und Leiter des Projekts
Parallel zur touristischen Neuausrichtung wurden in der interkommunalen Standortentwicklung ein koordinierter Ablauf und ein abgestimmtes Vorgehen in Bezug auf Betriebsansiedelungen und Flächenmanagement vereinbart, um künftig als Wirtschaftsregion noch stärker wahrgenommen zu werden.
Erlebnisraumdesign Gurktal
Der „Erlebnisraum Gurktal“ ist mit seinen vielen Wanderwegen und Kräutergärten als „Kräuterparadies“ prädestiniert. Im Zuge des Projekts „Gurktaler Kräuterparadies“ wurden daher Wanderwege des Gurktales auf mehreren Strecken als „Kräuterwanderwege“ adaptiert bzw. unter dem Leitthema „Kräuter“ erschlossen.
Ziel des Projekts war es, das Gurktaler Kräuterparadies zu vermarkten und dadurch sowohl den Bekanntheitsgrad als auch die Gästezahlen im Gurktal zu steigern.
Durch thematische Einbindung der Betriebe an den Wanderstrecken konnte die Marke „Gurktaler Kräuterparadies“ ausgebaut, gefestigt und vermarktet werden.
Bei der Inszenierung der Erlebnis-Wanderwege wurde darauf fokussiert, möglichst alle Sinne anzusprechen, um eine nachhaltige Wirkung beim Gast zu bewirken.
Folgende Maßnahmen wurden im Rahmen des Projekts umgesetzt:
Erhebung und Großkonzept: Themensammlung zum Thema Kräuter, Recherche Benchmarks, Potentialerhebung, Interviews/Workshops mit Kräuterexperten, Zieldefinition und Grobkonzept.
Storytelling: Workshops vor Ort zur Entwicklung einer nachvollziehbaren publikumswirksamen Story, Entwicklung eines Inszenierungskonzeptes.
Einbindung der Dienstleiter: Infoveranstaltung vor Ort, Entwicklung eines gemeinsamen Produkts/Produktmerkmals (USP) für die teilnehmenden Betriebe in Rahmen eines Workshops. (Was kann jeder Betrieb als USP beisteuern, beispielsweise Give Aways, Rückholtaxis, besondere Ausstattung der Zimmer etc.).
Beschilderung: Adaptierung der Routen/Wanderwege.
Marketing: Presseaussendungen, Online-Anzeigen, Content Marketing, Social Media, Cross-Marketing.
Auf sechs Kräuterwanderwegen, von sportlich bis gemütlich, können Naturliebhaber die herrliche Landschaft erkunden. Für besondere Kulinarik und einen gemütlichen Aufenthalt der Gäste sorgt also ein Netzwerk von Kräuterwirten und Kräuterunterkünften.
Mühldorf: Das Dorf als Erlebnisstartplatz
Ein sehr schönes Beispiel für die Entwicklung eines Dorfplatzes als Erlebnisraum ist Mühldorf. Im Rahmen ihrer Neuorientierung als „Rad- und Wanderdorf“ erarbeitete die Kärntner Gemeinde gemeinsam mit dem Beratungsunternehmen TAO schließlich ein Konzept zur Attraktivierungdes Ortszentrums als Freizeit- und Lebensraum.
Mit dem Slogan „Mühldorf – Ein gefälliger Ort“ hat sich die Gemeinde folglich als Wander- und Radknotenpunkt positioniert.
Der Mühldorfer Dorfplatz fungiert als Naturerlebnis- und Wanderstartplatz. Er ist also Drehscheibe für Gemeindebürger und Gäste, für Jung und Alt, für Wanderer und Radfahrer.
Der neu entwickelte Generationenpark mit seinen Klettergerüsten, Spielgeräten, Kneippbächen und Steinspiralen dient dazu als Begegnungsraum.
Im Rahmen der Neugestaltung der Gemeinde bezog man dabei auch die Gastbetriebe Mühldorfs in den Umsetzungsprozess ein.
Als Leitsymbolik wurden zum Beispiel Wander- und Radmasten mit hohem Wiedererkennungswert im Dorf verteilt aufgestellt, die den Besucher durch die verschiedenen Info- und Verweilstationen des Dorfes führen.
Die Ortsbeschilderung besteht aus drei Erlebnislandkarten sowie diversen Objektbeschriftungen. Die ereignisreiche 3000-jährige Geschichte der Gemeinde wird anhand von Meilensteinen erzählt.
Falkenstein: Themenweg „Der Flug des Falken“
Mit der Gestaltung des Themenweges „Der Flug des Falken“ wurde in der Marktgemeinde Falkenstein schließlich ein weiteres Erlebnisangebot geschaffen, um den Erlebnisraum noch deutlicher mit dem Dachthema „Wein-Genuss“ in Verbindung zu setzen.
Ziel war es dabei, den ersten „Weinwanderpark“ der Welt zu gestalten. Zwischen einer großen horizontalen Leitroute und kleinen dörflichen Routen spannen sich mehrere vertikale Erlebnisrundrouten zu unterschiedlichen Themenfeldern. (Zum Beispiel Galgenbichl: Recht und Ordnung – Berggericht – Qualitätswein, Kreuzberg: Mariengrotte – Kirche Kreuzberg – Glaube und Spiritualität, Besinnlichkeit etc.).
Das Wanderangebot wurde bewusst thematisch differenziert, um die Bedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen zu adressieren. Symbol und Führer im Weinwanderpark ist stets der Falke, der Geschichten von Falkenstein, Landschaft und Wein erzählt. Anstelle von Schildern sitzen Metallflügel auf großen Kalksteinen, die mit den Geschichten und Erzählungen des Falken bedruckt sind.
Ausgangspunkt der Weinwanderungen ist das Ortszentrum, das sogenannte Falkennest. Neben dem Kleinen Falkenflug und dem Großen Falkenflug stehen fünf weitere Routen zur Verfügung.
Fazit: Erlebnisraumdesign
Naturnaher Urlaub steht aufgrund der Verunsicherung durch das Coronavirus hoch im Kurs. Während der Städtetourismus starke Buchungsrückgänge verzeichnet, haben viele Tourismusorte in ländlichen Regionen eine relativ gute Buchungslage.
Erlebnisraumdesign kann für Tourismusorte ein Weg sein, um durch Bündelung von Angeboten, Entwicklung von Alleinstellungsmerkmalen und Steigerung des Erlebniswertes auch in schwierigen Zeiten für Gäste attraktiv zu sein.
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