Wieviele Erholungsräume braucht eine lebenswerte Stadt?
16.03.2017
Gesellschaft
16.03.2017
Gesellschaft
Erholungsräume sind im dicht bebauten Stadtgebiet eine Rarität. Für die Lebensqualität in Städten ist es jedoch von hoher Bedeutung, ob Grünflächen, Freizeit- und Sportbereiche vorhanden sind und entsprechend genutzt werden können.
Stadtentwicklung ist ein Balanceakt zwischen der Schaffung von Wohnraum und der Bewahrung von Freiraumqualität. Lebenswerte Städte werden durch eine Vielzahl von Grünelementen sowie Spiel- und Freizeitflächen geprägt. Eine zukunftsorientierte Stadtplanung sollte daher das Bauen im Innenbereich mit dem Neuschaffen oder Verbessern von Erholungsräumen verbinden.
Für die Planung von städtischen Erholungsräumen existieren keine übergeordneten Vorgaben hinsichtlich Größe und Anzahl der jeweiligen Freiräume. Eine Ausnahme bilden Spiel- und Sportflächen, für die es anerkannte Bedarfszahlen gibt. In den einzelnen Ländern und Gemeinden werden Richtwerte vorgegeben, die an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen sind.
Die nachfolgenden Richtwerte und Mindestgrößen können unter Berücksichtigung von lokalen Vorschriften als Richtwerte herangezogen werden.
Quelle: Standards der Grün- und Freiraumversorgung, Stadt Wien
Wie zusätzliche Erholungsräume in Städten geschaffen werden können, zeigen wir Ihnen nachfolgend am Beispiel von „Gartenstädten“, dem Jugendsportprojekt sport.your.space und der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen.
Urbane Gärten sind kein neues Phänomen. Die Trends der letzten 15 Jahre zeigen jedoch, dass laufend neue Formen von urbanen Gärten hinzukommen. Das Bedürfnis von Städtern, selbst zu gärtnern und sich aktiv um die Schaffung von Erholungsräumen zu kümmern, ist in der jüngeren Vergangenheit stark gestiegen. Dachgärten entstehen, unansehnliche Brachflächen werden begrünt, Gemeinschaftsgärten und Urban Gardening boomen. Die Nachfrage nach urbanen Gärten von Seiten der Bürger wird auch weiterhin steigen. Gründe dafür sind:
Kommunen können von diesem Trend profitieren, indem sie urbane Gärten in die längerfristige Planung einbeziehen und als vielseitiges Instrument für die Stadtentwicklung begreifen. Wie das umgesetzt werden kann, veranschaulichen wir Ihnen anhand des Freiluftsupermarktes in Wien-Atzgersdorf.
Das Planerkollektiv Bauchplan zeigt mit einem Freiluftsupermarkt in Wien-Atzgersdorf, wie integrative Stadtentwicklung funktionieren kann. Bis Ende 2017 werden auf 500 Quadratmetern neben der denkmalgeschützten einstigen Sargfabrik Kartoffeln, Kürbisse, Paprika, Fisolen und andere Gemüsesorten angebaut. Im Vergleich zu vielen anderen Urban Gardening Projekten kann man hier einfach vorbeikommen und gegen eine freiwillige Spende Gemüse ernten oder Eier von den Freilufthühnern mitnehmen. Das Pflanzen und Pflegen übernimmt Bauchplan. Dass das Projekt von der Bevölkerung sehr positiv angenommen wird, zeigen hundert BesucherInnen beim Erntedankfest im Herbst 2016.
Absiedlungen von Betrieben und die damit verbundenen Industrie- und Gewerbebrachen haben zu einem großen Umnutzungsdruck im „Carrée Atzgersdorf“ geführt. In diesem wenig ansehnlichen Teil des Stadtgebietes sollen daher bis 2020 etwa 1.500 Wohnungen gebaut werden. Auch auf dem Sargfabrikareal sind ab 2018 bis zu 900 Wohnungen geplant. Das Gebiet soll aufgewertet und zu einem „Hotspot“ im Süden Wiens werden.
Um Einwohner für die Wohngegend zu gewinnen, setzt die Stadt nicht nur auf den Ausbau der Infrastruktur, sondern auch auf ein attraktives Image des neugestalteten Stadtteils. Menschen sollen das Gefühl haben, dass sie in ein kulturell vorgeprägtes Grätzel ziehen. Der Freilandsupermarkt ist in diesem Kontext als „integratives Stadtentwicklungsprojekt“ zu sehen, bei dem es im Gegensatz zum klassischen Urban Gardening nicht nur darum geht, Freiraum neuartig zu nutzen. Vielmehr soll ein bislang geschlossenes Areal zum Aufenthaltsort und Erholungsgebiet umgestaltet werden. Gleichzeitig wird dadurch ein Raum geschaffen, der die ansässige Bevölkerung mit möglichen neuen BewohnerInnen in Kontakt bringt.
Weitere Inspirationen für die Einbindung von Gärten in die Stadtentwicklung finden Sie in unserem Blogbeitrag „Urban Gardening und sein Gewinn: Ein Vorzeigeprojekt“ sowie in der Studie „Die neuen Gartenstädte – Urbane Gärten, Gemeinschaftsgärten und Urban Gardening in der Stadt- und Freiraumplanung“ von Ella von der Haide.
Jugendliche benötigen insbesondere in Städten Erholungsräume für Aktivitäten im Freien. Um mehr Bewegung in die Jugend- und Integrationsarbeit von Kommunen zu bringen, startete der Verein sport.your.space mit Unterstützung des „Fonds Gesundes Österreich“ ein innovatives Pilot-Projekt, das Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren Sport- und Bewegungsmöglichkeiten im öffentlichen Freiraum bietet.
Der Verein verfügt über einen Container mit Trendsportgeräten, der von Stadt zu Stadt wandert. Für jeweils acht Wochen haben Jugendliche die Möglichkeit, Sportgeräte kostenlos auszuleihen und mit Slackline, Waveboard, Einrad, Disc-Golf, Cross Boccia, Stuntscooter und vielen anderen teils exotischen Sportarten zu experimentieren. An Aktionstagen kommen prominente SportlerInnen aus der Funsport-Szene zu Besuch. Lokalen Vereinen wurde im Pilotprojekt die Chance eingeräumt, mit jugendgerechten Angeboten beim Container anzudocken.
https://youtu.be/lDvNVEZvEKk
Zentraler Bestandteil des Projektes ist der Jugenddialog mit GemeindevertreterInnen. Dabei werden mögliche Nachfolgeprojekte nach dem Containerabzug besprochen. Offene Sporthalle, Geräteverleih im Jugendzentrum, neue jugendkulturgerechte Vereinsangebote oder jugendsportliche Freiräume sind mögliche Folgeprojekte, die sport.your.space in den Städten und Gemeinden anstoßen will.
Bisher wurde das Projekt in Tulln, Gänserndorf, Amstetten und Zwettl umgesetzt. Als wesentliche Erfolgsfaktoren haben sich folgende Kriterien herauskristallisiert:
Ein Handbuch zum Projekt sport.your.space wird für interessierte Gemeinden ab Mitte März auf www.sportyourspace.at zur Verfügung stehen.
Foto: Naturnahes Firmenareal Firma Kärcher via Naturnahe Gärten
Die meisten Menschen verbringen den überwiegenden Teil des Tages an ihrem Arbeitsplatz, umgeben von vielen technischen Geräten und einem wenig erholsamen Arbeitsumfeld. Warum also nicht einen positiven Beitrag zur Stadtentwicklung durch Erholungsräume im betrieblichen Umfeld leisten?
Im Rahmen des derzeit laufenden EU LIFE-Förderprogramms ergreifen immer mehr Unternehmen die Chance, ihren Unternehmensstandort naturnaher zu gestalten. Daraus ergeben sich langfristig nicht nur deutliche Kostenvorteile für das Unternehmen. Die grüne Gestaltung von Firmengeländen nützt auch der Artenvielfalt und MitarbeiterInnen wie auch KundInnen profitieren von einem erholsamen Arbeitsumfeld:
Für das Handelsunternehmen KASTNER in Zwettl ist ein Stück Natur auf dem Firmengelände 2016 Realität geworden. In die ökologische Umgestaltung des KASTNER Betriebsgeländes wurden vor allem die Eingangsbereiche und Parkplätze sowie der Lieferantenbereich miteinbezogen. „Mit dem Projekt leisten wir als Unternehmen in Kooperation mit dem Ökokreis bewusst einen Beitrag zum Schutz und Erhalt unserer Umwelt und unserer regionalen Pflanzenwelt“, umreißt Firmen-Chef Christof Kastner den Sinn der Aktion. „Eigene Info-Tafeln zum Projekt sorgen zusätzlich für Umweltbewusstsein und Wissensvermittlung, das gesamte Arbeitsumfeld wird durch das Projekt aufgelockert. Ein Stück Natur im Betrieb lohnt sich.“
Das Wolfurter Unternehmen HABERKORN stellte beispielsweise bei der naturnahen Gestaltung des Firmengeländes die Schaffung eines Erholungsraumes für die MitarbeiterInnen in den Vordergrund: „Das Hauptanliegen war in erster Linie, einen Rückzugsort für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu schaffen, damit sie in den Pausen bestmögliche Erholung erfahren. Wir sehen unser Ziel erreicht, wenn die Menschen die Natur auch am Arbeitsplatz in ihren Pausen hautnah spüren können. Jeden Tag zeigen sich unser Biotop und die Blumenwiese von einer neuen Seite. Es ist spannend die Natur zu beobachten und hilft uns auch in kurzen Pausen, abschalten zu können“, so der Projektverantwortliche Günther Schwärzler.
Weitere Best Practice-Beispiele finden Sie außerdem in der Broschüre „Naturnahe Firmenareale – Vorbildunternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz“.
Erholungsräume in Städten leisten jedenfalls einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit und das Wohlbefinden seiner BewohnerInnen. Solche Erholungsräume können Grünräume und Freizeitanlagen, aber auch urbane „Natur“ wie Stadt -Sandstrände, Badeschiffe und Surfspots und konsumfreie, gebaute Umwelten sein.
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