Erdgeschoßzonen: Welche Konzepte brauchen wir?
22.01.2019
Wirtschaft
22.01.2019
Wirtschaft
Erdgeschoßzonen in Innenstädten brauchen neue Konzepte. Viele sind in ihren Nutzungsmöglichkeiten zu beschränkt.
Jede Stadt und jede Gemeinde hat eigene Vorgaben, wie Erdgeschoßzonen gestaltet und genutzt werden dürfen. Oft ist ihr Dasein auf reinen Handel oder sonstiges Gewerbe beschränkt. Doch wie sinnvoll ist das wirklich? Und: Welches ungenützte Potenzial lässt sich in Erdgeschoßzonen zum Leben erwecken?
Generell muss man zwischen zwei Arten unterschieden. Vorhandene, bei denen die bestehende Bausubstanz zu berücksichtigen ist, und neu gebaute Erdgeschoßflächen. Heimo Maieritsch, Citymanager in Graz erinnert sich: „Wir haben bereits vor neun Jahren beim Bau der Smart City darüber gesprochen, dass wir weniger Handelsflächen brauchen.
Ein Nahversorger in einer Wohnsiedlung ist notwendig, ansonsten sind viele Handelsflächen overstored.“
Siedlungslagen würden Nahversorger und keine neuen Einkaufszentren verlangen. Interessant findet Maieritsch allerdings logistische Nutzungen von Erdgeschoßzonen bei Neubauten wie zum Beispiel Schließfach- und Paketverteilungssysteme.
„Wer also ein Paket erhält, kann dieses direkt in der Siedlung im Schließfach abholen.“ Maieritsch selbst sei von Grund auf kein Freund des Distanzhandels, jedoch könne man die Augen davor eben nicht verschließen.
Auch für Fahrradabstellflächen sieht er in Erdgeschoßen großes Potenzial. „Für die Fahrräder mangelt es ohnehin in den meisten Häusern, aber auch auf den Straßen der Städte selbst an passenden Flächen, um die abzustellen.“
Erdgeschoßzonen könnten also durchaus als „Parkhäuser“ für die Drahtesel umfunktioniert werden.
Grundsätzlich ist größtmögliche Flexibilität für die Nutzung der Erdgeschoßflächen gefragt. So kann im Idealfall von der Arztpraxis bis zum Coworkingspace oder der Wohnung eben alles in der untersten Ebene des Hauses untergebracht werden.
Im Gesundheitsbereich bieten sich darüber hinaus ganze Praxisgemeinschaften oder Ärztezentren an.
Die temporäre Nutzung, wie zum Beispiel für Pop Up-Stores oder die Kurzzeitvermietung etwa an Veranstalter von Festivals oder NGOs würde bestehende Bedürfnisse erfüllen.
In diesem Zusammenhang sind auch Kooperationen zwischen verschiedenen Branchen erfolgsversprechend. „Wenn zum Beispiel eine Ausstellungsfläche im Handel zugleich für die Präsentation von Künstlern genützt werden kann“, erklärt Maieritsch die verschränkte Nutzung.
Der Trend zur multifunktionalen Nutzung von Geschäftslokalen zeichnet sich ohnehin ab. So werden Frisörläden verstärkt mit Coffeeshops kombiniert, man findet in einem Barbershop auch ein Service für die Handyreparatur oder kann sich nach dem Shoppen in der Designerboutique ein Gläschen an der Sektbar gönnen.
Gerhard Angerer Geschäftsführer des Stadtmarketing Villach, sieht Freizeiteinrichtungen in Erdgeschoßzonen als wichtige Besuchermagneten für die Innenstadt. „In Villach haben wir derzeit zu viele Handels- und Dienstleistungsflächen. Mit dem derzeitigen Wissen gehe ich nicht davon aus, dass wir diese Flächen so schnell auch mit Handel und Dienstleistung voll bekommen.“
Freizeiteinrichtungen jedoch wie Indoorspielplätze für Familien aber auch Gastronomie und Entertainment-Zentren sind der Grund, warum Menschen in die Innenstädte kommen. Das Shoppen folgt dann nebenher ganz automatisch. „Wichtig ist, dass Innenstädte zu hochattraktiven Erlebnisräumen werden, in denen man sich gerne aufhält“, so Angerer.
Auch für die gewerbliche Nutzung sieht er frisches Potenzial. „Warum müssen Büros in den Stockwerken liegen und können nicht ebenerdig zugänglich sein?“, so Angerer. „Ein Architekturbüro wird greifbarer und lebendiger, wenn man beim Vorbeigehen den Menschen bei der Arbeit zusehen kann.“
Auch Wohnen sieht der Citymanager als attraktive Möglichkeit für Erdgeschoße. „Die Gardinen werden nicht vorgehängt, nur weil man am Hauptplatz wohnt. Auch in Randlagen kann das Wohnen im Erdgeschoß eine Rolle spielen.“
Der Rückgang des stationären Handels erfordert neue Konzepte für Erdgeschoßzonen. Dabei gilt: Je größer die Flexibilität für die Nutzung, umso größer der Gewinn für die Stadt.
Die verschränkte Nutzung zwischen mehreren Betrieben, Kurzzeitvermietung nach Bedarf, Coworking-Spaces oder Freizeiteinrichtungen sind ebenso bedeutsam wie die Schaffung von Fahrradabstellplätzen oder Schließfachsystemen.
Fotocredit Titelbild: Shutterstock
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