Wie Elektromobilität in Gemeinden umgesetzt wird

05.06.2018
Gesellschaft, Trends

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(c) bike energy Berger Logistik

Elektromobilität ist österreichweit auf dem Vormarsch. Die wichtigsten Eckpunkte zum Thema sowie einige Best Practice Beispiele zeigen wir Ihnen in diesem Beitrag.

 

 

Elektromobilität steigt kontinuierlich

Der Anteil von Elektrofahrzeugen in Österreich steigt jährlich an. Im Jahr 2017 waren in Österreich bereits rund 29.000 Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr unterwegs, etwa 9.100 wurden 2017 für den Straßenverkehr neu zugelassen. Im Bereich der E-Autos sind bis Ende April 2018 bereits 2.149 Neuzulassungen zu verzeichnen, das sind um 31,3 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum 2017.

Elektromobilität - Der Bestand an E-Autos wächst stetig

© Bundesverband Elektromobilität Österreich (BEO), Daten: Statistik Austria

 

Dementsprechend wächst auch das Ladenetz in Österreich. Elf führende Energieunternehmen Österreichs verbinden derzeit ihre Ladestationen zu einem flächendeckenden Ladenetz für E-Mobilität, hinzu kommen zahlreiche Initiativen von Gemeinden zur Förderung der Elektromobilität.

Aktuell gibt es bereits über 2.000 öffentliche Ladeanschlüsse zwischen Wien und Bregenz in einem Abstand von 30 Kilometer und einer Ladeleistung von 3,7 kW bis 50 kW. Die Ladestation können via APP oder Navi ausfindig gemacht werden, bezahlt wird mit RFID-Karte, Smartphone, oder Kreditkarte.

 

Elektromobilität als Imagefaktor

Elektromobilität steigert die Lebensqualität der BürgerInnen und leistet einen wesentlichen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele. Im derzeit frühen Entwicklungsstadium können Gemeinden Elektromobilität jedoch auch als Alleinstellungsmerkmal zur Aufwertung des Standortes nutzen. Konkrete Maßnahmen in diesem Zusammenhang könnten zum Beispiel sein:

  • Wirtschaftsförderung: Integration der Elektromobilität als Teil der Wirtschaftsförderung (z.B. spezielle Förderungen für Betriebe im Bereich der Elektromobilität, um lokale und regionale Nachfrage zu erzeugen, Firmenparkplätze zum Aufladen von e-Cars, eScooter, eBikes, etc.)
  • Gemeinde-Förderung: Schaffung einer Gemeinde-Förderung für BürgerInnen beim Kauf von E-Fahrzeugen; BürgerInnen können kostenlos ein eCar oder eBike ausprobieren.
  • Marketing: Verankerung der Elektromobilität im Stadt- und Standortmarketing (auch für touristische Angebote).
  • Aufklärung & Information: Sensibilisierung der BürgerInnen und lokalen Akteure für das Thema Elektromobilität (Nachhaltigkeitsmaßnahmen müssen „verkauft“ werden).

Mit einer klaren Positionierung und Profilierung als nachhaltige und innovative Gemeinde kann Elektromobilität somit zum Werbeträger für Gemeinden und Regionen werden.

 

Relevante Faktoren zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur

©Tankstelle Flo Mobil

Die Auswahl an Ladestationen und Konzepten ist mittlerweile sehr groß. Um das Potenzial der neuen Technologie bestmöglich zu nutzen, sollte man vorab feststellen, welche Modalitäten am besten zu den individuellen Bedürfnissen und Anforderungen der Gemeinde passen.

Ein durchdachtes Konzept im Vorfeld erspart unliebsame Überraschungen und vor allem auch Geld. Folgende Punkte sind im Rahmen der Konzeption zu berücksichtigen:

  • Optimaler Errichtungsort: Wo sollen die Ladestationen installiert werden? Sind bereits Parkflächen und Stromanschluss vorhanden?
  • BenutzerInnen: Wer soll an den Ladestationen laden können? Ist der Ladepunkt zu jeder Zeit verfügbar?
  • Verrechnung: Wie soll die Verrechnung erfolgen?
  • Ladevorgang/Infrastruktur: Wie lange bleiben die Fahrzeuge am Ladepunkt (mehrere Stunden oder nur z. B. eine halbe Stunde)? Wie schnell sollen die Fahrzeuge geladen werden (Ladeleistung)? Welche Ladeart ist sinnvoll (Wechselstrom oder Gleichstrom) Was kostet die Ladeeinrichtung? Sollen zusätzliche Energiesysteme wie Photovoltaik- und Speichersysteme zur Optimierung der Ladestation eingesetzt werden?
  • Anzahl Ladepunkte: Wie viele Fahrzeuge kann man gleichzeitig laden?
  • Laufender Betrieb: Wer kümmert sich um die technische Wartung, um die Parkplätze (z.B. Schneeräumung im Winter), etc.

Es bestehen bereits eine Vielzahl von Beratungsangeboten seitens öffentlicher Einrichtungen (Energieversorgungsunternehmen, TÜV Austria, klima aktiv) sowie privater Dienstleister, die bei der Entwicklung und Umsetzung neuer E-Konzepte unterstützen.

 

 

Gemeindefuhrpark: Leuchtturm für eine neue Mobilität

Gemeinden haben einen großen Einfluss darauf, wie schnell die E-Mobilität an Bedeutung gewinnen wird. Der Gemeindefuhrpark spielt im Sinne einer Vorbildwirkung eine wichtige Rolle. Es kann aufgezeigt werden, wie nachhaltige Mobilität im täglichen Leben umgesetzt wird und auf diese Weise Elektromobilität bei BürgerInnen und Unternehmen forcieren.

Punktuelle Einzelmaßnahmen, wie z.B. die Beschaffung von Elektrofahrzeugen für einzelne Ämter oder Bereiche zeigen meist nur geringe Wirkung. Eine nachhaltige Optimierung des Fuhrparks sollte übergreifende Lösungen beinhalten, zum Beispiel:

  • Aufbau einer wirtschaftlichen und modernen Fahrzeugflotte mit konventionellen und Elektrofahrzeugen (einschließlich Einsatzfahrzeugen, Zweirädern, Nutzfahrzeugen/Zusatzgeräten für den Bauhof z. B. e-Rasenmäher oder e-Bagger)
  • Gute Auslastung der Fahrzeuge und Fahrzeugpools
  • Nutzung eines Mobilitätsmixes (Dienst- & Mitarbeiter-PKW, ÖPNV, Taxi, Car Sharing, etc.)
  • Einfache Prozessgestaltung und Implementation innovativer IT-Lösungen
  • Einbindung der Mobilität der MitarbeiterInnen (Jobticket, Parkraumbewirtschaftung, Car Sharing etc.)

 

Elektromobilität - das erste E-Feuerwehrauto in Linz
© Linz AG – Das erste E-Feuerwehrauto für eine Besatzung von bis zu sechs Personen und einer Reichweite von 160 Kilometern

 

# Wichtige Punkte bei der Fuhrparkumstellung

Im Zuge der Fuhrparkumstellung ist für die Gemeinden eine strukturierte Vorgangsweise bei der Umstellung auf e-Fahrzeuge zu empfehlen:

  • Fuhrparkanalyse und Mobilitätsbedarfserhebung: Untersuchung der bisherigen Auslastung und Nutzungsanforderung (Energiebuchhaltung als Unterstützungsinstrument).
  • Potentialanalyse: Entwicklung unterschiedlicher Umstellungsszenarien auf Basis der Auswertung der Fuhrparkanalyse (welche E-Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur, zusätzliche Mobilitätsvarianten wie z.B. eScooter oder eBikes). Mit der „e-fleet-Fahrprofilanalyse“ des TÜV Austria lässt sich beispielsweise das Potential sehr genau erheben.
  • Wirtschaftlichkeitsberechnung: Bewertung der möglichen Umstellungsszenarien hinsichtlich ökonomischer und ökologischer Aspekte unter Einbeziehung von möglichen Förderungen und Steuervorteilen (Gesamtkostenrechnung, nicht-monetäre Effekte, Möglichkeiten von Mehrfachnutzungen mit eCar Sharing und Nachbargemeinden).
  • Entscheidungsfindung: Präsentation, Diskussion und Beschlussfassung im Entscheidungsgremium der Gemeinde.
  • Testphase: Durchführung eines Testlaufs mit e-Fahrzeugen, die in die engere Wahl kommen (falls möglich). In NÖ können dafür beispielsweise e-Autos der Energie- und Umweltagentur NÖ genutzt werden oder auch e-Fahrzeuge anderer Gemeinden (Aktion „Tausche fossil gegen e-mobil“) sowie von Händlern.
  • Einschulung der NutzerInnen: Schulung durch den jeweiligen Händler in Hinblick auf die Technologie der e-Fahrzeuge.
  • Beschaffung: Nach Festlegung von Mindestanforderungen und Definition von Zuschlagskriterien kann die Beschaffung durch die Gemeinde stattfinden. Für die Anschaffung von e-Nutzfahrzeugen bietet die Broschüre „e-Mobilität am Bauhof“ eine sehr hilfreiche Unterstützung.

# Fuhrpark-Einsparungen durch die Anschaffung von E-Fahrzeugen

Auch wenn die Anschaffungskosten für e-Fahrzeuge derzeit noch über jenen für konventionelle Fahrzeuge liegen, zeigt ein differenzierter Kostenvergleich, dass Elektrofahrzeuge nicht nur mit vergleichbaren konventionellen Fahrzeugen mithalten können, sondern im mehrjährigen Vergleich bereits signifikante Einsparungen bringen.

Elektromobilität: Kostenreduktion durch Kauf von E-Fahrzeugen
Quelle: Klima- und Energiefonds, VCÖ, Faktencheck E-Mobilität, September 2017

 

Die Gesamtkostenvorteile eines betrieblich bzw. von einer Gemeinde genutzten E-Autos ergeben sich somit aus folgenden Positionen:

  • Reduktion laufender Kosten: Ersparnisse durch geringeren Kraftstoffverbrauch und reduzierte Wartungskosten.
  • Lohnnebenkostenreduktion: Durch den Wegfall des Sachbezuges bei Privatnutzung reduzieren sich die Lohnnebenkosten.
  • Vorsteuerabzug: Für unternehmerisch genutzte abgasfreie Fahrzeuge gilt – anders als für konventionelle KFZ – seit dem Jahr 2016 das Recht auf Vorsteuerabzug.
  • NoVA: Für elektrisch oder elektrohydraulisch betriebene Fahrzeuge wird keine Normverbrauchsabgabe (in Österreich bis zu max. 32%) eingehoben.
  • Wegfall Versicherungssteuer: Für reine e-Pkw entfällt zudem die motorbezogene Versicherungssteuer.
  • Förderung: Gebietskörperschaften und Vereine werden beim Ankauf von e-Fahrzeugen unterstützt und unter der Voraussetzung ausschließlich erneuerbarer Stromversorgung gegenwärtig mit 3.000 Euro für rein elektrische Pkw bzw. 1.500 Euro bei Plug-in-Hybriden gefördert.

Durch ein übergreifendes Mobilitätskonzept können Elektrofahrzeuge in Gemeinden und kommunalen Betrieben auch heute schon kostenneutral bzw. mit bis zu 30 Prozent Kostenersparnis im Vergleich zur heutigen Mobilität genutzt werden.

 

E-Fahrzeugsharing für GemeindebürgerInnen

Ein weiterer Baustein zur Steigerung der Elektromobilität bilden Sharing Modelle für GemeindebürgerInnen. Durch die steigende Akzeptanz der shared mobility wurden in zahlreichen Gemeinden bereits erfolgreich Initiativen ins Leben gerufen. Einige Umsetzungsbeispiele möchten wir Ihnen nachfolgend vorstellen.

# eCar Sharing in Tirol

Ein Beispiel für ein erfolgreiches Projekt ist die von den Wörgler Stadtwerken im September 2017 ins Leben gerufene e-Mobilitätslösung „flo MOBIL“. Der Start erfolgte mit eCar Sharing, für die weitere Zukunft wird jedoch die umfassende Vernetzung von eCars, eBikes, eScooter, eRuck TUKs und VVT (Verkehrsberund Tirol) angestrebt.

 

elektromobilität - Vernetzung aller E-Fahrzeuge über flo MOBIL
Elektromobilität in Tirol: Multimodale Vernetzung aller E-Fahrzeuge über flo MOBIL

 

Das eCar Sharing Projekt ist vor allem als leistbare Alternative für jene GemeindebürgerInnen gedacht, die nicht jeden Tag ein Auto benötigen. Die Elektroautos kosten einheitlich in ganz Tirol 2 Euro/Stunde und 0,15 bis 0,20 Euro/Km. Zusätzlich fällt ein Grundentgelt von 4,90 Euro/Monat an.

Wer keine Grundgebühr bezahlen möchte, kann den Flextarif mit einem erhöhten Stundensatz in Anspruch nehmen. Die Registrierung und Buchung erfolgt online bzw. über die flo MOBIL App, ein Fahrtenbuch kann man ebenfalls führen.

Interessant in diesem Zusammenhang ist die Bedeutung des richtigen Preismodells, damit ein eCar Sharing Projekt von BürgerInnen auch angenommen wird. Denn ursprünglich starteten die Stadtwerke mit einer Grundgebühr von 25 Euro und einem Stundentarif von 6 Euro. Da keine einzige Anmeldung einlangte, wurde der Tarif wie oben beschrieben verändert. Seither sind die eCars sehr gut gebucht.

Um Gemeinden die Einführung von eCar Sharing zu erleichtern, wurde das „eCarsharing Sorglospaket“ geschaffen, das sich einfach in jedes Gemeindesystem einbinden und individuell anpassen (z.B. gemeindeeigene Vergünstigungen) lässt.

Die Wörgler Stadtwerke begleiten Gemeinden aktiv bei der Umsetzung wie auch im laufenden Betrieb (24/7 Hotline) und kümmern sich um Ladestationen, Lademanagement, KFZ Operate-Leasing, Vollkasko-Versicherung und Ökostrom. Die monatlichen Kosten pro eCar sind vom Fahrzeugmodell abhängig und beginnen bei 865 Euro pro Monat. 

# Multifunktionskarten zur Förderung der Elektromobilität

Einen weiteren Ansatz zur Steigerung der e-Mobilität sind Multifunktionskarten im Gemeindeumfeld, die auch eCar Sharing und Tanken an Ladestationen ermöglichen. So plant Wörgl beispielsweise die energycard dahingehend zu erweitern und auch in Weiz wurde dieser Ansatz im Rahmen der Weizcard Deluxe bereits umgesetzt.

Deluxe-Card BesitzerInnen können nach der Registrierung beim gemeinnützigen Verein Ever-Green ein Elektroauto im eCar Sharing nutzen, wobei die Karte als Autoschlüssel fungiert. In naher Zukunft soll man die Deluxe Card auch für die Ladestationen in und um Weiz verwenden können. 

# Elektroauto-Fuhrpark als eCar Sharing Service

Gemeinden können nicht nur eCar Sharing Projekte fördern, sondern auch ihren eigenen Elektroauto-Fuhrpark nach Dienstschluss und an den Wochenenden BürgerInnen zur Verfügung stellen. Dieses Konzept wurde bereits in Düsseldorf umgesetzt, könnte aber gerade für kleinere Gemeinden ein interessanter Ansatz sein.

 

Betriebe als wichtige Partner zur Steigerung der Elektromobilität

Betriebe und Unternehmen sind wichtige Partner, um MitarbeiterInnen für eine umweltfreundliche Mobilität zu motivieren. Wie Elektromobilität am Arbeitsweg gesteigert werden kann, zeigt Berger Logistik.

Das Unternehmen hat nicht nur seinen Unternehmensstandort vom schwer erreichbaren Industriegebiet zum Hauptbahnhof Wörgl verlegt, sondern auch eBikes für MitarbeiterInnen angeschafft, die sie leihen können. Zusätzlich sorgt das Unternehmen für einen eigenen Abstellraum, Garderoben mit Duschen und eine Stromtankstelle. Elektroautos können darüber hinaus ebenfalls ausgeborgt werden.

Fazit: Elektromobilität auf der Überholspur

Für eine zukunftsfähige Nahmobilität in Gemeinden ist folglich das Zusammenwirken von Elektromobilität/Car Sharing mit nichtmotorisierten Verkehrsarten wesentlich. Um Elektromobilität in Gemeinden zu etablieren, müssen also elektromobile Strategien in kommunale und regionale Energiekonzepte integriert werden.

Gleichzeitig sollte man im Rahmen der Verkehrsplanung „aktive“ Verkehrsarten fördern. Die schrittweise Elektrifizierung des eigenen Fuhrparks, Bike Sharing und eCar Sharing-Systeme (z.B. auch Kombiticket mit Öffis denkbar) sowie Kooperation und Zusammenarbeit mit Betrieben sind mögliche Maßnahmen zur Umsetzung der Mobilitätswende.

Titelbild: © Mit der Ladestation von bike energy versorgt Berger Logistik die eBikes der MitarbeiterInnen.

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