Die weibliche Stadt
11.01.2022
Architektur, Gesellschaft
11.01.2022
Architektur, Gesellschaft
Europäische Städte wurden – und das ist nicht übertrieben – in den letzten 9.500 Jahren von Männern für Männer entworfen. Die Infrastruktur, der Verkehrsfluss und die Architektur, die Straßen, Plätze und andere Stadtflächen richteten sich nach der Biographie des Mannes. Wien macht es seit 30 Jahren anders und gilt seither als Vorreiter in puncto geschlechtergerechte Stadtplanung. Die weibliche Stadt – wie hört sich das für Sie an? Würden Sie sich wünschen, in einer von Frauen geplanten Stadt zu leben?
Die Nutzung des öffentlichen Raumes war ab den 40er und 50er Jahren von der Vorstellung des Lebens von Männern und Frauen geprägt. Man überlegte sich, wie die Biographien und Nutzungen des Raumes aussehen. Der Mann fuhr mit dem Auto oder öffentlichen Verkehrsmitteln vom trauten Heim zur Arbeit und retour und sagte: „Ich wohne bei meiner Frau, gehe morgens arbeiten und fahre abends wieder zu meiner Frau zurück.“
Die Frau dachte: „Ich habe mein Häuschen mit Garten und Kindern, bin den ganzen Tag daheim und verrichte im Haushalt viele Dinge.“ Das hört sich nach Klischeedenken an – wenn ich jedoch Frauen im Alter meiner Mutter interviewe, kommen genau diese Aussagen. Frauen hat man in der Stadtplanung lange nicht mitgedacht. Waren sie doch – in der Masse betrachtet – bis vor wenigen Jahrzehnten primär im Haushalt und mit der Kinderbetreuung beschäftigt.
Frauen ohne Kinder haben vielleicht ähnliche Bedürfnisse, Wege und Interessen wie Männer. Kommt ein Kind in den Lebensalltag, ändert sich das. Es ist bis heute die Mehrheit der Frauen, die neben ihrem Berufsalltag ihre Kinder in den Kindergarten oder in die Schule bringen, einkaufen gehen, sich um ältere Familienangehörige kümmern, mit den Kindern zum Arzt fahren, zur Therapie, zum Sport, zum Spielplatz.
Wer in der Stadt lebt, hat mittlerweile kein bis maximal ein Auto (alle anderen werden verurteilt), weil es in Bezirken mit zunehmender Parkraumverknappung und dem lauter werdenden Ruf nach Flächen mit mehr Lebensqualität, d.h. Gras, Parks und weniger Beton und der Rückbildung von versiegelten Bodenflächen für zwei oder mehr Autos pro Haushalt keine Argumente mehr gibt. Frauen müssen so, wie viele Städte geplant wurden, zeitintensive Wege und noch immer Orte voller Barrieren auf sich nehmen, vor allem, wenn sie öffentlich oder zu Fuß unterwegs sind.
Wenn wir von genderneutraler Stadtplanung sprechen, klingt das utopisch oder nach dem heutigen Status Quo? Ist die Zahl von Männern zu Frauen in Architektur, Landschaftsplanung, Raumplanung, etc ausgeglichen? Wer hat die ‚besseren Ideen‘? Wen sieht man auf Sportplätzen und Community-Räumen in Stadtteilen abhängen? Jungs oder Mädchen?
Ist es ein Vorurteil oder eine nicht repräsentative Beobachtung, dass das, was Kinder und Jugendliche heutzutage auf öffentlichen Plätzen tun können, sich primär an den Interessen von Buben, männlichen Teenagern und erwachsenen Männern orientiert?
Vor 9.600 Jahren wurde laut Wikipedia die Architektur erfunden. Die erste Frau, die in Österreich Architektur studierte und wahrscheinlich die erste Frau war, die den Beruf in Österreich umfassend ausübte, war Margarete Schütte-Lihotzky (1897 – 2000). Sie entwarf unter anderem die sogenannte „Frankfurter Küche“ für den sozialen Wohnungsbau in Frankfurt.
Heute studieren mehr Frauen das Fach Architektur als Männer. Auf Baustellen und in Architekturbüros dominieren jedoch noch immer Männer. Noch müssen sich Architektinnen beim Begriff Gender-Mainstreaming verhöhnende Fragen anhören, z.B. ob die U-Bahnen in einer weiblich geplanten Stadt rosa angestrichen werden.
Der Berufsalltag ist auch heute noch an starke traditionelle, “männlich“ kodierte Werte gebunden. Solange wir keine revolutionären Ideen zur Kinderbetreuung entwickeln, wird die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein unverändertes Problem für Frauen in der Arbeitswelt sein.
In skandinavischen Ländern liegen Architektinnen mit einem Anteil von etwas über 40% in Europa in der Vorreiterposition. Obwohl Frankreich als progressives Land in Sachen Frauenpower gilt, machen Frauen in der Architektur nur ein Drittel aller ArchitektInnen aus.
Die Architekturforscherin Sabina Riss meinte in einem Interview mit derstandard.at auf die Frage, wie sie sich die thematisierte Dualität und Konkurrenz von Mann und Frau in der Architektur erkläre: „Der Prototyp des Architekten war wohl immer schon männlich“.
Ab dem 19. Jahrhundert seien Ziviltechniker in ihrer Beurkundungsautorität Staatsorganen gleichgestellt gewesen, z.B. Otto Wagner, Adolf Loos, Le Corbusier. Auch die Darstellung des Architekten in Hollywoodfilmen hätte dazu beigetragen. Die Melange dieser PR-Tätigkeit hat das männliche Architektenbild enorm gestärkt. Der Mann als Schöpfer. Dem gegenüber steht die Architektin, die Anfang des 20. Jahrhunderts plötzlich in diese starke Männerdomäne eindringt und ihren Platz sucht.
„Gut Ding will eben Weile haben, und wesentlich wird auch sein, dass der Geist der Frau zur Sprache kommt, die sein will, was sie ist, und nicht scheinen will, was sie nicht ist.“
– Lilly Reich, Innenarchitektin und Designerin, 1922
Katja Schechtner, renommierte österreichische Mobilitäts- und Urbanitätsforscherin, meint dazu: „Frauen studieren im deutschsprachigen Raum erst seit 120 Jahren. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gab es im gesamten deutschsprachigen Raum nur etwa 80 Architektinnen.“
Sie schildert weiter: „Es gibt heute zum Glück mehr und mehr Architektinnen, die immer bedeutendere Projekte leiten. Schauen wir uns die Hauptstadt von Australien, Canberra, an. Diese Stadt wurde von einer Frau geplant. Wenn aber darüber berichtet wurde, stand da oft nur ‚M. Griffin‘ – dass es eine Marian und nicht Max war, das wusste niemand.“
Es gibt viele andere Freiräume, bei denen wir uns die Frage stellen: „Wie breit sind die Straßen, wieviel Grün ist da und wieviel Verweilmöglichkeiten gibt es? Silja Tillner hat den Urban Loritz-Platz und die Gürtelbögen umgebaut. Sie hat sich auf die ‚Restlflächen‘ konzentriert, diese Zwickl, die in der männlichen Verkehrsplanung ‚übrig‘ geblieben sind.
Wenn man diese neu gestaltet sieht und neu bebaut und integriert, ergibt das fantastische Resultate. Tillner versteht, dass diese Orte auch Ruhezonen sein können. Es ist auch möglich, in Flächen des öffentlichen Verkehrs unkonventionelle Verweilorte und traditionelle Gastro-Orte, wie Würstelstände, einzubauen.“
„Was ist ein männlich oder ein weiblich geprägter Blick in der Stadtplanung überhaupt?“ frage ich Katja. „Das startet bei der Nutzungsqualität des Öffentlichen Raumes, der nicht nur als Durchzugsort, sondern als Aufenthaltsort zu sehen ist.“ antwortet sie. Ein anderes Thema: die Sicherheit in Städten. Viele Frauen fühlen sich unsicher, wenn sie alleine in Städten unterwegs sind. Wie eine gendergerechte Stadtplanung helfen kann, zeigt die schwedische Stadt Umeå.
Umeå wurde vom Europäischen Rat der Gemeinden und Regionen (RGRE) als beispielhafte Stadt für die Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern hervorgehoben. Die schwedische Stadt bietet seit 2009 eine geführte Bustour an, mit der geschlechtsspezifisch gebaute Stellen in der Stadt aufgezeigt werden.
Insgesamt gibt es 25 Stationen auf dieser Bustour, die den Besuchern zeigt, wie nützlich durchdachte Stadtentwicklung der Gleichstellung der Geschlechter in der Gesellschaft helfen kann. Und es damit auch geschafft hat, dass sich Frauen in Umeå sicherer fühlen.
Das neue Reisezentrum am Bahnhof Umeå Ost ist zum Beispiel eine Drehscheibe für Reisende zum und vom Universitätskrankenhaus Norrland und der Universität Umeå. Es wurde mit so viel Freiraum wie möglich gebaut, damit sich die Reisenden sicher und geschützt fühlen können.
Viele Frauen arbeiten im Krankenhaus und im Gesundheitswesen im Allgemeinen, und die meisten von ihnen haben ungünstige Arbeitszeiten. Jede/r soll sich beim Pendeln zur und von der Arbeit sicher fühlen und es ist daher wichtig, dass das Reisezentrum offen und transparent ist. Es soll keine Orte geben, an denen man von einer anderen Person überrascht werden kann. Seit das Zentrum gebaut wurde, fahren mehr Frauen mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad zur Arbeit.
Die Unterrepräsentanz von Frauen wird bei genauer Recherche in Architektur, Stadtplanung- und -verwaltung, in Jurys, Gremien, Aufsichtsräten und vielen anderen Institutionen sichtbar. Auch der Umgang der Medien mit Architektinnen lässt oft zu wünschen übrig.
Katja Schechtner verweist auf ein Beispiel: „Anfang der Neunziger Jahre wurde der Pritzker-Preis – das ist die höchste Auszeichnung in der Architektur – nur an Robert Venturi verliehen, obwohl er den Großteil seiner Schaffensphase (22 Jahre lang) gemeinsam mit seiner Partnerin Denise Scott Brown praktiziert hatte. Sie wurde nicht erwähnt oder gewürdigt. 2013 machten sich viele Branchenkollegen dafür stark, Denise Scott Brown diese Anerkennung rückwirkend zu gewähren. Die Jury lehnte jedoch ab.
Viele Frauen haben mit ihren Ingenieursleistungen unglaublich wichtige Entwicklungen in Städten vorangetrieben – mit leisem Erfolg. Dazu gehört Emily Warren Roebling – ein Name, der vielen unbekannt ist und doch kennt jeder die Brücke, die sie 1883 nach 14 Jahren Bauzeit eröffnete: die Brooklyn Bridge in New York City.
Die Brücke mit ihren 42 Meter hohen Granittürmen, den 40 Zentimeter dicken Stahlkabeln und der eleganten Bauform wurde zum weltweit bekannten Landmark. Die Brücke gilt heute als Ikone für Kunst, Urbanismus und Bauingenieurswesen. Vielleicht hätte man sie Roebling Bridge nennen sollen.
„Mein absolutes Lieblingsprojekt ist das von Genia Awerbuch“, erklärt Katja Schechtner, „die 1934 mit nur 25 Jahren einen Gestaltungswettbewerb gewinnt. Es geht um die Gestaltung des Zina-Dizengoff-Platzes in Tel Aviv, der eine Art geografischen und emotionalen Mittelpunkt in der Stadt darstellt. Der Platz wurde von den Bewohnern Tel Aviv’s geliebt. Aber ein Jahr nach Awerbuchs Tod – es sind die 70er Jahre – wird der Platz zerstört.
Es wird eine autogerechte Stadt gebaut und überbrückt, mit einer heißen Betonschale überzogen, auf der die Fußgänger darüber marschierten. Die Erdgeschosszonen sind plötzlich vollkommen zerstört, weil nur noch Autos vorbeifahren. Die Menschen haben aber nicht vergessen, wie großartig sich der Freiraum vorher angefühlt hatte.
Aufgrund des massiven Widerstands der Bevölkerung wurde der Ort rückgebaut – nach Awerbuchs Originalplänen. Das passiert äußerst selten und noch viel seltener mit dem Werk einer Frau.“
„Ein architektonisches Meisterwerk, das ich auch nennen möchte, ist von Laura Vahl“, sagt Katja, „die den See in der Seestadt Aspern in Wien gemacht hat.“ Katja erwähnt, dass es viele Frauen in der zweiten und dritten Reihe in den Stadtplanungsgremien gibt. Das sind aber nicht die, die die Entscheidungen treffen.
Auf frauenbauenstadt.at wird erklärt: Die Grundidee des Asperner Seeparks ist die Maximierung und Ausweitung des Sees und der maritimen Stimmungsbilder bis in die städtischen Gassen und Straßen hinein. Laura Vahl bezeichnet diesen Gestaltungsansatz als „Multiplikation des Wassers“.
Der von ihr zusammengestellte Werkzeugkasten umfasst Steine und unbehauene Felsbrocken, sanft geschlungener Wege, Sitzbänke mit Blick aufs Wasser, unregelmäßig platzierte Sträucher und Bäume, die der weichen Topografie folgen, sowie bunte Frösche, Libellen und Spielgeräte, wie man sie aus Seebädern und Kindheitstagen kennt.
Die beiden wichtigsten Elemente des Seeparks jedoch sind der Fußgängersteg, der einen alternativen Weg über die Bucht anbietet, sowie die beiden Trauerweiden, die – in vielen Jahren einmal – einen romantischen Mittelpunkt in der Seestadt bilden werden.
„Es gibt vereinzelt Frauen, die den gesamten Masterplan einer Stadt verantworten“, erklärt Katja, die viele Jahre in Paris lebte. Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris, habe die gesamte Uferautobahn der Seine geschlossen und zu einem Spazierstrand, zu einem öffentlichen Sportraum gemacht. Sie habe riesige Straßen geschlossen – der angekündigte Verkehrskollaps blieb dabei aus.
Katja Schechtner rät Frauen folgendes: „Ich würde Frauen Durchhaltevermögen empfehlen. Und der zweite Rat: Frauenförderungen, Frauenquotenmaßnahmen und anonyme Ausschreibungen – die sind essentiell, damit man sieht, dass sich die Qualität durchsetzt und nicht nur ein berühmter Name. Wir haben in Österreich KMU-Förderungen, die das Rückgrat der österreichischen Wirtschaft sind.“
Ob Simone-de-Beauvoir-Platz, Barbara-Prammer-Allee oder Hannah-Arendt-Park: In der Seestadt Aspern tragen 53 Orte, d.h. Straßen, Plätze und Parks Namen bekannter Frauen. Ist das ein Beitrag zur Verbesserung der Balance zwischen den Geschlechtern? Mit der Benennung der Wiener Straßen in der Wiener Seestadt setzt die Seestadt ein großes Zeichen, ein Signal, dass es viele Frauen gibt, die Großartiges geleistet haben.
Die Straßennamen in einer Stadt sind ihr kollektives Gedächtnis und prägen ihre Identität. 492 weibliche Namen stehen 4.002 männlichen Namen im Wiener Straßennetz gegenüber – ein Ungleichgewicht, das den Leistungen der Wiener Frauen nicht gerecht wird. Durch den Entschluss, die Straßen in der Seestadt nach Frauen zu benennen, kann der Anteil von weiblichen Straßennamen in Wien von nur fünf auf immerhin sieben Prozent gesteigert werden.
Ich befrage Prof. Dr. Jana Revedin, Architektin, Architekturtheoretikerin und Schriftstellerin zu Städten, die von Frauen geplant werden. Sie lehrt als ordentliche Professorin für Architektur und Städtebau an der Ecole Spéciale d’Architecture Paris und lebt in Venedig und Wernberg in Kärnten. Frau Revedin, sollte die Planung unserer Städte zur Abwechslung mehr von weiblichen Ideen geprägt sein?
Jana Revedin antwortet: „Wenn empathisch denkende und fühlende Menschen Lebensraum gestalten, überwinden sie anachronistische (Red: zeitlich überholte) Gendergrenzen. Die menschengerechte Stadt kehrt in unserer Zeit der Rückbesinnung auf die wahren Lebens-Werte zu drei unverwechselbaren Kriterien zurück: Langsamkeit, Stille, Interaktion.
Diese drei höchsten Qualitäten sind in Venedig, wo ich lebe, heute endlich wieder präsent. Die Stadt und wir, ihre Bewohner, sind in den vergangenen zwei Jahren großer gemeinsam erlittener Bedrängnis langsamer, stiller, interaktiver geworden.“
Die Historikerin und Topophilie-Expertin Dr. Roberta Rio rät ebenfalls dazu, Städte nicht in männlichen und weiblichen Planungen und Qualitäten zu denken. Die Stadt brauche beides, sagt sie. Es gäbe Männer, die eine starke weibliche Seite haben und diese in Projekten zeigen würden und umgekehrt (auch Frauen können eine starke männliche Seite haben und planen entsprechend).
Sie kritisiert jedoch, dass es einen großen Mangel in unserer Gesellschaft am weiblichen Prinzip gibt. „Wir brauchen die weiblichen Qualitäten in der Stadtplanung“, sagt Rio, „weil das Weibliche das Verbindende, und nicht das Trennende unterstützt“. In der Geschichte würde die Erinnerung für diese weibliche Qualität stehen. Das manifestiere sich in Überlegungen, auf welche Weise unsere Geschichte weitergetragen wird. Das ermöglicht uns, neue Lösungen für die Herausforderungen in unseren Städten zu finden.
Durch die Herausforderung der letzten zwei Jahre hätten Städte, die in den letzten Jahrzehnten eine große Anziehungskraft auf Menschen hatten, ihre Grenzen aufgezeigt, erklärt sie. „Während der Ausgangssperren und Lockdowns haben wir uns auf die weibliche Qualität des Miteinanders besonnen.
Wir gehen zum Beispiel für unsere Mitmenschen einkaufen, die nicht aus dem Haus gehen können. Man hat in dieser Dynamik begonnen, in der Gestaltung von Räumen anders zu denken, unter anderem in – mit weiblicher Qualität geprägten – Baukonzepten.“
Roberta Rio fährt fort: „Was uns die letzten zwei Jahre gezeigt haben: Wir haben gelernt, dass wir in unserer Haltung und in der Gestaltung unserer Lebensräume etwas ändern müssen – in Richtung weibliche Intuition und Rücksichtnahme auf männliche kognitive Aspekte. “
Müssen sich Frauen die Planungsmöglichkeiten in Städten erkämpfen? Dr. Rio verneint: „Mit Kämpfen haben wir nie etwas erreicht. Es braucht diese innere Haltung – wir als Frauen müssen uns diese Erlaubnis geben, unsere weibliche Seite zu nutzen, die andere Bedürfnisse weckt als es die männliche Seite tut.
Wir haben uns in den letzten Jahrhunderten dem männlichen Prinzip angepasst und auch versucht, wie Männer zu agieren. Wir haben nun mehr denn je die Verantwortung, dieses weibliche Prinzip der Intuition in der Stadtplanung zu vertreten.“
Das ‚weibliche Prinzip‘ passiert, erklärt die promovierte Historikerin, wenn wir eine gewisse Reife im Gedankengut des kollektiven Seins erreicht haben. Jetzt sei die Zeit reif. „Es gibt in der Geschichte erkennbare Zyklen. Wenn wir sie analysieren, hat man das Gefühl, dass wir von unsichtbaren Gesetzen unterstützt werden. Wir nähern uns jetzt dem Beginn einer neuen Phase in der Menschheitsgeschichte: Dem Erwachen der Weiblichkeit.“, erklärt sie.
Dr. Roberta Rio sucht mittels historischer Recherchen den roten Faden, der sich durch Schicksale von Menschen zieht, die sich an bestimmten Orten zutragen. Sie erklärt: „Es gibt Muster, die sich wiederholen und wir kennen wollen, ehe wir uns an einem Ort niederlassen, sei es, um dort zu wohnen oder zu arbeiten. Ich kann das als Historikerin anschauen und bewerten.“
Es gibt Strukturen in weiblich dominierten Siedlungen, wie es die ‚Pueblos‘ früher waren, die durch die Beobachtung der Natur und des menschlichen Körpers entstanden. Die Art und Weise, wie gebaut wurde entsprach der Funktionsweise des Körpers, d.h. Wohnzellen wurden strukturiert wie Zellen im Körper, die sich immer wieder erneuern.“
Wir haben diese Fähigkeit immer noch in uns, aber leider verlernt, sie zu nutzen. Wir brauchen kognitive und intuitive Methoden zum Überleben – und harmonischen Leben – in der Stadt. Roberta Rio nennt ein Beispiel: „Ich wurde von einem Bed & Breakfast-Besitzer beauftragt herauszufinden, warum sein Business nicht funktionierte. Es war ein altes Herrenhaus.
Systemisch gesehen repräsentierte der Standort das Herz des Dorfes. Der Besitzer war kein Einheimischer, kannte die Stadt nicht und hat bei Übernahmen des Areals eine große Mauer und ein großes Tor gebaut, das er stets geschlossen hielt.
Roberta Rio empfahl, das Tor stets geöffnet zu halten. Kurz darauf trudelten die ersten Reservierungen ein. Jetzt läuft sein Business wieder richtig gut. „Ein Körper ohne Herz kann nicht leben.“, erkärt sie und fährt fort: „Wir sollten Orte immer systemisch beobachten und uns fragen: Wo ist der Kopf, wo ist das Herz, wo sind die Hände, wo ist der Magen in einer Stadt?
Legen Sie die Umrisse eines Menschen über die Stadt – so haben früher alle Städte funktioniert. Die Gasthöfe waren immer dort, wo der Magen war. Das Herz stellte das Zentrum dar. Die Arme und Beine die Zugangsstraßen.“
Den Link zu Dr. Roberta Rio’s Buch finden Sie hier.
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