Citizen Scientists: Forschende BürgerInnen als Teil der Wissenschaft
15.03.2023
Gesellschaft, Trends
15.03.2023
Gesellschaft, Trends
Was verraten Gartenbäume über den Klimawandel und die Sterne über unsere Städte? Wie kann ich politische Partizipation fördern und Menschen spielerisch in Projekte einbinden? Hier einige Beispiele, was BürgerforscherInnen, so genannte Citizen Scientists, erkundet haben und wie man sie in die Stadtentwicklung einbauen kann.
Tausende Menschen sammeln, messen, kartieren, fotografieren und dokumentieren Vögel, Pflanzen sowie Luft- und Wasserverschmutzung. Damit widmen sie sich leidenschaftlich einem Thema, das vor ihrer Haustüre passiert.
Sie sind BürgerforscherInnen und werden als „Citizen Scientist“ bezeichnet, weil sie mit ihren Ergebnissen zu wissenschaftlichen Erkenntnissen beitragen. Ein Trend, der es mithilfe von Web 2.0, Smartphone-Apps und Open Access mehr Menschen ermöglicht, an Wissenschaft teilzunehmen – zum Nutzen unserer Städte.
Charles Darwin war eigentlich Theologe und gilt als einer der berühmtesten Naturwissenschaftler. Er hat seine Beobachtungen dokumentiert und der Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Viele Jahre später, Weihnachten 1900, fand die erste organsierte Zusammenarbeit von BürgerInnen mit WissenschaftlerInnen in den USA statt.
Sie riefen zur Vogelzählung am Weihnachtstag auf, die seitdem jährlich durchgeführt wird. Seit langer Zeit werden an der Österreichischen Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik mit Hilfe der Bevölkerung Beobachtungen durchgeführt, aus denen unter anderem der österreichische Brutvogelatlas entstanden ist.
Seit 2006 können unter www.naturbeobachtung.at Daten zur Artenvielfalt unseres Landes eingetragen werden.
Amateure sind in der lateinischen Übersetzung „Liebhaber“, diese arbeiten nun an wissenschaftlichen Projekten mit. Sie formulieren als Citizen Scientists Forschungsfragen, melden Beobachtungen, führen Messungen durch und fotografieren, um ihre Ergebnisse für wissenschaftliche Projekte zu liefern – ein Dialog zwischen Gesellschaft und Forschung entsteht.
Es sind Einzelpersonen, Gruppen oder Netzwerke, die seit vierzig Jahren viel entwickelt haben. Heute zielen die Projekte mit verfeinerten wissenschaftlichen Methoden auf Umweltpolitik, Umweltforschung und Ökologie ab.
Seit 2014 gibt es die Online-Plattform „Österreich forscht“, sie wurde wenig später vom Bundesministerium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft übernommen. Kongresse, Projektsammlungen, Beteiligungsmöglichkeiten, Informationen und Service stehen jedermann kostenlos frei.
Wer ein offizielles Projekt einreichen möchte, kann sich MentorInnen zur Seite holen, der/die inhaltlich am besten zu den Fragen passt – die Qualitätskriterien sind wichtig.
Nisten an Ihrem Haus Schwalben? Haben Sie mitten im Ort einen Dachs gesehen? Beobachten Sie einen Turmfalken in Ihrem Garten? Das sind Fragen für Wildtier-Beobachtungen im ländlichen Siedlungsraum. Ziel ist eine breite Datengrundlage, um die Verbreitung von Vögeln und anderer Wildtiere in Österreichs Siedlungsräumen besser einschätzen zu können.
Wagram in Niederösterreich ist eine Schwerpunktregion dieser Forschung, da die Außenstelle der Vogelwarte dort beheimatet ist. Auf der Internetplattform www.wildenachbarn.at können Beobachtungen gemeldet und ausgetauscht werden. Zusätzlich kann Hilfestellung bei Konfliktfällen und für das Auffinden von hilflosen oder verletzten Wildtieren abgerufen werden.
Die Plattform ist in Österreich einzigartig: Sie spezialisiert sich auf das Vorkommen von Vögeln und Wildtieren im ländlichen Siedlungsraum und ist mit wissenschaftlicher Forschung verknüpft, um mit Hilfe der Bevölkerung Wissenslücken zu schließen.
Mit dem Citizen Science-Tool „Politik Radar“ sammeln engagierte BürgerInnen Mitgestaltungsangebote wie Petitionen und öffentliche Versammlungen, kategorisieren diese und stellen sie dann anderen über die Plattform zur Verfügung. Erstmalig wird hier wissenschaftlich eine umfassende Bestandsaufnahme von Partizipationsangeboten in Österreich erstellt und dokumentiert.
Ab 1. Mai 2023 können hier Daten eingegeben werden. Ein Beispiel: findet eine Demonstration gegen den Bau eines Gaskraftwerks statt, gibt man diese Beobachtung mit Fotos auf der Plattform ein und kategorisiert das über ein Dateneingabefenster.
Danach ordnet der/die UserIn die Demo unterschiedlichen Kategorien zu – etwa einem bestimmten Initiator (z.B. „politische Partei“) oder einem bestimmten Thema (z.B. „Umweltpolitik“). Diese Daten dienen als Grundlage zur Vergabe des Citizen Science Awards, der seit 2017 vergeben wird.
Mit dem Citizen Science Projekt „Citree“ soll ein Crowdsourcing-Instrument zum Monitoring von Bäumen im urbanen Raum entwickelt und genutzt werden. Bäume sind in Städten großer Hitze und Trockenheit ausgesetzt und werden beispielsweise durch Stressfaktoren, wie Schadstoffemissionen, limitierten Wurzelraum, Salzstress und Schädlingsbefall beeinträchtigt.
Sie stellen in Städten „lebende Laboratorien“ dar, in denen Analysen von Stressmechanismen und Abschätzungen zukünftiger Entwicklungen ermöglicht werden. Mit dem Monitoringprojekt „Citree“ soll eine Brücke zwischen BürgerInnen und ihren Bäumen geschaffen werden.
BürgerInnen können dabei mit ihren Beobachtungen partizipieren und sehen und lernen, wie ihre Bäume wachsen. Diese Rückkopplung wird genutzt, um die Arbeit öffentlicher Einrichtungen wie Stadtgärtnereien zu präsentieren und sie ermöglicht Schulprojekte zu Stadtbäumen und Stadt.
Jedes Jahr im Frühling findet weltweit simultan ein „Bioblitz“ in hunderten Städten und Regionen statt. An vier aufeinander folgenden Tagen wird von der Bevölkerung die Artenvielfalt mit Fotos und Tonaufnahmen dokumentiert und auf der Beobachtungsplattform „iNaturalist“ geteilt.
Anschließend werden diese Ergebnisse zusammen mit der Community auf iNaturalist bis aufs Artniveau bestimmt. Seit 2018 findet diese Zusammenarbeit rund um den Globus statt und die Kommunen messen sich gegenseitig in einem freundschaftlichen Wettbewerb. Welche Region beobachtet und dokumentiert die meisten Arten, wer motiviert die meisten BeobachterInnen?
Alle Sichtungen von wildlebenden und wildwachsenden Organismen, Tieren und Pflanzen können in den teilnehmenden Regionen gemeldet werden. Seit 2020 ist Österreich ein Partner, der sich mithilfe „Citizen Scientists“ an dieser internationalen Initiative beteiligt. Apropos – die nächste „City Nature Challenge“ findet vom 28. April bis 1. Mai 2023 statt.
In den letzten Jahren hat sich also die Begeisterung der „Citizen Scientists“ zu einem wichtigen Standbein wissenschaftlicher Forschungen entwickelt. Von SchülerInnen bis zu SeniorInnen kann sich jede/r beteiligen und seine Interessen einbringen.
Für StadtentwicklerInnen handelt es sich dabei um eine einfache und ergebnisorientierte Methode, um mehr über die eigene Stadt zu erfahren und Lösungsansätze für Projekte und Konflikte abzuleiten. Diese Art von Bürgerbeteiligung hat eine spielerische Note und wird mit Begeisterung betrieben.
Die Erfahrungen und Erkenntnisse können sich sehen lassen, BürgerInnenforscher werden täglich mehr und zu einem wichtigen Bestandteil der Natur- und Gesellschaftsforschung.
Titelbild: (C) Stadtmarketing Hall in Tirol / TVB Hall-Wattens
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