So wird aus einer Schule UNSERE Schule – Eine neue Schule oder ein Schulumbau ist für jede Gemeinde ein großes Vorhaben. Eine derart weitreichende Investition muss gut überdacht werden. Schließlich geht es dabei um einen zentralen Bau in der Gemeinde, den eine Vielzahl von Bürgern nutzen.
So wird aus einer Schule UNSERE Schule – Ein Bildungsbau, eine neue Schule oder ein Schulumbau ist für jede Gemeinde ein großes Vorhaben. Eine derart weitreichende Investition muss gut überdacht werden. Schließlich geht es dabei um einen zentralen Bau in der Gemeinde, den eine Vielzahl von Bürgern nutzen.
Nicht nur unsere Kinder, um die es ja in der Schule vordergründig geht, sind betroffen. Sondern es sind auch die Lehrpersonen, die Direktion, die weiteren Arbeitsplätze, die eine Schule mit sich bringt. Nicht zu vergessen die Eltern und oft sind auch noch verschiedene Vereine zu berücksichtigen, die auch die zukünftigen Schulräume nutzen möchten.
Das alles soll die Politik unter einen Hut bringen und zwar so, dass alle für die nächsten Jahrzehnte zufrieden sind. Und natürlich geht es auch ums Budget…
Jede Gemeinde ist anders, jede Schule ist ein einzigartiges Zusammenspiel von verschiedensten Anforderungen. Diese erkennen und herausarbeiten können am besten die, die es unmittelbar betrifft: Die Nutzer!
Denn selbst wenn sie sich noch nie mit Architektur beschäftigt haben, so können sie doch einschätzen, ob sie sich in einem Raum wohlfühlen. Und auch ob sie in diesem Gebäude all das tun können, was sie gerne tun möchten. Ob also das Gebäude ihren Bedürfnissen dient und nicht umgekehrt.
Die entscheidende Frage, die hilft sich gedanklich von den bestehenden Strukturen zu lösen, ist: Was soll UNSERE Schule KÖNNEN?
Dabei sind sehr unterschiedliche Aspekte zu berücksichtigen. Die Montag Stiftung Urbane Räume ging zusammen mit der Stiftung für Jugend und Gesellschaft als Pioniere der Schulbaubegleitung der Frage nach, wie zukunftsfähige, dem selbstverantworteten und gemeinschaftlichen Lernen verpflichtete Bildungseinrichtungen gestaltet werden können. Sie teilten ihre Arbeit in Bereiche auf:
das grundlegende pädagogische Konzept
das daraus abgeleitete Raumprogramm
die architektonische Gestaltung
die funktionale und räumliche Einbindung in den Stadtteil und seine Einrichtungen
die notwendigen Prozesse und Verfahren
Die Architektur von Bildungseinrichtungen muss im Zusammenwirken mit dem pädagogischen Konzept gesehen werden. So wie die pädagogischen Zielsetzungen sich in der architektonischen Umsetzung widerspiegeln müssen. Beide bedingen und unterstützen einander. https://www.montag-stiftungen.de/handlungsfelder/paedagogische-architektur
Plattform „schulUMbau“
Auch in Österreich haben sich schon 2008 führende Experten zusammengefunden. Sie verabschieden unter dem Dach der Plattform „schulUMbau“ eine Charta für die Gestaltung von Bildungseinrichtungen des 21. Jahrhunderts.
In 11 Punkten legen hier Architekten, Pädagogen, Vertreter von Bildungsinitiativen, Universitätsprofessoren und führende Mitglieder der Schulbehörden ihre Forderungen an qualitativ hochwertigen Bildungsbau auf der Höhe der Zeit und unter Berücksichtigung der neuesten pädagogischen Erkenntnisse dar.
Moderne Pädagogik, die kreatives Denken und die Entwicklung der persönlichen Stärken und Fähigkeiten zum Ziel hat, passt nicht mehr zu den kasernenartigen Schulen aus den Zeiten Maria Theresias.
Mit der Entwicklung des pädagogischen Konzepts müssen auch die dafür nötigen Räume geschaffen werden. Und umgekehrt ermöglichen erst die passenden Räume die volle Nutzung der Möglichkeiten, die uns neue Lehr- und Lernformen bieten.
Kinder und Jugendliche verbringen einen großen Teil ihres Tages in Bildungseinrichtungen. Die Atmosphäre, die in diesen Gebäuden auf die Schüler einwirkt, begründet idealerweise lebenslange Freude am Lernen und Entdecken.
Unzählige Studien belegen, dass Lernen in einer Umgebung, die Wohlbefinden und Sicherheit ausstrahlt, ungleich leichter und effizienter vonstatten geht. Bildungseinrichtungen sind heute so viel mehr als Lehr- oder Aufbewahrungsanstalten.
Es sind Arbeits-und Lernlandschaften, aber auch Orte der Begegnung und Entwicklung, ja sogar des Entspannens und des Rückzugs. Wenn diese Orte zusammen mit den Nutzern entstehen können, entwickelt sich ein Gefühl von Zugehörigkeit. Räume werden so viel eher angenommen und genutzt, aber auch geschätzt und gepflegt.
Bildungsbauten sind keine Inseln.
Ihre Bedeutung für die Lebendigkeit von Stadtteil- und Dorfstrukturen kann man nicht genug betonen. Als natürliches Zentrum für die junge Bevölkerung ist eine Schule aber auch ganzjährig für andere kulturelle oder sportliche Einrichtungen nutzbar. Sie ist oft unverzichtbarer Teil der Infrastruktur des örtlichen Vereinslebens.
Manche beherbergen z.B. ganzjährig eine öffentlich zugängliche Bibliothek. Oder sie bietet Trainingsmöglichkeiten für Sportvereine, Probenräume für örtliche Musikgruppen oder Labors für Forschungen von Jung und Alt.
All dies zu bedenken ist ein schwieriges Unterfangen. In jeder Bildungseinrichtung setzt man andere Schwerpunkte und verschiedene Konzepte bedingen unterschiedliche Lösungen.
Doch was passt zu UNSERER Schule?
Das kann man nur auf eine einzige Weise herausfinden: man fragt die, die darin arbeiten, lernen und sich aufhalten.
Es ist natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, alle Nutzer einzeln zu einem Gespräch zu bitten und die oftmals unrealistischen oder sich widersprechenden Wünsche zu sammeln.
Deshalb vermeiden viele Gemeindevertretungen diesen Schritt und holen sich lieber Meinungen von außen, zum Beispiel von externen Experten, die an anderen Orten schon Schulen geplant oder gebaut haben. Doch wie gesagt: an anderen Orten haben andere Aspekte Priorität.
Die nötige Kompetenz ist vor Ort vorhanden, denn niemand kennt die Anforderungen, Limitierungen und Vorzüge der eigenen Schule so gut wie die eigenen Lehrpersonen und Schüler.
Um diesen Experten der Nutzung – aber Laien der Architektur – eine Stimme zu geben und in die Fachsprache der Architektur zu übersetzen, hat Architektin Ursula Spannberger gemeinsam mit Franz Ryznar, beide schon Gründungsmitglieder der Plattform „schulUMbau“, eine partizipative Methode entwickelt, bei der nach einer Reihe von größeren und kleineren Workshops – zu Coronazeiten sogar auch online – die Anforderungen in einem räumlichen Qualitätenkatalog münden.
Dieser wird dann Grundlage eines Wettbewerbs oder einer Ausschreibung und stellt sicher, dass genau das geplant und gebaut wird, was auch wirklich gebraucht wird. Die überraschendste Erkenntnis für die Teilnehmer ist oft, dass ein Mehr an Funktion und Nutzungsmöglichkeiten nicht unbedingt ein Mehr an Platz bedeutet.
Das ist wiederum für die Gemeinde oder den Schulträger wichtig, denn über den Daumen gepeilt spart jeder nicht gebaute Quadratmeter ca. € 3.000,- an Baukosten und ca. € 200,- pro Jahr an Betriebskosten!
Bildungsbau: Partizipativer Prozess
Ein gewichtiges Argument, um einem partizipativen Prozess in der Phase 0 – also noch vor der Planung – Raum zu geben. Doch auch bei Umbauten, Sanierungen oder Funktionsanpassungen ist die Beteiligung der Nutzer ein guter Weg, um aus einem von oben verordneten Projekt mit allen zu erwartenden Widerständen ein gemeinsames Werk zu machen.
Ein Werk, bei dem von Beginn an alle an einem Strang ziehen. Wenn alle gefragt und gehört wurden, eigene Wünsche und Bedenken einbringen und an einer Lösung mitarbeiten konnten, ist die Akzeptanz des Ergebnisses ungleich höher! So wird es UNSERE Schule.
Die Sorge mancher Gemeinden, die mit Bürgerbeteiligung vielleicht schon gemischte Erfahrungen gemacht haben, ist, dass in solchen Veranstaltungen nur gestritten wird und harte Meinungen und Ansprüche aufeinanderprallen.
Konstruktive Beteiligungsprozesse
Ursula Spannberger, die auch ausgebildete Mediatorin ist, hat in ihren Beteiligungsprozessen die genau gegenteilige Erfahrung gemacht. In gemischten Kleingruppen wird gemeinsam gearbeitet, jede Stimme gehört und oft zum ersten Mal verstanden, dass das Gegenüber etwas ganz anders empfindet und andere Bedürfnisse hat, die genauso legitim sind.
Es entsteht so etwas wie Empathie und Verständnis für die Position der Anderen, ohne dass die eigene Position deshalb aufgegeben werden müsste. Alle Beiträge sind gleich wertvoll und werden dann erst im Anschluss mit der fachlichen Expertise der Architektin gesichtet, geordnet und nach Machbarkeit und Wichtigkeit in ein räumlich-/qualitatives Programm gegossen.
Die Plattform „PULS – Lernen und Raum entwickeln„, eine länderübergreifende Gruppe von Menschen, die sich zum Ziel gesetzt hat die Beziehung zwischen Lernen und Raum tiefer zu verstehen und dieses Wissen weiterzugeben, erarbeitete im Rahmen eines EU-geförderten Erasmus-Projekts einen Schulatlas.
Dieser erfasst Beispiele aus dem gesamten deutschsprachigen Raum und steht unter räumlichen und pädagogischen Kriterien durchsuchbar als Quelle für Inspiration im Bildungsbau zur Verfügung. Denn obwohl jede Schule ihren eigenen Weg finden muss, so ist es doch nicht notwendig, dass jede das Rad neu erfindet.
Beispiele und best practice-Erfahrungen zeigen, was im Schulbau möglich ist und bereits umgesetzt wurde.
Wann ist der geeignete Zeitpunkt für einen Beteiligungsprozess?
Experten für Partizipation sehen an jedem Punkt im Projekt einen sinnvollen Einstieg in die Beteiligung. Idealerweise sind zu diesem Zeitpunkt aber schon einige Eckpunkte geklärt (zum Beispiel das Bekenntnis der Politik zu einer Veränderung).
Die Planung ist aber noch nicht so weit fortgeschritten, dass man die Beiträge der Teilnehmer nicht mehr berücksichtigen kann. Generell kann man sagen, dass ein Beteiligungsprozess die Umsetzung eines Projekts eher beschleunigt als verzögert, da viele Widerstände und Missverständnisse schon im Vorfeld aus dem Weg geräumt und teure Umwege vermieden werden können.
Der Prozess ist an sich schon eine Möglichkeit, den Teilnehmenden die 3 von der OECD als Kernkompetenzen definierten Fähigkeiten mitzugeben. Das Arbeiten mit passenden Werkzeugen, die Zusammenarbeit in heterogenen Gruppen und das eigene, selbstverantwortete Engagement im Projekt.
Miteinander reden, einander zuhören, kontrastierende Ansichten zulassen, die eigene Meinung vertreten und wertschätzend miteinander umgehen. All das sollen Bildungseinrichtungen unseren Kindern vermitteln. Doch am besten lehrt man, indem man mit gutem Beispiel voran geht. Learning by doing – schon bevor die neue Schule überhaupt steht!
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